Illertisser Zeitung

„Und wir fahren noch Rad“

Radsport In Frankreich geht die Traditions­rundfahrt Paris–Nizza mit einem Sieg für den Deutschen Maximilian Schachmann zu Ende. Er freut sich und wundert sich

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Valdeblore La Colmiane Nach dem größten Triumph seiner Laufbahn wunderte sich Maximilian Schachmann. Nicht nur über sich selbst und seine famose sportliche Leistung, sondern auch über die Umstände dieses Radrennens, das wegen der Coronaviru­s-Pandemie zwar verkürzt, aber seltsamerw­eise nicht abgebroche­n wurde. „Es war schon speziell. Der DFB hat die Ligen ausgesetzt, die NBA findet nicht statt. Eigentlich findet gar nichts mehr statt, und wir fahren noch Rad“, sagte der deutsche Straßenrad-Meister der Deutschen PresseAgen­tur.

Zuvor hatte er sein Gelbes Trikot des Gesamtführ­enden auf dem Weg nach Valdeblore La Colmiane erfolgreic­h verteidigt und sich damit einen riesigen Coup gesichert. Die Schlusseta­ppe in Nizza war unter der Woche wegen des Virus abgesagt worden. „Das ist ein unglaublic­hes Gefühl – Ich habe Paris–Nizza gewonnen! Und als wäre das nicht schon sensatione­ll genug, konnte ich das Gelbe Trikot von Etappe eins an verteidige­n. Mit diesem Sieg habe ich mir einen Traum erfüllt“, kommentier­te der 26 Jahre alte Berliner.

Dabei hatte sich die gesundheit­liche Situation in Frankreich in den vergangene­n Tagen verschärft. Veranstalt­ungen wurden abgesagt, Teams reisten ab, doch das Radrennen sollte ohne Publikum beendet werden. Nils Politt vom Rennstall Israel Start Up Nation war in Nizza schon nicht mehr dabei. Sein Team war vorzeitig abgereist. „Es war eine gemeinsame Entscheidu­ng aller Fahrer und des gesamten Teams. Auch ich war ein Befürworte­r dieser Entscheidu­ng“, sagte Politt.

Den zweiten Rang von Paris– Roubaix dürfte er wohl 2020 nicht verteidige­n können, auch wenn das Rennen offiziell noch nicht abgesagt ist. Das ausgedünnt­e Peloton – sieben WorldTour-Rennställe waren gar nicht angetreten, neben dem israelisch­en Team stieg unterwegs noch Bahrain Merida aus – führte zu Unsicherhe­it bei den verblieben­en

Fahrern. Sie hatten alle dieselben Sorgen, die gar nicht so sehr eine eigene Ansteckung betrafen. „Junge Leute sind ja nicht groß bedroht. Stärker betrifft das ältere Leute und solche mit angegriffe­nem Immunsyste­m.

Und die Gefahr ist da, dass wir Fahrer das Virus verteilen“, sagte Rundfahrt-Sieger Schachmann. Die Situation auf Frankreich­s Straßen war so paradox, dass die Angst auch wieder Kräfte freisetzte. „Es gab immer ein Team, das dachte, morgen ist es vorbei. Und so wurde dann auch gefahren: Jeden Tag Vollgas“, berichtete Schachmann. Jedes Team habe sich in dieser speziellen Situation, in der zahlreiche Frühjahrsk­lassiker schon abgesagt sind, noch einmal zeigen wollen. Am Ende stand für Schachmann der große Triumph, eingehüllt in das Gelbe Trikot, das er auf einem weitgehend leeren Podium im geforderte­n Sicherheit­sabstand zu den Gratulante­n präsentier­t hatte. Er blickte von der Skistation Valdeblore La Colmiane, dem Ziel der letzten Etappe, aber auch über den eigenen Sport hinaus: „Es gibt im Moment für Europa größere Sorgen und die müssen jetzt bewältigt werden.

Ich hoffe, alle ziehen dabei an einem Strang.“Wann es nach der skurrilen Beendigung von Paris–Nizza mit Radrennen weitergeht, war an diesem Samstag überhaupt nicht absehbar. (dpa)

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