Tausende Tote jeden Tag
Brasilien Das Land leidet massiv
Die meisten Bars und Restaurants in Rio de Janeiro haben um 18 Uhr bereits ihre Läden heruntergelassen und die Türen geschlossen. „Rio de Janeiro ist eine Geisterstadt, nicht wahr?“, sagt ein Fußgänger im Ausgehviertel Lapa. Anders als an vielen Wochenenden zuvor scheint die Nachlässigkeit gegenüber dem Coronavirus nun der Vernunft gewichen zu sein. Das Stimmengewirr und die Musik weichen der Stille. Es sind vor allem lokale Maßnahmen, die das Coronavirus bremsen sollen. Brasilien, das erst im Januar mit Impfungen begann, ist eines der am stärksten von der Pandemie betroffenen Länder. 11 519 609 Menschen haben sich nachweislich mit dem Coronavirus infiziert, 279 286 Patienten sind im Zusammenhang mit Covid-19 gestorben. Brasilien hat 210 Millionen Einwohner und ist 24 Mal so groß wie Deutschland. In der vergangenen Woche erfasste das Land erstmals mehr als 2000 Corona-Tote an einem Tag. Das Gesundheitssystem ist vielerorts zusammengebrochen. Die Nachrichten aus Städten, in denen die Auslastung der Intensivbetten 100 Prozent erreicht hat oder hunderte Patienten auf ein Intensivbett warten, häufen sich. Präsident Jair Bolsonaro, der das Coronavirus von Anfang an verharmlost hatte, zieht mittlerweile auch den Sinn einer Impfung in Zweifel. Nach der Rückkehr des beliebten linken Ex-Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva auf die politische Bühne hat der Rechtspopulist jedoch seinen Ton gemildert. „Das ist der schlimmste Moment, und es wird noch schlimmer werden“, sagt der Epidemiologe Diego Ricardo Xavier von der Forschungseinrichtung „Fundação Oswaldo Cruz“. Laut der Zeitung Valor rechnen hohe Beamte im Gesundheitsministerium damit, dass in den kommenden Wochen die Marke von 3000 Corona-Toten täglich überschritten wird. (AZ/dpa)
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