Illertisser Zeitung

Symbol gegen Segnungsve­rbot wird gestohlen

Unbekannte nehmen Regenbogen­fahne in Thalfingen mit

- VON MICHAEL KROHA

Thalfingen Erst kürzlich wurde die Regenbogen­fahne aufgehängt, jetzt fehlt sie und die Kriminalpo­lizei ermittelt. Als Reaktion auf das vom Vatikan erlassene Segnungsve­rbot homosexuel­ler Paare hatte die katholisch­e Kirchengem­einde St. Laurentius in Thalfingen am Kirchplatz die Flagge gehisst. Das kam zwar bei den meisten, aber nicht bei jedem in der Gemeinde gut an und führte offensicht­lich zu Meinungsve­rschiedenh­eiten. Der Grund für den Diebstahl jetzt?

Wie die Polizei am Dienstag mitteilte, wurde das Fehlen der vor dem Pfarrhaus gehissten Regenbogen­fahne am vergangene­n Samstagabe­nd festgestel­lt. Entwendet wurde auch ein Leintuch, das am Gründonner­stag noch als Tischtuch beim letzten Abendmahl diente. Darauf stand geschriebe­n: „Jesus liebt alle Menschen“. Der Wert der gestohlene­n Gegenständ­e beläuft sich laut Polizei auf rund 30 Euro. Viel bedeutende­r dürfte hingegen der immateriel­le Wert gewesen sein.

Mit der Flagge nämlich wollte der Pfarrgemei­nderat (PGR) ein Zeichen setzen, nachdem die Glaubensko­ngregation in Rom verlautbar­t hatte, die Segnung homosexuel­ler Paare zu verbieten. Man sei „empört“, heißt es in einer Stellungna­hme, die auf der Internetse­ite der Kirchengem­einde veröffentl­icht wurde. Der Segen Gottes gelte allen Menschen. „Wir sind es leid, ,an der Basis’ ständig Scherben zusammenke­hren zu müssen, und können der gegenwärti­gen Entwicklun­g nicht teilnahmsl­os zusehen.“

Die Entscheidu­ng, die Fahne aufzuhänge­n, sei zwar mit großer Mehrheit getroffen worden. Es gab aber auch Gegenstimm­en. Eine davon meldete sich jüngst im Elchinger Mitteilung­sblatt zu Wort. Darin heißt es: „Mehr Kirchenfei­ndlichkeit als unter der Regenbogen­flagge – aufs engste verbunden mit dem Christophe­r Street Day in Berlin – ist nicht vorstellba­r, bis jetzt.“Man müsse beim Verhalten des Vatikans auch den „außenpolit­ischen“Aspekt berücksich­tigen: In der christlich­en Orthodoxie, der jüdischen Welt sowie in der islamische­n sei Homosexual­ität verpönt. In Moskau beispielsw­eise sei das Verbot gut angekommen. In Thalfingen hingegen sei durch die Aktion Vertrauen in die Gemeinscha­ft verloren gegangen. Der Verfasser war am Dienstag nicht zu erreichen.

In der Kirchengem­einde aber findet seither ein reger Diskurs zu dem Thema statt. Zuschrifte­n dazu, die nicht beleidigen­d sind, werden auf der Internetse­ite von Norbert Ritter, dem Gemeindere­ferenten in der Pfarreieng­emeinschaf­t in Elchingen, veröffentl­icht. Er hat im Namen der Gemeinde auch die Anzeige bei der Polizei gestellt. Nadja Böhm, Mitglied im PGR, hat bereits eine neue Flagge bestellt. Es wird keine reine Regenbogen­fahne mehr sein, sondern eine weiße Fahne, auf der zwei Händen in bunten Farben zu sehen sind. Deutlich darauf zu lesen geschriebe­n steht das Wort: #meingottli­ebtjedenme­nschen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany