In München stehen die Zeichen auf Rot-Grün
Oberbürgermeister Dieter Reiter verfehlt mit 48 Prozent die absolute Mehrheit. CSU-Kandidatin Kristina Franz landet knapp vor der Grünen Katrin Habenschaden
München In der bayerischen Landeshauptstadt stehen die Weichen offenbar wieder auf Rot-Grün. Zwar hat es die Oberbürgermeister-Kandidatin der CSU, Kristina Frank, mit 21,3 Prozent vor ihrer grünen Konkurrentin Katrin Habenschaden mit 20,7 Prozent in die Stichwahl gegen SPD-Amtsinhaber Dieter Reiter geschafft, der mit 47,9 Prozent knapp die absolute Mehrheit verfehlte.
Doch die CSU ist bei der OBWahl von einem Ergebnis wie zuletzt im Jahr 2014 weit entfernt. Vor sechs Jahren konnte der CSU-Kandidat Josef Schmid im ersten Wahlgang noch 36,7 Prozent der Stimmen auf sich vereinen. Er scheiterte erst in der Stichwahl gegen Reiter, den die SPD als Nachfolger für den langjährigen Oberbürgermeister Christian Ude ins Rennen geschickt hatte. Frank fiel mit ihrem Ergebnis im Vergleich zu Schmid um rund 15 Prozentpunkte zurück.
Das große Zittern hatte bei der Münchner CSU schon lange vor dem Wahltag begonnen. Kommunalreferentin Frank war als Kandidatin mit vielen Hoffnungen und
Vorschusslorbeeren gestartet. Eine junge, zupackende Frau – kompetent, liberal und weltoffen – sollte die Großstadtkompetenz der CSU verkörpern. Im Wahlkampf aber steuerte die Partei erkennbar in eine andere Richtung. Der umstrittene Slogan „Wieder München werden“wurde sogar intern als verwirrend und rückwärtsgewandt kritisiert. Auch die Polarisierung in der Verkehrspolitik mit zum Teil klar gegen mehr Radwege gerichteten Positionen schadete offenbar den Christsozialen. Dass Frank nun dennoch in die Stichwahl kommt, darf nach den Umfragen vor der Wahl als Überraschung gelten. Da lag sie dieses Jahr stets knapp hinter Habenschaden.
Dass SPD-Mann Reiter die Stichwahl für sich entscheiden wird, gilt in der rot-grün dominierten Landeshauptstadt als sehr wahrscheinlich – schließlich konnten die OBKandidaten von SPD und Grünen zusammen fast 70 Prozent der Stimmen holen. Reiter wird also sehr wahrscheinlich mit Unterstützung der Grünen-Wähler rechnen können. Im bürgerlich-konservativen Lager ist das Potenzial für die CSU dagegen fast schon ausgeschöpft.
Wesentlich spannender ist die Frage nach möglichen Mehrheiten im Münchner Stadtrat. SPD und CSU haben die vergangenen sechs Jahre gemeinsam regiert. Davon hat aber offenkundig vor allem der SPD-Rathauschef profitiert. Reiter galt schon vor der Wahl als klarer Favorit. Ob er auch seine Partei gegen den Bundestrend wieder mit nach oben ziehen konnte, wird sich allerdings erst zeigen, wenn die Stimmen für die Wahl des Münchner Stadtrats ausgezählt sind. Im Jahr 2014 hatte erstmals seit Jahrzehnten die CSU mit 32,6 Prozent die Nase vorn. Die SPD, die seit sieben Jahrzehnten mit nur einer Unterbrechung den Oberbürgermeister in der Landeshauptstadt stellte, hatte nur noch 30,8 Prozent erreicht. Die Grünen waren auf 16,6 Prozent gekommen.
Reiter zeigte sich gestern Abend mit seinem Abschneiden zufrieden, obwohl er es im ersten Anlauf nicht geschafft hat, den OB-Sessel zu verteidigen. „Es ist ein gutes Wahlergebnis. Fast jeder zweite Münchner hat mich gewählt. Da kann ich jetzt nicht traurig sein“, sagte Reiter. Seine Konkurrentin Frank gab sich trotz der Stimmenverluste überzeugt, dass die CSU „die richtigen Themen gesetzt“habe.