Illertisser Zeitung

Ein stiller Helfer an lauten Orten

Abschied Antal Horvat aus Gannertsho­fen läuft seit dem Jahr 2000 ehrenamtli­ch Sendens Straßen auf und ab: Jetzt verlässt er die Sicherheit­swacht. Als Ansprechpa­rtner für Probleme im Ort hat er bereits viel erlebt

- VON SOPHIA HUBER

Senden/Gannertsho­fen Nur einmal in seiner Zeit als Sicherheit­swachtmann in Senden wurde ihm richtig mulmig: als in der Nähe der ehemaligen Real-Tiefgarage eine Bombendroh­ung einging. Antal Horvat bezeichnet das allerdings eher als „besonderen Einsatz“, denn wirklich Angst habe er in seiner Zeit bei der Sicherheit­swacht nicht gehabt.

20 Jahre lang war der 62-Jährige aus Gannertsho­fen bei der Sicherheit­swacht in Senden tätig. So lange hält es dort selten jemand aus. Denn dieser Job ist ein Ehrenamt, das Zeit und Nerven fordert: Mehrere Stunden im Monat laufen die ehrenamtli­chen Helfer ihre Runden im Stadtgebie­t, halten dabei Augen und Ohren offen und werden von vielen Bürgern auf Missstände oder Probleme angesproch­en. Dabei muss die Wacht an manchen Tagen auch mit Gefahrensi­tuationen, wie gewalttäti­gen Jugendlich­en oder alkoholisi­erten Personen zurechtkom­men.

Mit ihrer Streife setzen die Ehrenamtli­chen der Sicherheit­swacht ein Zeichen gegen die zunehmende Egozentrie­rung, Individual­isierung, Beliebigke­it und Gleichgült­igkeit sowie den Mangel an Empathie in unserer Gesellscha­ft, beschreibt die bayerische Polizei die Wichtigkei­t dieses Ehrenamts. Dennoch hat dieser Job seine Grenzen: „Die Befugnisse sind eingeschrä­nkt. Man ist der erste Ansprechpa­rtner für die Leute, in kritischen Fällen wird sofort die Polizei über Funk informiert“, erklärt Markus Zoller, der Leiter der Polizeiins­pektion Senden.

In Senden gebe es Einsatzgeb­iete, „wo es manchmal ganz schön schwierig ist“, wie Bürgermeis­terin

Claudia Schäfer-Rudolf es beschreibt. „Die Leute sagen oft zu mir: Gut, dass die bei uns laufen“, sagt sie. Denn die Sicherheit­swacht ist zu Fuß unterwegs und zeigt so Präsenz im Stadtgebie­t. „Die Bürger schätzen das“, sagt Schäfer-Rudolf.

Dass Horvat nach 20 Jahren in den Ruhestand geht, reiße ein Loch in die Gruppe, so Schäfer-Rudolf. „Sie waren ein stiller Helfer.“Und zudem einer von wenigen, der diesen Job so lange gemacht hat.

Horvat selbst ist ein zufriedene­r Mensch mit ruhigem Gemüt, sich selbst überschwän­glich zu loben, liegt ihm nicht: „Wenn etwas nicht gepasst hat, habe ich mich halt eingemisch­t“, sagt er. Die Leute hätten ihn oft auf der Straße angesproch­en oder schon von Weitem begrüßt. Er war sozusagen ein Bürger mit offenem Ohr für die anderen Bürger. Doch Begrüßunge­n fallen heute anders aus als noch vor 20 Jahren: „In letzter Zeit hat sich viel verändert“, resümiert der 62-Jährige. Vor allem Jugendlich­e würden schneller zu Gewalt oder Beschimpfu­ngen neigen. „Die haben einfach weniger Respekt“, sagt Horvat. Die Sendener Polizeibea­mten stimmen ihm zu.

Unzählige Stunden auf Streife hat Horvat verbracht. Unter anderem im Stadtpark, am Bahnhof, in den Unterführu­ngen oder auch schwerpunk­tmäßig in Wohngebiet­en in Senden. Meistens sprach er nur mit den Leuten, in schlimmere­n Fällen rief er über Funk in der Dienststel­le an, um eine Polizeistr­eife zum Einsatzort zu bestellen. „Der Job hat auf jeden Fall Risiken“, meint Horvat. „Aber in einer richtig gefährlich­en Situation war ich eigentlich nie.“

In Senden gibt es elf aktive Mitglieder bei der Sicherheit­swacht, drei bis vier Tage im Monat ist jeder von ihnen im Einsatz. Horvat kam per Zufall zu diesem Ehrenamt: „Ich habe eine Zeitungsan­nonce gelesen, dass die Polizei Leute für die Sicherheit­swacht sucht“, erzählt der Gannertsho­fer. Er habe dann zum Telefonhör­er gegriffen und es einfach probiert. Ein Einstellun­gsgespräch später wurde er schon auf Sendens Straßen geschickt.

Horvat ist von Beruf eigentlich Busfahrer. „Das war manchmal zeitlich ein bisschen schwierig mit den theoretisc­hen Stunden, die wir für die Sicherheit­swacht absolviere­n mussten“, berichtet er. Denn neben einer praktische­n Einführung, gibt es auch 40 Stunden Theorieunt­erricht in Strafrecht. Zum praktische­n Teil gehört unter anderem eine Funkausbil­dung oder ein Erste-Hilfe-Kurs. Sogar eine kleine Abschlussp­rüfung muss vor dem Ehrenamt abgelegt werden. „Sie waren ein Zugpferd für die Gruppe“, lobt Sendens Polizeiche­f Zoller den ausscheide­nden Wachtmann.

Der möchte jetzt sein Leben anders gestalten: „Mit meiner Frau würde ich gerne eine Wohnmobilt­our durch Europa machen. Mal gucken, was die Zukunft so bringt“, sagt Horvat.

 ?? Foto: A. Kaya ?? Antal Horvat (vorne links) verlässt die Sicherheit­swacht nach 20 Jahren. Wegen sei‰ nes Engagement­s in Senden bekam er eine Urkunde vom bayerische­n Innenminis­ter Joachim Herrmann, überreicht durch den Polizeidir­ektor des Polizeiprä­sidiums Schwaben Süd/West, Michael Keck (vorne rechts).
Foto: A. Kaya Antal Horvat (vorne links) verlässt die Sicherheit­swacht nach 20 Jahren. Wegen sei‰ nes Engagement­s in Senden bekam er eine Urkunde vom bayerische­n Innenminis­ter Joachim Herrmann, überreicht durch den Polizeidir­ektor des Polizeiprä­sidiums Schwaben Süd/West, Michael Keck (vorne rechts).

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