Die Kreis-CSU und ihr Frauen-Problem
CSU-Parteichef Markus Söder ist angetreten, um seine Partei moderner und auch weiblicher zu machen. Das ist ihm noch nicht so recht gelungen, denn gerade die Skandale um Georg Nüßlein und Alfred Sauter zeigen, dass da noch einiges an alter Amigo-CSU entgegen aller Beteuerungen, aber auch Bemühungen, noch nicht beseitigt ist. Und was das Thema „weiblicher“angeht, so musste er 2019 beim Parteitag eine herbe Schlappe hinnehmen, als er eine Frauenquote durchsetzen wollte. Damals wurden die Christsozialen mal wieder als Männerpartei wahrgenommen.
Schaut man sich an, wen die NeuUlmer Kreis-CSU ins Rennen um die Bundestagskandidatur schicken möchte, könnte man sich in längst überwunden geglaubte Zeiten zurückversetzt fühlen: Angetreten sind fünf Männer. Frauen haben angeblich beim Kreisvorsitzenden Thorsten Freudenberger kein Interesse angemeldet. Darf das wahr sein? Wollen so wenige Frauen in dieser Partei etwas werden? Ja, da gibt es die Neu-Ulmer Oberbürgermeisterin Katrin Albsteiger und die Bürgermeisterinnen Claudia Schäfer-Rudolf in Senden sowie Susanne Schewetzky in Bellenberg. Auch drei der fünf Stellvertreterposten des Kreisvorsitzenden sind seit Kurzem weiblich besetzt.
Aber: Ist das alles?
Darf es wirklich wahr sein, dass sich keine Frau die Kandidatur in einem als sehr sicher „schwarz“geltenden Wahlkreis zutraut? Zwar schreibt sich Freudenberger auf die Fahne, dass ihm die Frauenförderung sehr am Herzen liegt, doch das Bild, das seine Kreis-CSU in dieser Hinsicht abgibt, lässt sich eher als suboptimal bezeichnen. Andere bekommen das besser hin. Die Günzburger CSU bietet mit der Rechtsanwältin Julia Dümmler eine Frau auf. Und auch im Unterallgäu favorisiert der Vorsitzende Franz Josef Pschierer eine weibliche Kandidatin, die JU Kreisvorsitzende Verena Winter aus Kettershausen. Da muss sich die Partei im Landkreis Neu-Ulm schon fragen lassen, warum die anderen über Kandidatinnen verfügen, und sich hier keine gemeldet hat. Zumal die männliche Konkurrenz nicht gerade übermächtig daherkommt und sich nur zwei auf politischem Parkett schon ausführlich hervorgetan haben, der Kellmünzer Bürgermeister Michael Obst und der Weißenhorner Mühlenbetreiber Alexander Engelhard.
Zugute halten kann man der Partei auf jeden Fall: Sie versucht jeden Eindruck zu vermeiden, dass die Kandidatur in HinterzimmerKungelrunden ausgemauschelt wird. Dafür spricht auch die Tatsache, dass bereits Tage vor der Video-Anhörung, der sich alle Bewerber unterziehen müssen, bekannt gegeben wurde, wer sich berufen fühlt, Nüßleins Nachfolge anzutreten. Und ein Neuanfang muss es tatsächlich werden, sonst könnte die Partei in der Gunst von Wählerinnen und Wählern diesmal deutlich abrutschen. Es muss eine überzeugende Person aufgeboten werden. Sollte allerdings eine Mehrheit der Delegierten bei der Nominierungsversammlung die Ansicht vertreten, die angestrebte Erneuerung erfordere diesmal eine Frau als Bundestagskandidatin, dann hätten die Neu-Ulmer wieder mal das Nachsehen.