Auf der Harfe die Moldau plätschern hören
Konzertreihe Xavier de Maistre spielt auf seiner Harfe zwei Mal vor ausverkauftem Haus. Die knapp 300 Besucher sind begeistert
Illertissen Xavier de Maistre vermag mit seinem Harfenspiel zu betören, weltweit. Auch bei seinem erneuten Besuch in der ausverkauften Kollegskirche in Illertissen – coronabedingt waren die knapp 300 Besucher auf zwei nacheinander folgende Konzerte verteilt – waren die Fans begeistert. Über vorausgegangene, wegen der Pandemie abgesagte Termine sagte er: „Ohne Publikum sind wir keine Künstler mehr.“Für den aufbrandenden Schlussapplaus bedankte sich der bis zur letzten Note konzentriert wirkende Meister lächelnd mit beschwingten Zugaben: unter anderem raffiniert-spielerische Improvisationen zur Melodie von „Mein Hut der hat drei Ecken“.
Dem Klang der Harfe wird Magie nachgesagt, und der Meister beschwor diesen Zauber mit der Kunst seiner Hände herbei: Mal flogen sie über die Saiten, mal schwangen die Finger beim Anreißen nach, als ob sie die Töne beim Verklingen in der Luft noch nachträglich formen könnten. De Maistre schien für sein virtuoses Spiel das Instrument umarmen zu wollen. In seinem Galaprogramm stellte er die Konzertfähigkeit der Harfe unter Beweis, indem er sie beim Solospiel mit dem Klangvolumen eines ganzen Orchesters
aufnahm. Dazu trug er Werke namhafter Komponisten der Musikgeschichte vor.
Er begann mit den klar strukturierten Klängen der Barockmusik Georg Friedrich Händels. Das fröhlich aufsteigende Thema des Harfenkonzerts in B-Dur von 1736 gab dem Abend einen heiteren Auftakt. Darauf folgten mit der Sonata in c-Moll des böhmischen Komponisten Johann Ladislav Dussek Anklänge an die Wiener Klassik, mit großer Dynamik intoniert. Weiter ging es mit dessen Landsmann Bedrich Smetana und der geradezu episch vorgetragenen sinfonischen Dichtung „Die Moldau“. Das Werk wurde 1875 uraufgeführt. Wo Smetana seine ganze Seele in die musikalische Beschreibung seiner Heimat legte, verausgabte sich de Maistre beim einfühlsamen Spiel dieses musikalischen Vermächtnisses. Nirgendwo schien diese leidenschaftliche Musik besser zu klingen als unter den dynamischen Bewegungen der Finger des Meisters auf seiner Harfe: an und abschwellende Klangwellen, aus Tontiefen hervorbrechendes glockengleiches Geplänkel, eine fließende, wie von selbst vorantreibende wunderbar anzuhörende Ballade.
Malerisch-farbige Kontraste gab es mit der ersten Arabesque „Clair de Lune“von Claude Débussy aus der Zeit zwischen 1888 bis 1891. De Maistre, der in Toulon geboren wurde, war nun in der neueren Musik seines Heimatlandes Frankreich angekommen. Zum Ausklang des Konzerts setzte er seine Harfe nochmals als klangliches Universalinstrument in Szene. Zu hören war von Henriette Renié eine „Légende“, komponiert 1901. Die für modernes Harfenspiel wegweisende Komponistin vertonte darin das Gedicht „Les Elfes“von Leconte de Lisle. Der Künstler schien dazu sein Instrument wie ein großes experimentelles Spielfeld auszukosten: Virtuos und in blitzschnell wechselnden Techniken entlockte er ihm betörende Klangwelten.