Vor dem vierten Streich
Fußball Der Freiburger Trainer könnte gegen Leipzig zum vierten Mal den Pokal gewinnen – zum ersten Mal mit einer Herrenmannschaft. Drei Spieler haben eine besondere Beziehung dazu.
Berlin Die entscheidende Losung für das Finale des DFB-Pokals hatte Freiburgs Trainer Christian Streich schon kürzlich gegeben. „Endspiele verlieren ist scheiße“, hatte der 56-Jährige recht anschaulich formuliert. Wobei Streich und der SC Freiburg vor dem Endspiel gegen RB Leipzig (Samstag, 20 Uhr, live auf ARD und Sky) eigentlich gar nicht wissen, wie es ist, ein Pokalfinale zu verlieren. Im Gegenteil: Schon drei Mal gewann der Coach mit Teams des SC die Pokalendspiele: 2006, 2009 und 2011 ging der DFB-Junioren-Vereinspokal jeweils an die von Streich trainierte A-Jugend der Breisgauer. Diesmal stehen jedoch die Profis im Finale, zum ersten Mal.
Einer, der beim bis dato letzten Triumph 2011 im Team von Streich spielte, sitzt an diesem Freitagnachmittag in den Katakomben des Berliner Olympiastadions neben Streich: Christian Günter. Die Kleiderordnung des DFB will es, dass zur Pressekonferenz vor dem Endspiel nicht nur die beiden Trainer, sondern auch die Spielführer der beiden Teams auf dem Podium sitzen. Und eben das ist der 29-Jährige, der seit 2007 beim SC spielt. Das, und Nationalspieler und letztlich auch „ein Symbol“, wie sein Dauertrainer Streich betont, für die Jugendarbeit des Vereins. Dabei ist
Günter nicht mal der Einzige im SCKader, der in der Jugend schon mal in Berlin triumphieren konnte: Auch Nicolas Höfler und Jonathan Schmid, die zwischenzeitlich bei anderen Klubs spielten, waren 2009 schon im Kader. Der zur kommenden Saison bereits als Neuzugang feststehende Nationalspieler Matthias Ginter war – wie Günter – beim Erfolg im Jahr 2011 mit dabei.
Streich, sonst überzeugter Freund von Jeans und T-Shirt, hat sich für die Pressekonferenz einen Anzug aus dem Kleiderschrank gesucht. Alleine diese Chance zu haben, in diesem Finale zu stehen, sei ein Festtag für Fans und Klub, hatte er immer wieder gesagt. Heute betont er das auch wieder. Ob das nun besser ist? „Besser wird es nicht. Es wird anders“, antwortete Streich. „In der A-Jugend war es einzigartig, und jetzt mit den Profis hier zu sein, ist auch einzigartig.“Das finden auch viele Freiburger Fans, die eines der begehrten Tickets haben wollten. Wie viele es waren, die sich bei ihm wegen Tickets gemeldet haben, mag Christian Günter selbst nicht mehr genau sagen: „Ich musste zeitweise das Handy schon mal auf die Seite legen.“
Wahrscheinlich könnte der Kontrast zum Gegner kaum größer sein: RB Leipzig, das erst 2009 gegründet wurde, hat in seiner Historie zwar gerade mal 31 Partien im DFB-Pokal bestritten (Streich als Trainer kommt auf 30), steht nun aber innerhalb von vier Jahren zum dritten Mal in einem Endspiel. Nach zwei deftigen Niederlagen gegen den FC Bayern (18/19 gab es ein 0:3) sowie gegen Borussia Dortmund im Vorjahr (1:4) soll nun endlich der erste Titel in der Vereinsgeschichte gelingen. Und das gegen den Verein, mit dem man 2016 gemeinsam in die Bundesliga aufgestiegen war: den SC Freiburg. Zweitligameister wurden damals übrigens die Breisgauer. Einen A-Jugend-Meister aus dem eigenen Nachwuchs sucht man im Kader der Sachsen zwar vergeblich. Dafür gibt es mehrere Spieler, die bei beiden Final-Niederlagen dabei
Der DFB-Pokal
● Rekordsieger ist der FC Bayern München mit 20 Siegen (bei 24 Finalteilnahmen), dahinter folgen Werder Bremen mit sechs Siegen (zehn Finals) sowie Schalke (zwölf Finals), Dortmund (zehn) und Eintracht Frankfurt (acht) mit jeweils fünf Erfolgen. Das aktuelle Endspiel ist zudem das erste seit elf Jahren, in dem weder der FC Bayern noch Borussia Dortmund stehen.
● Rekordspieler im Pokal ist der ehemalige Bremer Mirko Votava mit 74 Einsätzen, Rekordtorschütze ist Gerd Müller mit 78 Toren in nur 62 Spielen. waren und das Streich’sche Diktum bezüglich verlorener Endspiele nur bestätigen können.
Einer davon ist Torwart Peter Gulacsi. Der Ungar ist wie Peter Forsberg, Willi Orban oder Yussuf Poulsen gewillt, im dritten Anlauf „endlich den Pott zu holen“, wie der 32-Jährige sagte. „Der Hunger ist riesig groß, wir werden alles geben.“Sein Trainer Domenico Tedesco setzt auf die Erfahrung seiner Kicker: „Ich bin schon der Meinung, dass es von Vorteil für einen Spieler ist, wenn man aus diesen Erfahrungen lernen konnte.“Für die Leipziger spricht auch die Formkurve: Keiner holte in der Rückrunde mehr Punkte als die Sachsen. Zusammen mit Leverkusen kommt RB auf 36 Punkte seit Jahreswechsel. Der SC Freiburg liegt mit 28 geholten Zählern auf Rang acht der Rückrundentabelle.
Gut möglich übrigens, dass das Spiel am Samstagabend in die Verlängerung geht: Beide Aufeinandertreffen der Mannschaften endeten im zu Ende gegangenen Ligabetrieb jeweils 1:1. Dazu passt auch: Auch das letzte Freiburger A-Jugend-Finale 2011 fand sein Finale in der Entscheidung vom Punkt. Und wenn es am Ende doch verloren geht, dieses Spiel? „Dann geht die Welt auch nicht unter“, so Streich. Wobei generell schon gilt: Endspiele zu verlieren, kommt in seiner Karriereplanung eigentlich nicht vor.