Der Fußball steht weiter still
Bundesliga Der Spielbetrieb in den Bundesligen bleibt bis zum 30. April ausgesetzt. Geisterspiele drohen nun sogar bis zum Ende des Jahres. Ein Vier-Punkte-Plan soll helfen
Frankfurt/Main DFL-Boss Christian Seifert strahlte zarte Zuversicht aus, als er ein Vier-Punkte-Sofortprogramm des deutschen Profi-Fußballs gegen die Folgen der CoronaKrise vorstellte. „Wir arbeiten alle mit Hochdruck darauf hin, den Fußball durch diese Phase zu bringen“, sagte Seifert nach der ersten virtuellen Mitgliederversammlung in der Geschichte der Deutschen Fußball Liga. „Wenn der Zeitpunkt da ist, werden wir bereit sein.“
Bei der rund dreieinhalbstündigen Videokonferenz entwarfen die Bosse der 36 Erst- und Zweitligisten neben einem ersten Maßnahmenkatalog auch Szenarien für eine Fortsetzung der bis mindestens 30. April unterbrochenen Saison in der 1. und 2. Bundesliga. Oberstes Ziel bleibt der Abschluss der Spielzeit 2019/20 bis zum 30. Juni. „Wenn die Saison abgebrochen werden muss, werden alle Vereine finanziell leiden“, mahnte Bayern Münchens Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge. In den beiden Bundesligen stehen noch 163 Partien aus. Um einen kurzfristigen Kollaps der Branche zu verhindern, traf die Mitgliederversammlung zunächst vier „wesentliche Entscheidungen“. Neben der weiteren Aussetzung des Spielbetriebes soll bis zum 5. April das
Mannschaftstraining unterbleiben. Der FC Augsburg hatte zuletzt in kleinen Gruppen auf dem Platz unter Einhaltung aller Richtlinien trainiert und sich dafür auch Kritik anhören müssen. „Es hat sich niemand bei mir oder uns über Wettbewerbsverzerrung beschwert, ganz und gar nicht“, sagte allerdings FCA-Manager Stefan Reuter am Montag der Bild, deutete aber an: „Wenn es ein klares Commitment aller Profiklubs gibt, nur individuell zu Hause zu trainieren, würden wir uns dem anschließen.“Gestern wollte sich der FCA nicht zu den aktuellen Themen äußern, weder zum weiteren Vorgehen beim Trainingsbetrieb noch zu den Beschlüssen der DFL.
Anders Christian Seifert. Er berichtete: „Gleichzeitig entwickeln wir für alle 36 Standorte des Profifußballs Produktionskonzepte dafür, wie sich mit geringstmöglichem Personaleinsatz vorübergehend auch Spiele ohne Anwesenheit von Zuschauern durchführen lassen.“Zudem wurde eine medizinische Taskforce eingerichtet und ein „weiteres Bündel an Maßnahmen“beschlossen, das die Klubs beim Lizenzierungsverfahren entlasten soll. So gibt es im Falle von Insolvenzanträgen in dieser Saison keine Sanktionen. Der in den Statuten dafür vorgesehene Neun-Punkte-Abzug wird ausgesetzt und für die kommende Spielzeit auf drei Punkte reduziert. Auf die übliche Überprüfung der Liquidität der Vereine wird vorerst verzichtet. Erst im September soll das normale Lizenzierungsverfahren wieder anlaufen. Bei der von den Vereinen an die DFL gelieferten Bestandsaufnahme sei „klar geworden, dass einige Klubs im Mai oder Juni in eine existenzbedrohende Situation geraten könnten, wenn die Saison nicht zu Ende gespielt wird und die TV-Gelder nicht fließen“, sagte Seifert.
Deshalb wurde in großer Runde über Pläne und Denkmodelle nachgedacht. Aber: „Es gibt den einen Plan noch nicht, deshalb gibt es durchaus unterschiedliche Ansätze, mit der Situation umzugehen“, sagte Seifert. „Wir behalten uns vor, unsere Taktik wie im Spiel anzupassen.“Die von mehreren Medien aufgebrachten Szenarien, beispielsweise an nur wenigen Standorten zu spielen, seien „keine Pläne, mit denen ich mich bisher befasst habe“. Die nächste Mitgliederversammlung soll am 17. April einberufen werden.
Klar ist bereits: Bei einem Komplett-Abbruch droht der Bundesliga ein finanzieller Verlust in Höhe von rund 750 Millionen Euro. Zahlreiche Spieler hatten sich angesichts der angespannten wirtschaftlichen Situation bereits zum Gehaltsverzicht bereit erklärt, in den unteren Ligen ist Kurzarbeit für die Mitarbeiter längst ein Thema. Insgesamt werden im Fußball-Geschäft mehrere zehntausend Menschen beschäftigt. Nach Ansicht von Seifert wird der Profi-Fußball einen langen Atem bei der Bewältigung der Corona-Krise benötigen und sich über diese Saison hinaus auf mögliche Geisterspiele einstellen müssen. „Mindestens bis zum Ende der Saison ist es unrealistisch, davon auszugehen, dass wir noch mal vor vollen Stadien spielen“, sagte des 50 Jahre alte DFL-Geschäftsführer. „Was nicht heißt, dass es realistisch ist, dass wir im August vor vollen Stadien wieder anfangen.“
Aus diesem Grund müsse ein mittelfristiger Entfall von Zuschauereinnahmen einkalkuliert werden, „vielleicht auch bis zum Ende des Jahres“, so Christian Seifert. Angesichts der massiven Einschränkungen durch die Pandemie rechnet er für die kommende Saison mit erheblichen Spielplanänderungen und schließt auch Europapokalspiele am Wochenende offenbar nun nicht mehr aus. (dpa/sma)