Bei Umbau stehen die Gebote im Fokus
Glaube Der Vorplatz der evangelischen Kirche in Vöhringen wird neu gestaltet. Zu der Idee, mit zehn Stelen die Zehn Gebote darzustellen, äußerte sich ein ehemaliger Ministerpräsident
Vöhringen Die Zehn Gebote gelten nach Martin Luther als „Ausbund göttlicher Lehre für das, was wir tun sollen, damit unser ganzes Leben Gott gefalle. Sie sind über allen Lehren teuer und wertzuhalten“. Diese Worte des Reformators haben Pfarrer Jochen Teuffel von der evangelischen Kirchengemeinde dazu bewogen, die Zehn Gebote in den Fokus für die Neugestaltung der Außenanlagen der Martin-Luther-Kirche zu rücken. Die Gebote im öffentlichen Raum sollen Anker und Stütze für die Menschen im Alltag sein.
Nach der Planung soll die Neugestaltung der Grünanlagen zum Reformationstag am 31. Oktober abgeschlossen sein. Ein gebührender Rahmen wird dem Anlass gewiss sein. Auf einer eigens eingerichteten Website stellt die evangelische Gemeinde das Projekt vor. Auch Meinungen dazu werden erbeten. Das erste Votum kam von Günther Beckstein, unter anderem von 1996 bis 2013 Mitglied der Evangelischen Landessynode, von 2009 bis 2014 Vizepräses und Mitglied der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und einstiger Ministerpräsident Bayerns.
Beckstein schreibt: „Gebote sind auch heute noch in der modernen Zeit die Grundlage für das Zusammenleben der Menschen. Sie sind Leitplanken auch für Politik und den Einzelnen. Es ist deshalb eine ausgezeichnete Idee, die Zehn Gebote auf Stelen in den öffentlichen Raum zu stellen. Die Granitsteine symbolisieren die feste Fundierung über Jahrtausende hinweg.“
Das Gelände rund um die MartinLuther-Kirche ist bereits wortwörtlich plattgemacht. Die neue Konzeption rund um das Gotteshaus ist die konsequente Fortsetzung der Sanierungs- und Instandhaltungsmaßnahmen des Gotteshauses, die sich in den vergangenen Jahren vor allem im Innenraum vollzogen haben. Jetzt erhält das Äußere der Kirche frische Farbe, die Fassade wird gemäß den Vorschriften des Denkmalschutzes sehr hell gehalten. Die Neugestaltung ist allerdings keine Frage der Kosmetik. Die Umgebung des Gebäudes lässt deutliche Abnutzungserscheinungen erkennen. Die Teerabdeckung der Wege und Aufenthaltsflächen ist aufgerissen, das umgebende Grün ist im Laufe der Jahrzehnte ineinandergewuchert, eine optische Verbindung zwischen Kirchturm und dem evangelischen Gemeindehaus ist ein wei
Günther Beckstein teres Ziel. Pfarrer Teuffel spricht von einer angestrebten Barrierefreiheit, einer Nivellierung des Geländes.
Aber das wesentlich Neue sind Stelen, sie stehen für die Zehn Gebote. Jede von ihnen misst zwei Meter in der Höhe und besteht aus zwei 30 Zentimeter breiten Hälften. Sie reihen sich in einem Abstand von zwei Metern aneinander, „also keine Mauer, sondern ein filigranes Kunstwerk entlang des Weges, der zum Kircheneingang führt“, wie Pfarrer Teuffel erklärt. Eine Stele besteht aus zwei Hälften, wie ein hohes schlankes aufgeschlagenes Buch. Die linke Hälfte besteht aus gebürstetem Edelstahlblech und wird beschriftet mit eingravierten Worten aus Luthers Gebotserklärungen aus dem Kleinen Katechismus. Die rechte Seite aus Granitstein wird mit dem biblischen Wortlaut des jeweiligen Gebots versehen. Beide Seiten weisen eine Breite von 30 Zentimetern auf.
Es ergeben sich auch verschiedene Leseperspektiven: „Beim Gang zur Kirche liest man die Gebotstexte auf Granit nacheinander als Spiegel für das, was Dir fehlt und was Du suchen sollst (Luther) im Hinblick auf die Christusgegenwart im Gottesdienst. Beim Verlassen der Kirche liest der Besucher auf der Edelstahlseite Luthers positive Weisungen, die einen im Alltag zum rechten Handeln und Verhalten anhalten“, erklärt der Geistliche. Dazu ein Beispiel: Während die Verbotstexte („Du sollst nicht töten“) auf der einen Seite zu lesen sind, findet sich gegenüber die Interpretation aus dem Kleinen Katechismus „Unserem Nachbarn helfen und beistehen in Nöten.“Dazu Teuffel: „Dies spricht aus, was sowohl für den christlichen Lebensweg wie auch für das Zusammenleben vor Ort beziehungsweise in der Gesellschaft grundlegend ist.“
Dass das Areal vor der Kirche zu einem öffentlichen Raum wird, geht auf die Idee des ehemaligen Bürgermeisters Karl Janson zurück. Auch der Stadtrat hatte eine öffentliche Förderung im Hinblick auf die Nutzung durch den Bürger signalisiert. Während für die Außenfassade Planer Guido Schmölz verantwortlich zeichnet, so ist für die Gestaltung der Außenanlagen Manfred Rauh verantwortlich. Das Schriftbild auf den Stelen stammt von Matthias Bumiller. Sein Engagement ist bemerkenswert, weil er schon die bundesweite Gestaltung für „Das katholische Gotteslob“und „Die Bibel. Einheitsübersetzung“übernommen hatte. „Aber alles in allem ist das Projekt ein Gemeinschaftswerk“, betont Teuffel, „weil Ideen und Anregungen der Gemeindemitglieder mit eingeflossen sind.“
Die Kosten belaufen sich auf rund 150.000 Euro. Davon entfällt auf die Gestaltung der Stelen und ihrer Umgebung rund ein Drittel und der Rest von zwei Dritteln ist für die Anpflanzung von Sträuchern sowie für den Ausgleich des Geländes zwischen Kirchturm und Gemeindehaus veranschlagt.
Da sich die Förderung des Umbaus durch öffentliche Gelder in Grenzen hält, trägt die Hauptlast die Vöhringer Kirchengemeinde selbst, sodass Sponsoren willkommen sind, wie es heißt.