Viren: Von Tier zu Mensch
Die Corona-Pandemie zeigt, welche Gefahr unentdeckte Viren für den Menschen bergen. Um künftig besser gewappnet zu sein, haben USWissenschaftler eine interaktive Datenbank entwickelt, die das Risiko der Übertragung verschiedener Viren von Tieren auf Menschen einstuft. Die in den Proceedings der Nationalen Akademie der Wissenschaften veröffentlichte Liste soll bei der Priorisierung helfen.
Viele Viren, die Krankheiten beim Menschen verursachen, stammen aus dem Tierreich – etwa HIV, Ebola oder Sars-CoV-2. Das Überspringen solcher Erreger vom Tier auf den Menschen wird als Spillover bezeichnet, bislang sind mehr als 250 zoonotische – aus dem Tierreich stammende – Krankheitserreger bekannt. Schätzungen gehen indes davon aus, dass hunderttausende Tierviren das Potenzial haben, auf den Menschen überzuspringen.
Angesichts dieser Bedrohung identifizierten Forscher der Universität von Kalifornien in Davis auf Grundlage einer Analyse von Studien sowie einer Befragung internationaler Experten die Faktoren, die das Spillover-Risiko solcher Viren beschreiben. Etwa, wie oft ein Erreger wie viele verschiedene Tierarten befallen kann, wie weit diese Wirte geografisch verbreitet sind, wie eng ihr Kontakt zum Menschen ist und der Übertragungsweg.
Diese insgesamt 31 Risikofaktoren bilden das Gerüst für die Datenbank „SpillOver“, die die Wissenschaftler dann mit Informationen zu 887 Wildtier-Viren fütterten. Die ersten zwölf Plätze auf dieser Liste besetzen Erreger, die bereits auf den Menschen übergesprungen sind: Lassa, Sars-CoV-2, Ebola, Seoul und Nipah halten – in dieser Reihenfolge – die vorderen fünf Ränge.
Dass Sars-CoV-2 nur auf Platz zwei rangiert, begründen die Autoren damit, dass die Liste das Potenzial für einen weiteren Spillover in der Zukunft bewerte. Zudem seien wichtige Informationen über SarsCoV-2 noch unbekannt, etwa Anzahl und Reichweite der Wirtsarten.
Generell schätzen die Forscher das Spillover-Risiko durch Coronaviren als sehr hoch ein: Allein die Top 20 der Liste enthalten fünf Coronaviren, die noch nicht auf den Menschen übergegangen sind. Insgesamt sind etwa ein Drittel der 50 Viren mit dem höchsten Übertragungsrisiko Coronaviren.
„Sars-CoV-2 ist nur ein Beispiel für viele tausend Viren, die das Potenzial haben, von Tieren auf den Menschen überzuspringen“, sagt Zoë Grange, Erstautorin der Studie. „Wir müssen virale Bedrohungen mit dem größten Spillover-Risiko nicht nur identifizieren, sondern auch priorisieren, bevor es zu einer weiteren verheerenden Pandemie kommt.“Alice Lanzke