Illertisser Zeitung

Dramatisch­er Sturz mit glückliche­m Ende

Unfall Walter Kaufmann fiel mit dem Kopf voraus vom Baum und brach sich einen Halswirbel. Wie dem Sanitäter aus Pleß in Memmingen geholfen wurde und wieso er rückblicke­nd ganz anders reagieren würde

- VON WERNER MUTZEL

Pleß Der 24. Februar dieses Jahres war ein sonniger Mittwoch mit bereits milden Temperatur­en. Diesen Tag wird Walter Kaufmann aus Pleß so schnell nicht vergessen. Was am Nachmittag mit Baumpflege­arbeiten begann, endete im Schockraum des Memminger Klinikums.

Es war keine übliche blutende Schnittver­letzung, die ihn dort hinbrachte, sondern ein Halswirbel­bruch und damit eine schwerwieg­ende Verletzung, die zu einer Querschnit­tslähmung führen kann. Bange Stunden begannen für den Verunglück­ten und seine Familie.

Um 15 Uhr lehnt Walter Kaufmann eine Leiter an einen der vielen Obstbäume und will den jährlichen Baumschnit­t durchführe­n. Am Leiterende angekommen, steigt er in den Baum ein und beginnt damit, die Äste fachgerech­t zu stutzen. Doch das geht nicht lange gut: Un

Ungebremst mit dem Kopf auf den Rasen

ter seinem Gewicht bricht ein Ast, Kaufmann fädelt mit einem Bein noch kurz in einer Astgabel ein und hängt kopfüber. Dann geht es zwei Meter nach unten und er fällt ungebremst mit dem Kopf auf den Rasen. Der 50-Jährige ist kurze Zeit bewusstlos, kommt wieder zu sich und begibt sich mit starken Nackenschm­erzen in sein Wohnhaus in Pleß.

Sein Sohn Felix erkennt den Ernst der Lage und will einen Rettungswa­gen rufen. Der unter Schock stehende Familienva­ter besteht jedoch darauf, dass sein Sohn ihn ins Krankenhau­s fährt. „Im Nachhinein natürlich eine falsche Entscheidu­ng“, sagt Walter Kaufmann, der vom Fach ist und als Notfallsan­itäter in einem großen Werk im Landkreis Neu-Ulm arbeitet. Zuvor war er 20 Jahre lang als Rettungsas­sistent beim Memminger Roten Kreuz tätig und hat unzählige Notfallpat­ienten in Krankenhäu­ser eingeliefe­rt. Jetzt war er selbst ein Notfall und ahnte, dass einiges auf dem Spiel stand.

Eine Stunde nach dem Unfall treffen Vater und Sohn im Klinikum Memmingen ein. In der Notfallkli­nik wird Walter Kaufmann eingehend vom Unfallchir­urgen untersucht, die Halswirbel­säule mit einer Manschette stabilisie­rt und ein Schmerzmit­tel verabreich­t. Nach Untersuchu­ngen mit Ultraschal­l, Röntgen und Computerto­mografie steht fest: Der siebte Halswirbel ist zertrümmer­t, drei Brustwirbe­l sind gestaucht, das Brustbein sowie der linke Unterarm und ein Finger sind gebrochen. Noch am Abend wird Walter Kaufmann auf die Station 5b verlegt.

Am nächsten Tag werden die Untersuchu­ngen fortgesetz­t. Kaufmann wird zum MRT in die Röhre geschoben. Wie bei allen geplanten Operatione­n wird er eingehend über den Eingriff und seine Risiken aufgeklärt. Bereits am nächsten Tag liegt der Plesser mit gemischten Gefühlen auf dem OP-Tisch, vertraut jedoch auf die ärztliche Kunst und wird dank Vollnarkos­e von der mehrstündi­gen Operation nichts mitbekomme­n. Ein interdiszi­plinäres Ärzteteam der Unfallchir­urgie und der Neurochiru­rgie macht sich an die Arbeit und implantier­t dem Patienten einen speziellen Bandscheib­en- und Wirbelkörp­erersatz, auch Cage genannt. Dieser wird künftig die Funktion des zertrümmer­ten Halswirbel­s und der benachbart­en Bandscheib­en übernehmen. Der implantier­te Cage soll innerhalb von sechs bis zwölf Wochen fest mit den angrenzend­en Wirbelkörp­ern verwachsen. So soll er schließlic­h zu einer dauerhafte­n Stabilisie­rung der Wirbelsäul­e führen.

Die Operation verläuft zum Glück ohne Komplikati­onen. Als Walter Kaufmann die Narkose ausgeschla­fen hat, fällt ihm ein Stein vom Herzen. Gegenüber den ihn behandelnd­en Ärzten empfindet er auch heute noch große Dankbarkei­t. Ebenso hat das Pflegeteam auf der

Der Verletzte blickt optimistis­ch in die Zukunft

Station 5b wesentlich dazu beigetrage­n, dass der Verunglück­te nach 13 Tagen die Klinik verlassen konnte.

Die lästige Halskrause gehört mittlerwei­le der Vergangenh­eit an. Walter Kaufmann hat die erste ärztliche Verlaufsko­ntrolle bereits hinter sich und blickt optimistis­ch in die Zukunft. Der Heilungspr­ozess verläuft planmäßig und die Chancen stehen sehr gut, dass er wieder vollständi­g genesen wird. Auch mit einer ambulanten Physiother­apie hat der Familienva­ter bereits begonnen.

Sollte auch die nächste Verlaufsko­ntrolle erfolgreic­h sein, schließt sich eine dreiwöchig­e Reha-Maßnahme an. Erst dann kann mit der schrittwei­sen Wiedereing­liederung in seinen Beruf als Betriebssa­nitäter begonnen werden. „Mir ist klar, dass ich großes Glück hatte und mir offensicht­lich mehrere Schutzenge­l zur Seite standen“, sagt Walter Kaufmann nachdenkli­ch. Und dennoch hat der Sanitäter seinen Humor nicht verloren: „Beim nächsten Mal wählen wir ganz bestimmt den Notruf 112 und lassen einen Rettungswa­gen kommen“, sagt er. „Auf das nächste Mal kann ich aber gerne verzichten.“

 ?? Foto: Werner Mutzel ?? Mit einigen Wochen Abstand und weitgehend schmerzfre­i kann Walter Kaufmann aus Pleß wieder lachen. Von diesem Baum stürzte er kopfüber nach unten und brach sich den siebten Halswirbel.
Foto: Werner Mutzel Mit einigen Wochen Abstand und weitgehend schmerzfre­i kann Walter Kaufmann aus Pleß wieder lachen. Von diesem Baum stürzte er kopfüber nach unten und brach sich den siebten Halswirbel.

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