Mehr Start-ups, mehr Innovation
Gründer Bis aus einer Idee ein Produkt und daraus ein erfolgreiches Unternehmen wird, braucht es Förderer. Die EU will mit ihrer geplanten Innovationsagenda die europäischen Ökosysteme besser vernetzen. Gesucht sind: Wagniskapital-Geber
München Da ist zum Beispiel Twaice. Ein 2018 von Michael Baumann und Stephan Rohr gegründetes Start-up. Die beiden früheren Studenten der Technischen Universität München und ihre Kollegen kümmern sich um Batterien. Twaice hat eine Software entwickelt, mit der Lithium-Ionen-Batterien optimiert und analysiert werden können. Batterien, Akkus sind gerade gefragter denn je. Twaice hat erst im April wieder 30 Millionen Dollar eingesammelt.
Twaice ist eine der vielen TUMünchen-Ausgründungen. 70 bis 80 technologiebasierte Start-ups entstehen hier jährlich. Hier und im UnternehmerTUM, Europas größtem Zentrum für Innovation und Gründung. Seit 1990 sind es über 1000 neue Unternehmen. Bekannte, mit über einer Milliarde US-Dollar bewertete sogenannte „Einhörner“sind etwa: Personio (Software fürs Personalmanagement), Lilium (elektrische Flugtaxis) und Celonis (Prozessmanagement-Software).
Nicht nur die TU München, ganz Bayern hat ein gutes Ökosystem, um die Geschäftsideen der Studenten bis zur Marktreife zu fördern. So wurde die Gründung von Twaice zum Beispiel von dem InkubatorProgramm Xpreneurs und mit einem Investment des Venture Capital Fonds vom UnternehmerTUM gefördert.
Als Mariya Gabriel, EU-Kommissarin für Innovation und Forschung, zuletzt die TU besuchte, stellte sie die Eckpunkte ihrer neuen europäischen Innovationsagenda vor. Start-ups sind dafür wesentlich. Gabriel sagte im Gespräch mit unserer Redaktion: „Die letzte europäische Innovationsstrategie stammt aus dem Jahr 2010, wir leben nicht mehr auf demselben Planeten. Wir brauchen jedoch eine neue Innovationsagenda, die sich an die neue Generation von Innovatoren richtet.“Ab 2024 erwartet sie, dass die Haupttreiber der Innovation DeepTech-Start-ups sein werden. Wichtig sei dafür ein gesamteuropäisches Innovationsökosystem. Es sei an der Zeit, die lokalen Innovationsökosysteme in Europa zu vernetzen. Hier setzt ihre Strategie an. Sie soll noch vor dem Sommer verabschiedet und dann von den Mitgliedstaaten umgesetzt werden. Wie viel Geld fließen soll, ist indes noch unklar.
In Sachen Vernetzung lokaler Innovations-Ökosysteme sieht Thomas F. Hofmann, Präsident der TUM, viel Potenzial. Er sagte unserer Redaktion: „In Forschung und Lehre sind viele europäische Universitäten bereits exzellent. Aber wo Europa immer noch weit hinterherhinkt, ist der aus den Forschungsergebnissen generierte gesellschaftliche Mehrwert und wirtschaftliche Impact. Wir brauchen in Europa starke Innovationszentren, die weltweit Schritt halten können.“Die Region München verfüge über ein „einmaliges“Potenzial. „Gemeinsam“, sagt Hofmann, „wollen wir München zum führenden europäischen Kraftfeld für nachhaltige Technologieinnovationen machen.“
Was behindert Start-ups in ihrem Streben am meisten? Ein Thema ist nach wie vor, Geldgeber zu finden. Es tut sich zwar was beim WagnisKapital, aber es könnte mehr gehen. Zwar sagt der TU-Präsident: „Risikokapital fließt inzwischen verstärkt in die deutsche Start-up-Szene: 2021 wurde eine Rekordsumme an 17 Milliarden Euro Venture Capital in deutsche Start-ups investiert. 3,5 Milliarden, also 18 Prozent des gesamtdeutschen Venture Capitals, konnten von TUM und UnternehmerTUM geförderte Start-ups einwerben.“
Aber andererseits ist man von Summen, wie sie etwa in den USA bereitgestellt werden, noch weit entfernt, wie Carsten Rudolph sagt, Geschäftsführer von BayStartUp, einem bayerischen Netzwerk, das zur Gründerinitiative Gründerland Bayern des bayerischen Wirtschaftsministeriums gehört. „In den USA fließt sehr viel Geld aus den Pensionsfonds in die Venture Capital Fonds und damit in die Start-upSzene. Man darf aber nicht vergessen, dass das Silicon Valley mindestens 30 Jahre Vorsprung hat. Das Thema Venture Capital ist ja in Deutschland erst seit den 90ern überhaupt bekannt, und die Situation bessert sich zunehmend, gerade in den letzten Jahren.“Das von ihm geführte Netzwerk berät jährlich rund 800 Start-ups. Bayern, sagt Rudolph, habe neben Berlin und NRW ein sehr gutes Ökosystem für Start-ups. Aber ein bisschen mehr geht immer.
In Bayerisch-Schwaben wurden 2021 laut IHK rund 435 Start-ups an den Start gebracht. Nicht alle davon sind im Hochtechnologiebereich angesiedelt. Aber Geld, Wagniskapital, spielt in den verschiedenen Gründungsphasen überall eine entscheidende Rolle.
Viel hilft viel.