Im Würgegriff von Corona
Wintersport Organisatoren der Alpinen Ski-Weltmeisterschaft in Cortina d’Ampezzo drängen auf Absage der Rennen 2021. Droht dieses Szenario auch der Nordischen WM in Oberstdorf?
Cortina d’Ampezzo/Oberstdorf Fußball-EM, Olympische Sommerspiele, die Tour de France, Tennis in Wimbledon und Triathlon auf Hawaii. Die Liste der betroffenen Großveranstaltungen ließe sich noch lange fortschreiben. Nahezu der komplette Sport-Sommer 2020 ist bereits abgeblasen. Die Welt im Würgegriff der Corona-Pandemie. Und jetzt scheint’s auch dem Winter an den Kragen zu gehen. Die Organisatoren der Alpinen Ski-Weltmeisterschaft von Cortina d’Ampezzo kündigten am Wochenende an, die vom 7. bis 21. Februar 2021 geplanten Wettbewerbe um ein Jahr verschieben zu wollen. Die Titelkämpfe in den Dolomiten sollen demnach erst im März 2022, kurz nach den Olympischen Winterspielen von Peking, stattfinden. Ein entsprechender Antrag wurde beim Ski-Weltverband Fis eingereicht.
Der Ausbruch von Covid-19 hatte bereits im März dieses Jahres den geplanten WM-Testlauf beim Weltcup-Finale der Alpinen verhindert. „Die Frage ist nicht, wie wir die
abhalten, sondern wie wir alle sicher hierher bringen, von den Athleten über die Betreuer, Journalisten und Fans. Deswegen glauben wir, dass eine Verschiebung besser ist“, sagte Giovanni Malagò, Präsident des Nationalen Olympischen Komitees, im italienischen Fernsehen. In Italien sorgt man sich, dass es im Herbst erneut einen Anstieg von Infektionen geben könne. Dem Risiko, dass die WM dann komplett abgesagt werden müsste und die Organisatoren erhebliche finanzielle Probleme bekämen, soll mit der Verschiebung entgegengewirkt werden.
Im Allgäu hat man die Gedankenspiele aus Cortina d’Ampezzo zur Kenntnis genommen. In Aktionismus verfällt von den Verantwortlichen der Nordischen Ski-WM 2021, die von 23. Februar bis 7. März in Oberstdorf stattfinden soll, deswegen aber niemand. Florian Stern, einer von zwei Geschäftsführern im WM-Organisationskomitee, übt sich weiter in Optimismus. Er sagt: „Wir machen uns zwar schon seit einigen Wochen über verschiedene Szenarien Gedanken. Aber zunächst planen wir so weiter, als könnte die WM nächstes Jahr unter ganz normalen Bedingungen stattfinden.“
Auch Stefan Schwarzbach, Vorstandsmitglied des Deutschen SkiVerbands (DSV), warnt vor voreiligen Entscheidungen. „Wir haben uns 15 Jahre lang um dieses Wintermärchen 2.0 beworben. Diese ganzen Anstrengungen sollten wir nicht leichtfertig aufs Spiel setzen. Einen Schnellschuss bereuen wir möglicherweise in zwei, drei Monaten“, sagt er, fordert aber zugleich eine ebenso optimistische wie realistische Herangehensweise. Nicht zuletzt deshalb stellen DSV und das WMOrganisationskomitee diverse Überlegungen zu Notfall-Plänen an. Auch eine Weltmeisterschaft ohne Zuschauer müsse man durchspielen. „Das will natürlich niemand. Aber wir dürfen nicht blauäugig sein“, sagt Schwarzbach. Die Bundesliga mit ihren „Geisterspielen“tauge dabei allerdings nur bedingt als BlauWettkämpfe pause. „Da sind alle Protagonisten bereits im Land. Die Ski-WM ist aber ein internationales Großereignis“, so der DSV-Sprecher. Er rechnet im frühen Herbst mit der entscheidenden Weichenstellung. Dann nämlich sei in der Planungsphase der „Point of no return“(Rückkehr ausgeschlossen) erreicht.
In Oberstdorf haben sie derzeit noch mit anderen Problemen zu kämpfen: Das WM-Bauprogramm droht um bis zu 2,8 Millionen Euro teurer als geplant zu werden. Der Umbau von Skisprung- und Langlaufstadion würde dann 42,1 statt 39,3 Millionen Euro kosten. Grund dafür sind unter anderem aufwendige Fels- und Hangsicherungsarbeiten an den Skisprungschanzen. Jetzt wollen die Oberstdorfer zusätzliche staatliche Zuschüsse beantragen.
Für die WM-Tickets sei nach wie vor Interesse vorhanden. Aus allen möglichen Ländern gebe es Anfragen. OK-Geschäftsführer Stern sagt: „Das Interesse bewegt sich derzeit aber auf niedrigem Niveau.“Zunächst waren nur Event-Pakete im Verkauf, seit 2. März gibt es auch Einzel- und Tageskarten. (mit dpa)
Die Bundesliga taugt nur bedingt als Blaupause