Das Leben zischt vorbei wie im Flug
Vier Sätze sagen alles über dieses Buch. Sie stehen auf Seite 128, sechs Seiten später ist es schon zu Ende, und sie sind ein Zitat aus einem völlig anderen Zusammenhang: „Unter dem Strich verbindet uns alle die Tatsache, dass wir diesen kleinen Planeten bewohnen. Alle dieselbe Luft atmen. Alle eine gute Zukunft für unsere Kinder wünschen. Alle sterblich sind.“Als gerahmtes Zitat von John F. Kennedy hängen diese Sätze in der letzten von zwölf atemlosen Episoden auf der Toilette eines sterbenskranken Mannes im schicken Londoner Stadtteil Notting Hill. Seine Tochter ist gerade zu Besuch, es geht um unausgesprochene Gefühle, enttäuschte Hoffnungen und vage Aussichten für die Zukunft. Das verbindet im Grunde alle Episoden und Charaktere von Szalays jüngstem Buch.
In kurzen Kapiteln hetzt er den Leser einmal um den Globus. Jede Hauptfigur ist mit jener aus der folgenden Episode mehr oder weniger lose verbunden. Aber jede Episode steht für sich, erzählt eine jeweils andere Begebenheit aus dem Leben des jeweiligen Hauptdarstellers. Immer ist man dabei, als etwas ins Kippen gerät, Abgründe sich auftun und klar wird, dass das Leben gerade eine entscheidende Wendung genommen hat. Selten zum Guten.
Die Kapitel sind überschrieben mit den Abkürzungen der Flughäfen, über welche die Geschichte fortgeschrieben wird. In Coronazeiten wirkt dies merkwürdig aus der Zeit gefallen. Aber das Buch ist zeitlos gut. Matthias Zimmermann