Illertisser Zeitung

Schätze aus dem Untergrund

Geschichte In der niederländ­ischen Stadt Amsterdam haben Archäologe­n in einem Flussbett gegraben und dabei jede Menge Dinge gefunden. Ein Forscher berichtet über die Entdeckung­en.

- VON KARLOTTA EHRENBERG

Peter Kranendonk wartet vor der U-Bahn-Station Rokin in Amsterdam. Die Stadt liegt in den Niederland­en. Vor einigen Jahren hat Peter Kranendonk hier mit anderen Archäologe­n nach Spuren alter Zeiten gesucht. Damals wurde die U-Bahn-Linie gebaut. „Das Besondere war, dass hier in einem Flussbett gegraben wurde“, sagt Peter Kranendonk. Genauer gesagt im Bett des Flusses Amstel.

Über viele Jahrhunder­te hinweg wurde allerhand Müll ins Wasser geworfen, zahlreiche Dinge gerieten unabsichtl­ich hinein. Peter Kranendonk erklärt: „Da es hier einen Damm gab, hat es kaum Strömung gegeben.“Die Sachen blieben auf dem Grund liegen und häuften sich mit der Zeit an.

Jede Erdschicht zeugt von einer anderen Zeit. Fast 700.000 Funde wurden von den Archäologe­n aus dem Untergrund geholt. 9500 Objekte sind dauerhaft in der U-Bahn-Station Rokin ausgestell­t, darunter Werkzeug, Geschirr, Schmuck, Spielzeug und viele andere Alltagsdin­ge.

Die jüngsten Funde stammen aus dem Jahr 2005, die ältesten gehörten Menschen aus der Jungsteinz­eit. „Die haben hier damals aber nur kurz gesiedelt“, sagt Peter Kranendonk. Am Rokin führt der Fluss durch einen unterirdis­chen Kanal, da war das Graben nicht so schwer.

Anders am Platz Damrak, an dem auch gegraben wurde. Hier musste der Fluss für die Arbeiten umgeleitet werden. Die

Funde vom Damrak zeugen von der kleinen Siedlung, die im 13. Jahrhunder­t hier gegründet wurde und aus der sich die Stadt entwickelt­e. Werkzeuge aus der Fischerei und Keramiksch­erben zeugen vom großen Seehafen.

Wusstest du…

...dass bei Ausgrabung­en Archäologe­n häufig Tausende Fundstücke entdeckt werden? Sie werden oft komplett eingelager­t. Im Depot des Römisch-Germanisch­en Museums in Köln liegen etwa 10 Millionen Objekte. Darunter sind auch etwa 90.000 Scherben von Amphoren. Auch diese Gefäße fand man bei der Ausgrabung. Aber musste man die wirklich alle mitnehmen? „Ja“, sagt Marcus Trier, der Direktor des Museums. Gerade die Scherben zeigten, dass es nicht gut sei, Funde auszusorti­eren.

Erst bei der Reinigung habe man auf 400 Scherben Aufschrift­en gefunden. Wertvolle Informatio­nen etwa für Forschende, die mehr über den Handel der damaligen Zeit erfahren möchten.

Auch die 89.600 anderen Scherben müsse man behalten, findet Marcus Trier. Für den Fall, dass man sie später noch mal untersuche­n wolle. (dpa)

Zudem gruben die Archäologe­n jede Menge Waffenteil­e aus – hier gab es eine Verteidigu­ngsanlage.

Auch ganz seltene Fundstücke aus organische­m Material wie Holz, Knochen, Textilien oder

Leder wurden gefunden. „Das konnte sich im Schlamm des Flusses gut erhalten“, sagt Peter Kranendonk. An der Luft verrottet so etwas dagegen schnell.

„Zusammen ergeben die Fundstücke ein genaues Bild der Entwicklun­g der Stadt“, erklärt der Archäologe. Am Rokin etwa lag der Binnenhafe­n. Kaputte Keramikgef­äße zeugen von einer Zuckerfabr­ik. Sie wurden im 17. Jahrhunder­t dort ins Wasser geworfen.

In dieser Zeit war in der Stadt eine Menge los, die Menschen rauchten und tranken viel – wie die Funde von allerhand Pfeifen, Weinflasch­en und Kelchen zeigen. Diese Zeit dauerte aber nicht lange an. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunder­ts ging es der Stadt nicht mehr so gut, vermutet Kranendonk. „Das Material wird in dieser Zeit weniger.“

Menschen wanderten ab, es wurde weniger produziert und in den Fluss geworfen. Übrigens: 19.000 Fundstücke kann man auf einer Webseite selbst entdecken und Lieblingss­tücke zu einer eigenen Vitrine zusammenst­ellen: www.belowthesu­rface.amsterdam/en. Viel Spaß dabei! (dpa)

Der Archäologe Peter Kranendonk

 ?? Foto: Karlotta Ehrenberg, dpa ?? Unter dem Fluss Amstel wurde tief gegraben. Dabei fanden Fachleute 700.000 Ausgrabung­sstücke.
Foto: Karlotta Ehrenberg, dpa Unter dem Fluss Amstel wurde tief gegraben. Dabei fanden Fachleute 700.000 Ausgrabung­sstücke.
 ?? Foto: Monumenten en Archeologi­e, Gemeente Amsterdam. dpa ?? All diese Dinge und noch viele mehr wurden bei Ausgrabung­en in einem Flussbett gefunden.
Foto: Monumenten en Archeologi­e, Gemeente Amsterdam. dpa All diese Dinge und noch viele mehr wurden bei Ausgrabung­en in einem Flussbett gefunden.
 ?? ??
 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany