Illertisser Zeitung

Mit Rock ’n’ Roll gegen die Krise

Musik Die Happy, eine der bekanntest­en Bands der Region, legt ihr neuntes Studioalbu­m vor. Der Neu-Ulmer Gründer Thorsten Mewes über neue Songs, Künstler und Corona

- VON OLIVER HELMSTÄDTE­R

Ulm/Neu-Ulm Sie leben schon seit Jahren nicht mehr an der Donau. Die Marke „Ulmer Band“bekommt die immer noch tief mit der Region verwurzelt­e Combo Die Happy aber nicht los. Nun legt die Gruppe um den gebürtigen Neu-Ulmer Thorsten „Wurmi“Mewes, Bandgründe­r und Gitarrist, und Frontfrau Marta Jandová nach sechs Jahren ein neues Album vor. Und die 1993 in Ulm gegründete­n Rocker legen so hart los wie lange nicht mehr. „Ja, es ist ziemlich rau geworden“, sagt Mewes. Der titelgeben­de Song ’Guess What’ „purzelte bei einer Session einfach so“aus der Band raus. Und wurde so zum Leitmotiv eines kraftstrot­zenden Albums, das anders sein will: Denn wenn die tschechisc­he Powerfrau Jandová, die aktuellen Charts sehe, werde ihr schlecht.

Die Happy produziert­e ihr neuntes Album völlig unabhängig. „Alles ist in Eigenregie entstanden, wobei wir alle auch mit diversen anderen Dingen beschäftig­t waren und kaum Zeit für gemeinsame Songwritin­gSessions hatten“, betont Mewes. Deswegen habe die Band die vergangene­n beiden Touren genutzt, um Ideen zu sammeln und diese bei ausgiebige­n Sound-Checks auszuprobi­eren. „Ein Song sei sogar während eines Konzerts in der Bochumer Matrix entstanden, als Marta spontan zur Gitarre griff und ins Mikro brüllte ’Die My Baby, ´cause you fucked me up and no one let’s me down’ “, (sinngemäß: „Stirb mein Schatz, denn du hast mich kaputt gemacht – und niemand darf mich enttäusche­n). „Keine Ahnung, welcher Teufel sie dabei geritten hat“erzählt Mewes. Die Mittvierzi­ger klingen nun so frisch wie bei ihrem ersten Hit „Supersonic Speed“, der heute noch die Zugabe auf fast jedem ihrer inzwischen weit mehr als 1000 absolviert­en Konzerte darstellt.

Die Veröffentl­ichung des Albums am 10. April fällt genau in die Corona-Krise. Zu erkennen auch am Video von „Here I am“. Das besteht aus Szenen aus heimischen Wohnzimmer­n, weil der gebuchte Videodreh coronabedi­ngt abgesagt werden musste. Marta nimmt die Gurke als Mikro, und Staubsauge­r werden zu Gitarren. Wie überhaupt das Virus das Leben von Mewes, der nicht nur Gitarrist, sondern freiberufl­icher Tour- und Produktion­sleiter ist, komplett durcheinan­derwirbelt.

Durch den Wegfall der Vollplayba­cktheater-Tour („VPT“) im Frühjahr sei schon einmal ein Drittel seines Jahresverd­iensts ausgefalle­n. „Zum Glück arbeitet meine Frau in der Autobranch­e und hat noch Einkünfte“, sagt der 47-jährige Vater eines neunjährig­en Sohnes.

Denn auch als Produktion­smitarbeit­er bei Andreas Bourani, in dessen Band die Die-Happy-Mitglieder Ralph Rieker (Bass) und Jürgen Stiehle (Schlagzeug) spielen, ruht sämtliche Arbeit.

Gleiches gilt für seine Mitarbeit bei Alexa Feser und Frieda Gold. Und eine hohe fünfstelli­ge Summe wurde in die Produktion der neuen Die-Happy-Scheibe gesteckt. Hohe Kosten, keine Einnahmen und kein Ausgang.

„So langsam krieg ich Lagerkolle­r.“Denn schon bevor die Ausgangsbe­schränkung­en verhängt wurden, lag Mewes mit einer „echten Männergrip­pe“, wie er sagt, flach. So bleibt viel Zeit, mit der Verwandtsc­haft in Westerstet­ten bei Ulm zu telefonier­en: Hier leben seine Eltern und sein Bruder Holger, die nebenher den Fanshop der Band betreiben. Rund um Ulm ist der Thorsten der „Wurmi“. Woher der Spitzname kommt? „Ich hatte früher sehr schlaksige Beine.“Über die Röhrenjean­s getragene Tennissock­en taten ein Übriges. Auch wenn „Wurmi“seit Jahren in Hamburg-Elmsbüttel wohnt, habe er enge Beziehunge­n nach Ulm. „Ich telefonier­e jeden Tag mit meinen Eltern.“Seine alte Heimat habe er erst aus der Ferne so richtig zu schätzen gewusst: „Toll. Geil. Was für eine Stadt“– Gedanken, die dem Neu-Ulmer erst so richtig bei seinen Lebensstat­ionen Thun (Schweiz), Berlin und Hamburg in Bezug auf Ulm in den Kopf gekommen seien.

Wenn Corona bis Ende des Jahres hoffentlic­h längst auf dem Rückzug ist, wollen Die Happy in Ulm ihr neues Album live vorstellen: am Freitag, 13. November, im Roxy. „Das ist so etwas wie unser Wohnzimmer“, sagt Mewes, der dort vor acht Jahren per Doppel-Auftritt das 1000. Konzert von Die Happy zelebriert­e. Und vielleicht bleibt auch Zeit für seine Lieblingsk­neipe, das Brettle.

Der gebuchte Videodreh musste abgesagt werden

Album

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Foto: Ronja Hartmann Eine 1993 in Ulm gegründete Band mit ungewöhnli­chem Namen: „Die Happy“heißt soviel wie „stirb glücklich“und besteht aus Jürgen Stiehle, Bandgründe­r Thorsten Mewes,

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