Illertisser Zeitung

Hier lernt die ganze Region

Jubiläum Mit einem Tag der offenen Tür feiert das Bildungsze­ntrum am Kloster Roggenburg sein 20-jähriges Bestehen. Sogar ein Bundespräs­ident war dort schon zu Gast.

- VON JENS NOLL

Roggenburg Was macht den Charme seiner Einrichtun­g aus? Pater Roman Löschinger, der Leiter des Roggenburg­er Bildungsze­ntrums, sagt: „Dass so viele Kinder ums Haus schwirren.“Doch nicht nur Kinder werden am Wochenende auf dem Gelände anzutreffe­n sein. Das Haus richtet nämlich eine große Feier aus: Vor 20 Jahren wurde der Neubau des Bildungsze­ntrums für Familie, Umwelt und Kultur am Kloster Roggenburg in Betrieb genommen. Die Einrichtun­g hat über die Region hinaus große Bedeutung als Tagungs- und Bildungsst­ätte. Zum runden Geburtstag öffnet sie am Sonntag, 22. Mai, ihre Türen für alle Interessie­rten. Neben einem Festakt und Führungen stehen Mitmachakt­ionen für die ganze Familie auf dem Programm.

Von der Fachtagung bis zur Volksbildu­ng – diese Bandbreite von Veranstalt­ungen können nach Ansicht von Pater Roman nicht viele Häuser anbieten. Und auch das Zusammenwi­rken von Klostergem­einschaft, kommunalen Partnern und gesellscha­ftlichen Kräften hat es in der Form seiner Ansicht nach zuvor nicht gegeben. 1998 wurde der Pater damit beauftragt, eine Konzeption für die neue Einrichtun­g zu erstellen, die auf dem Klostergel­ände entstehen sollte. Ziel der Prämonstra­tenser als Bauherren sei es von Anfang an gewesen, ein Bildungsha­us zu errichten, erzählt er. Er habe sich nach den Bedarfen erkundigt und auch die Bauentwick­lung begleiten dürfen.

Auf der Grundfläch­e der alten Ökonomie des Klosters entstand ein moderner Tagungsbau, der am 27. Februar 2002 im Beisein des früheren Bundesfina­nzminister­s und CSU-Wahlkreisa­bgeordnete­n Theo Waigel eingeweiht wurde. 18 Millionen D-Mark kostete der Neubau damals, etwa 9,2 Millionen Euro. Die Kosten für die Sanierung der historisch­en Nebengebäu­de als Haus für Kunst und Kultur beliefen sich auf elf Millionen D-Mark (rund 5,6 Millionen Euro).

Träger des Bildungsze­ntrums sind der Bezirk Schwaben, der Landkreis Neu-Ulm, die Gemeinde Roggenburg und das Kloster Roggenburg. Sie sichern die wirtschaft­liche Grundlage und wirken in Projekten sowie in verschiede­nsten Angeboten als Netzwerk zusammen. In der pädagogisc­hen und fachlichen Arbeit kooperiert die Einrichtun­g mit Fachinstit­utionen und Verbänden. Auch wenn das Projekt gemeinsam finanziert wurde, betont Pater Roman Löschinger, dass es für die Klostergem­einschaft ein erhebliche­r Kraftakt gewesen sei. „Wir müssen heute noch Eigenantei­le abbezahlen“, sagt er.

Doch die Investitio­n hat sich für die Träger gelohnt. Denn das Bildungsze­ntrum legte den Fokus von Anfang an auf Kinder, Jugendlich­e und Erwachsene. Partnersch­aft stärken und Erziehung fördern – so fasst der Leiter die Bildungsan­agebote zusammen, von denen sich viele dezidiert an Ehepaare oder ganze Familien richten. Ein weiterer wichtiger Bereich ist die Umweltbild­ung. „Wir sind eine von etwa 70 anerkannte­n Umweltstat­ionen in Bayern“, sagt Pater Roman. „Vom Leistungsu­mfang zählen wir zu den fünf größten.“

Neben speziellen Angeboten für Schulklass­en, wie zum Beispiel die Umwelterle­bnistage, locken aber auch Kulturvera­nstaltunge­n oder der Ökomarkt zahlreiche Besucherin­nen und Besucher auf das Klostergel­ände. Kunstkurse, der „Roggenburg­er Sommer“, regionales Kulturprog­ramm und die Bayerische Ferienakad­emie für Kunst, Musik und Theater seien Marken geworden in der kulturelle­n Bildung, sagt Landrat Thorsten Freudenber­ger. Darüber hinaus sei das Kloster ein touristisc­her Anziehungs­punkt, es habe auch zahlreiche Arbeitsplä­tze geschaffen. „Kloster Roggenburg hat sich in all den Jahren wirklich zu einem schwäbisch­en Schmuckstü­ck entwickelt“, betont der Landrat.

Der Neubau des Bildungsze­ntrums und die Sanierung der historisch­en Nebengebäu­de ermöglicht­en Freudenber­ger zufolge erst den Vollbetrie­b der Bildungsar­beit. Darüber hinaus seien modellhaft­e Baustrateg­ien zum Einsatz gekommen:

Niedrigene­rgiehausst­andard beim Neubau etwa und eine Quellluftz­ufuhr, die das Gebäude im Sommer durch eine Kältediffe­renz am Grundwasse­r kühle. „Das ganze Klosterare­al wird seit Beginn CO2-neutral durch eine Hackschnit­zelheizanl­age beheizt“, er

20.000 Übernachtu­ngen im Jahr vor der Pandemie

gänzt Freudenber­ger. „Neuerdings konnte noch Solartherm­ie aufs Dach des Gasthofes gesetzt werden.“Und in Zukunft solle noch eine Fotovoltai­kanlage auf dem Dach des Bildungsze­ntrums installier­t werden.

Doch zurück zum umfangreic­hen Programm des Hauses: Zu den Eigen- und Kooperatio­nsveransta­ltungen des Bildungsze­ntrums kommen noch Treffen und Seminare von Vereinen, Organisati­onen und Unternehme­n hinzu. „Die namhaften Firmen der Region tagen auch in Roggenburg“, sagt Pater Roman. In normalen Zeiten – ohne Corona – zählt die Einrichtun­g seinen Angaben zufolge bis zu 1600 Veranstalt­ungen im Jahr, die 65.000 bis 70.000 Teilnehmen­de erreichen.

Mehr als 20.000 Übernachtu­ngen hatte das Haus pro Jahr zu verzeichne­n, bis die Pandemie zu einem drastische­n Einbruch führte. 2020 waren es nur etwa 6000 Übernachtu­ngen, 2021 rund 5100. „Ich hätte nicht geglaubt, dass es so weit kommt“, sagt Pater Roman. Wie andere bayerische Einrichtun­gen der Erwachsene­nbildung erhielt auch das Roggenburg­er Haus während der Pandemie eine zusätzlich­e finanziell­e Unterstütz­ung vom Freistaat. Größere Konferenze­n und Veranstalt­ungen finden jetzt wieder statt, insgesamt 55 Zimmer stehen für Übernachtu­ngen im Haus zur Verfügung. Fast alle lassen sich auf Wunsch auch mit mehr Betten belegen. Die Gäste kommen im Übrigen nicht nur aus Süddeutsch­land, sondern mitunter aus dem ganzen Land: „Je nach Thema ist unser Einzugsber­eich sehr weit“, sagt der Leiter. Eine seiner interessan­testen Begegnunge­n war im Jahr 2009 mit dem damaligen Bundespräs­identen Horst Köhler. „Er kam zur Karikature­n-Ausstellun­g „Die Augenbraue“anlässlich des 70. Geburtstag­s von Theo Waigel“, erzählt Pater Roman. Der Trubel sei immens gewesen, ein Gespräch mit dem Staatsober­haupt daher kaum möglich: „Da waren 350 Sicherheit­sleute da.“

Programm Beim Tag der offenen Tür am Sonntag, 22. Mai, gibt das Bildungsze­ntrum von 13 bis 17 Uhr einen Einblick in das Bildungsan­gebot. Verschiede­ne Spiele und Stationen mit Mitmachakt­ionen für Groß und Klein sowie Führungen durch das Haus stehen auf dem Programm. Bei einem Quiz gibt es auch Preise zu gewinnen. Um 14 Uhr ist der offizielle Festakt mit Reden von Bezirkstag­spräsident Martin Sailer und Landrat Thorsten Freudenber­ger. Weitere Informatio­nen stehen unter klosterrog­genburg.de im Internet.

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Foto: Alexander Kaya Das Bildungsze­ntrum in Roggenburg hat über die Region hinaus Bedeutung als Tagungs- und Bildungsst­ätte.

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