„Ab 50 kommen die goldenen Jahrzehnte“
Interview Die Entertainerin Désirée Nick ist eigentlich bekannt für bitterböse Satire. Jetzt hat die 63-Jährige ein sehr versöhnliches Buch über das Altern geschrieben und gibt den Menschen Tipps, damit 60 das neue 40 wird
Liebe Frau Nick, man sagt Ihnen nach, Ihr Mundwerk sei waffenscheinpflichtig. Wie sehen Sie das eigentlich selbst?
Désirée Nick: Ich finde das ungerecht. Bei einem Jan Böhmermann wird das als Satire und große Kunst gefeiert und bei einer Frau, da ist es dann ein Gezicke. Als Satirikerin bin ich doch geradezu verpflichtet, auf Schwachstellen, Missstände und Defizite einer Gesellschaft hinzuweisen. Ich mache den Beruf ja schon seit 40 Jahren, gewissermaßen ein alter Hase als Satirikerin.
Wird Ihre spitze Zunge mit zunehmendem Alter eher noch spitzer oder kommt sie eher gemäßigter daher? Nick: Ich bin ja nicht bekannt geworden, weil ich Rainer Maria Rilke vorlese, sondern durch sehr, sehr böse Shows. Und da gehört das dazu. Und ich versuche, mich nicht zu wiederholen. Deshalb habe ich nun ja auch ein Buch geschrieben, das keiner schreiben wollte. Denn Älterwerden ist negativ besetzt.
Und Sie wollen das ändern?
Nick: Warum denn nicht! Die ganzen Werbe-Ikonen in Hollywood wie Jane Fonda, Helen Mirren oder Meryl Streep sind doch inzwischen auch schon um die 80. Und da denke ich mir, bei uns in Deutschland muss sich eine Frau über 50 nach dem Motto Fifty Shades of Grey für diesen
Kann man sagen: Das Ölbild von gestern ist der Playboy von heute?
Nick: Nee, nicht der Playboy. Wenn da junge Frauen blank ziehen, was ist da der Punkt? Das macht ja jeder im Englischen Garten in München. Kunst ist es, wenn Sie das mit 65 oder 70 machen. Da sind Talent und gutes Licht gefragt. Da kommt echte Persönlichkeit rüber. Es war allerdings schon immer mein Hobby, die Naturgesetze zu überwinden. Und außerdem: Jeder will alt werden, aber keiner will alt sein. Das ist doch eine geile Steilvorlage!
Gibt es eigentlich irgendetwas, wofür Sie sich zu alt halten?
Nick: Nein, da fällt mir nichts ein. Dass ich mich gerade ins rechte Licht drapiere, das fängt gerade erst an. Und wenn ich allen einen Rat geben sollte, dann den, dass man viel öfter von der Formulierung „Fuck off“Gebrauch machen sollte.
Sie meinen, man sollte Leuten, die einem nicht gut tun, das auch klar sagen? Nick: Ja, die Zeit ist zu kurz, um sich mit Menschen und Gegebenheiten abzugeben, die einen zu viel Energie kosten und an die Substanz gehen. Es ist ein Quell der Freude und Quell der Kraft herauszufinden, dass man von anderen viel weniger anhängig ist, als man glaubt.
Haben Sie denn schon angefangen, Ihren 100. Geburtstag zu planen?
Nick: Nein, aber Sie bringen mich da auf eine Idee...
Was viele nicht wissen, Sie haben tatsächlich katholische Theologie studiert. Was hat Ihnen das im Leben gebracht?
Nick: Es brachte mir, dass ich auf alle die Fragen Antworten habe, an denen andere knabbern. Und gerade auf der jüngsten Synode wurde ja öffentlich,
„Frauen haben es nicht nötig, sich ab 50 aus dem Fokus nehmen zu lassen.“