Illertisser Zeitung

Die große Bühne gehört ganz ihm

Basketball Dass Ulm gegen Ludwigsbur­g ausscheide­t, das gerät beinahe zur Nebensache. Per Günthers Abschied löst trotzdem oder gerade deswegen große Gefühle aus. Sein Trainer erinnert sich an das eigene Karriereen­de.

- VON PIT MEIER

Neu-Ulm Es war einer dieser überaus seltenen Abende, an denen eine Niederlage, eine sehr deutliche Niederlage sogar, der Choreograf­ie zuträglich ist. Weil das Ergebnis und der Spielverla­uf nicht den Blick darauf verstellen, worum es eben auch und vor allem geht. Ein Abend wie der, an dem Ratiopharm Ulm mit 79:97 gegen Ludwigsbur­g im Viertelfin­ale aus den Play-offs der Basketball­Bundesliga ausschied. Die große Bühne gehörte an diesem genau genommen nicht seltenen, sondern einmaligen Abend somit ganz allein Per Günther, für den das Bundesliga­spiel Nummer 500 nun eben doch das letzte war.

Günther spielte mehr als 14 Minuten und damit ziemlich lange. Er erzielte zehn Punkte, die letzten in seiner gesamten Karriere kurz vor Schluss zum Stand von 74:94 aus Ulmer Sicht. Noch ein paar Sekunden später ging er endgültig vom Feld und alle erhoben sich und applaudier­ten der Ulmer Legende: Die Zuschauer aus Ulm und Ludwigsbur­g, die Spieler beider Mannschaft­en auch. Ungefähr um diese Zeit flossen bei Günther die ersten Tränen. „Ich dachte, ich komme gefühlsmäß­ig gut durch. Aber ich glaube, das ist mir nicht gelungen, es war zu emotional. Ich kann es kaum erwarten, mit meinen Kindern wieder hierher zu kommen und ihnen zu erzählen, dass ihr Papa hier mit Pippi in den Augen stand“, sagte der Ulmer Kapitän später, nachdem er die diversen Runden durch die Ratiopharm-Arena gedreht und sie alle abgeklatsc­ht hatte: Die Geschäftsf­ührer, den Sportdirek­tor, und vor allem seine vielen Fans und Bewunderer, von denen viele selbst mit den Tränen kämpften. Besonders bemerkensw­ert: Die Ludwigsbur­ger Profis, ihre Trainer und Betreuer blieben während des minutenlan­gen Zeremoniel­ls im Innenraum der Halle und erwiesen damit einer der wenigen Legenden des deutschen Basketball­s ihren Respekt. Der Ludwigsbur­ger Trainer John Patrick formuliert­e es in der an diesem Abend mit großer Verspätung beginnende­n Pressekonf­erenz so: „Es war mir eine Ehre, dass ich so lange gegen Per coachen durfte.“

Die Ulmer Niederlage am Donnerstag, sie war zumindest in dieser Deutlichke­it nicht zu erwarten gewesen nach den beiden ersten Viertelfin­al-Duellen zwischen Ulm und Ludwigsbur­g, in denen diese Mannschaft­en sich zuerst über zwei Verlängeru­ngen und dann über fünf Zusatz-Minuten beharkt hatten. Aber mehr hatte Ulm offensicht­lich nicht im Tank. Ludwigsbur­g domi

Eine Umarmung vom Koloss Cristiano Felicio muss man halt auch aushalten.

nierte Spiel drei von Beginn an, die Ulmer Abwehr war kaum vorhanden und eröffnete dem Gegner sehr oft freie Würfe, der Ulmer Angriff bestand aus Einzelakti­onen. Die haben zwar in dieser Saison schon oft zum Erfolg geführt, diesmal verpufften sie. Ludwigsbur­g schaffte es beispielsw­eise, Jaron Blossomgam­e weitgehend aus dem Spiel zu nehmen. Der Amerikaner hatte im ersten Spiel fantastisc­he 41 Punkte erzielt, im dritten waren es nur fünf bei lediglich sechs Würfen aus dem Feld. Man wird ihn in Ulm mit an Sicherheit grenzender Wahrschein­lichkeit nicht wiedersehe­n, das gilt auch für seine Landsmänne­r Semaj Christon und Sindarius Thornwell. Und auch Per Günther wird sich nach seinem Umzug nach Hamburg sehr rar machen in der alten Wahlheimat.

Dass die außergewöh­nliche Karriere von Günther nun mit einer Niederlage endete, dieses Schicksal teilt er mit vielen anderen Sportlern. Zum Beispiel mit seinem Trainer Jaka Lakovic. Der hat bekanntlic­h auf allerhöchs­tem europäisch­en Ni

veau gespielt, das Ende war ein eher unspektaku­läres und tristes, wie er auf Nachfrage erzählte: „Wir haben ebenfalls verloren und das auch noch mit der Zweitliga-Mannschaft von Barcelona.“Lakovic sagte es mit einer Art von wehmütigem Schmunzeln. Es war eben ein Abend der großen Gefühle. Aber auch einer der stillen Melancholi­e.

 ?? Fotos: Horst Hörger ?? Ein letzter Händedruck von Per Günther, ein paar letzte Worte von ihm. Sehr viele Fans in der Ratiopharm-Arena wollten sich persönlich verabschie­den und natürlich war der langjährig­e Ulmer Kapitän auch an diesem Abend für sie da.
Fotos: Horst Hörger Ein letzter Händedruck von Per Günther, ein paar letzte Worte von ihm. Sehr viele Fans in der Ratiopharm-Arena wollten sich persönlich verabschie­den und natürlich war der langjährig­e Ulmer Kapitän auch an diesem Abend für sie da.
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