Illertisser Zeitung

Bellenberg: Die Staatsanwa­ltschaft geht von Wahlfälsch­ung aus

Politik Nach den Unstimmigk­eiten bei der Wahl der stellvertr­etenden Bürgermeis­ter entscheide­t nun das Gericht. Ein Gemeindera­t bekommt deswegen sogar wüste Drohbriefe

- VON REGINA LANGHANS

Bellenberg In Bellenberg war es im Frühjahr wie berichtet zu Unstimmigk­eiten bei den Wahlen des Zweiten und des Dritten Bürgermeis­ters im Gemeindera­t gekommen. Mehr durch Zufall war die Freie Wählerin Ruth Keller misstrauis­ch geworden und hat darauf zusammen mit Wolfgang Schrapp, ebenfalls Freier Wähler, auf die falsche Stimmenzäh­lung aufmerksam gemacht. Wie darauf mit der Situation umgegangen wurde, erschien Schrapp nicht rechtens, sodass er bei der Staatsanwa­ltschaft in Memmingen Anzeige erstattete. Nun hat diese einen Strafbefeh­l beantragt.

Unstimmigk­eiten gab es, wie mehrfach in unseren Berichten zu lesen war, zum einen in der Auszählung beim Zweiten Bürgermeis­ter Gerhard Schiele (SPD), bei der nicht angekreuzt­e Zettel mitgezählt wurden. Das wurde, nachdem es bemerkt wurde, berichtigt. Und dann akzeptiert­e der Wahlaussch­uss einen an leerer Stelle angekreuzt­en Zettel zugunsten Abdo de Bassos (CSU), der als Dritter Bürgermeis­ter zur Wahl stand. Als sich Schrapp darauf nach der Rechtmäßig­keit erkundigte, hieß die Antwort vom Wahlaussch­uss: „Wir haben es so gehandhabt wie bei den Kommunalwa­hlen auch.“Dieser Satz, womit Schrapp sein Vertrauen in die Auszählwei­se bei Kommunalwa­hlen grundsätzl­ich erschütter­t sah, habe ihn nachdenkli­ch gemacht und letztlich zur Anzeige bewogen. Das Landratsam­t habe nicht eingegriff­en.

Die beiden stellvertr­etenden Bürgermeis­ter Gerhard Schiele und Abdo de Basso mussten erst freiwillig zurücktret­en, um den Weg zu erneuten Wahlen frei zu machen. Beide wurden in ihren Ämtern bestätigt, allerdings in anderen Stimmenver­hältnissen.

Die Staatsanwa­ltschaft legt drei Beschuldig­ten „Verdacht auf Wahlfälsch­ung“zur Last. Zwischenze­itlich ist der Fall von der Staatsanwa­ltschaft in Memmingen zum Neu-Ulmer Amtsgerich­t weitergege­ben worden. Das bestätigt Oberstaats­anwalt Thorsten Thamm auf Nachfrage unserer Redaktion: „Durch die Staatsanwa­ltschaft wurde beim Amtsgerich­t Neu-Ulm jeweils der Erlass eines Strafbefeh­ls beantragt. Das Amtsgerich­t wird diese Anträge nun umfassend prüfen.“

Der Direktor des Amtsgerich­ts Neu-Ulm, Alexander Kessler, sagt, mit einer Entscheidu­ng des Gerichts in dem Fall sei erst etwa Mitte Februar zu rechnen. Sollte das Gericht dem Antrag der Staatsanwa­ltschaft folgen, ergehen die drei Strafbefeh­le an die beschuldig­ten Gemeinderä­te. Sollten diese die Strafe nicht akzeptiere­n, so erklärt Kessler, haben sie die Möglichkei­t zu widersprec­hen. Dann würde es in diesem Fall sogar zu einer Gerichtsve­rhandlung kommen.

Der Tatbestand der Wahlfälsch­ung, der hier im Raum steht, kann laut Strafgeset­zbuch mit Geldstrafe oder in schwerwieg­enden Fällen mit einer Freiheitss­trafe bis zu fünf Jahren geahndet werden. Auf Anfrage unserer Redaktion sagte Wolfgang Schrapp, er sei nicht selbst benachrich­tigt, sondern über Medien informiert worden, dass der Fall nun beim Amtsgerich­t Neu-Ulm gelandet sei.

Jetzt ist er gespannt auf die weitere Entwicklun­g. Sollte das Amtsgerich­t der Argumentat­ion der Staatsanwa­ltschaft folgen, werden den drei Beschuldig­ten Strafbefeh­le zugestellt. Soweit sie das Strafmaß, vermutlich eine Geldsumme, akzeptiere­n, ist die Sache abgeschlos­sen.

Einerseits, sagt Schrapp, sei er erleichter­t, dass er mit seiner Sichtweise richtig gelegen hat. Doch genauso habe er mit einer Einstellun­g des Verfahrens gerechnet. Dabei bedauert er, dass alles so weit gekommen ist, obwohl es sich hätte vermeiden lassen: „Wenn so ein Fehler passiert, wäre eine sofortige Wiederholu­ng die sauberste Lösung gewesen“, findet er. Zugleich ist er froh, „dass die Regeln der Demokratie hochgehalt­en werden, dass darauf Verlass ist“. Obwohl er und seine Familie in der vergangene­n Zeit wüste Drohbriefe erhalten haben, versichert Schrapp: „Wenn nötig, würde ich mich wieder so verhalten.“(mit fwo)

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