Junge Künstler erweisen den Vöhlin die Ehre
Erinnerungskonzert Das Festival von Kultur im Illertisser Schloss setzt sich mit heimischen Darstellern in Reminiszenz an die Herren von Vöhlin fort. Die Festhalle des Kollegs war samt Empore ausgebucht
Illertissen Spuren des einstiges Herrschaftsgeschlechts der Vöhlin sind in Illertissen bis heute überall zu finden. Doch nun hat der Freundeskreis Kultur im Schloss anlässlich der Erwerbung des Marktfleckens mit 155 Feuerstellen vor 500 Jahren durch Erhard Vöhlin II ein Erinnerungskonzert gegeben. Junge Künstler aus Illertissen haben im Rahmen ihres Festivals die 236 Jahre währende Vöhlin-Ära literarisch wie musikalisch facettenreich aufgegriffen: Für den spannend erzählten, gesellschaftshistorischen Rundgang hatte sich Sabine Kölbl ans Lesepult gesetzt. Harfenspielerin Christina Kurz passte optisch wie musikalisch dazu perfekt ins Bild, ergänzt von Jennifer Miller, die mit den selten solistisch zu hörenden Klängen einer Viola auf sich aufmerksam machte. Stephanie Kögel begleitete und umrahmte auf dem Flügel.
Die Pianistin eröffnete den Abend mit mächtig angeschlagenen Akkorden von „Tanz der Ritter“oder „Les Montagues et Capulet“aus dem Ballett Romeo und Julia von Sergej Sergejewitsch Prokofjew. Die spielerisch vorgetragenen Préludes Nummer elf von Alexander Scriabin komplettierten das Bild von den leichten Seiten im Leben eines Adeligen. Im Zuge der verschlungenen Tonfolgen von Claude Debussys Arabesque Nummer 1 vollzog Stephanie Kögel musikalisch den Schritt in die Zeit danach, als die Vöhlin schon Geschichte waren.
Zügig übernahm Erzählerin Sabine Kölbl die Regie und stellte die großbürgerliche Familie der Vöhlin vor. Deren erste sichere Erwähnung 1340 lässt sich anlässlich eines Schiedsgerichts des Richters Konrad Vöhlin in Memmingen festmachen. Nachfahre Erhard II. von der Frickenhauser Linie investierte sein Vermögen aus der erfolgreichen Handelsfamilie 1520 in den Kauf des wohl vernachlässigten hochmittelalterlichen Schlosses. Für 34 000 Gulden erwarb er Illertissen und umliegende Dörfer. Er wurde vom Kaufmann zum Territorialherren und 1536 von Kaiser Karl V. in den Adelsstand erhoben.
zu den jeweiligen historisierenden Musikdarbietungen trug Kölbl entsprechende Kapitel vor, worin sie nennenswerte Personen und Ereignisse aus der 236 Jahre währenden Vöhlin-Ära wiedergibt, welche 1756 mit dem Bankrott der Familie endete. Wie es einer Chronistin zukommt, verstand sie, im untermalenden Tonfall die nüchternen Fakten mit kleinen Anekdoten aus der Literatur- und Musikgeschichte auszuschmücken. Den staunenden Zuhörern boten sich mosaikartige Eindrücke aus einer Gesellschaft von anno dazumal, als die Herrschaft Illertissen eine Rolle spielte. Etliche Bauwerke der Stadt erzählen bis heute davon. Als Hauptquelle ihrer Erzählungen nannte Kölbl die Illertisser KanzChronik.
Die Viola mit ihrer Verwandtschaft zur früher gebräuchlichen Gambe passte besonders gut in das beschriebene Gesellschaftsbild und Jennifer Miller verstand es, die sonoren weichen Klänge ihrer BratPassend sche beim Solospiel besonders schön zum Tragen zu bringen. Zu hören gab es Barockmusik mit der Fantasie Nummer zwölf in g-Moll, die Georg Philipp Telemann ursprünglich für Violine geschrieben hat. Spannend wurde es dann beim Vortrag einer Telemann-Sonate mit Viola und Klavier, indem die tieferen Tonlagen des Streichinstruments mit denen des Klaviers konkurrierten. Jennifer Miller wusste bravourös ihre Solorolle zu füllen.
Für Kontraste im Klangbild, auch in der Vorstellung von höfischer Musik, sorgte Christina Kurz an der Harfe. Zu hören mag es damals Musik gegeben haben wie „Alman“von Thomas Morley oder Sonaten von Domenico Scarlatti, welche die Solistin mit überaus flinken Fingern und viel Klangvolumen vortrug. Darauf folgte der erste Satz der G-Dur-Sonate von Carl Philipp Emanuel Bach.
Den Konzertausklang bildete das Rondoletto Nummer eins für Viola, Harfe, Klavier von Johann Nepomuk Hummel, eine heute selten zu hörende und von den jungen Künstlern im wunderbaren Einklang vorgetragene Musik.
Ohne das Geschlecht der Vöhlin wäre die Stadt Illertissen heute nicht das, was sie ist. Und den Freundeskreis für Kultur im Schloss, dessen bevorzugter Aufführungsort der Barocksaal als jüngster Teil des zum Renaissance-Sitz umgebauten Schlosses ist, würde es nicht geben. Die Idee, dass junge Illertisser in Reminiszenz an die kunstliebenden Herren von Vöhlin deren Wirken in Schlaglichtern nochmals aufflackern lassen, fand Anklang in der Vöhlinstadt. Das Publikum spendete begeisterten Applaus.