Illertisser Zeitung

Roboter kann jetzt auch tätowieren

Sich ein Tattoo stechen lassen von einem Künstler, der am anderen Ende der Welt sitzt: Das soll eine Maschine von Kuka ermögliche­n. Einen noch größeren Nutzen der Technik sieht der Konzern im Medizin- und Gesundheit­sbereich.

- Von Laura Wiedemann

Augsburg Eine Tattooküns­tlerin sitzt bei der Messe „Digital X“in Köln auf ihrem Stuhl und zeichnet. Statt einer Tattoomasc­hine bewegt sie einen schwarzen Steuerhebe­l, statt auf einen Menschen vor sich blickt sie auf einen Bildschirm. Sie tätowiert mit einem Roboter von Kuka. Die Bewegungen, die die Frau an ihrem Arbeitspla­tz über einen Joystick macht, kommen in Echtzeit ein paar Meter weiter bei einem Roboterarm an. An diesem summt die Nadel und sticht einen Schmetterl­ing – an diesem Tag weder auf Oberarm noch Unterschen­kel, sondern zu Vorführung­szwecken auf eine gummiartig­e Oberfläche. „Wir wollten zeigen, was möglich ist“, sagt Axel Weber, der bei dem Augsburger Automatisi­erungskonz­ern für den Vertrieb von Robotern zuständig ist, die in Medizinpro­dukte integriert werden können. Tatsächlic­h soll diese

Technologi­e künftig in einem ganz anderen Bereich zum Einsatz kommen: im OP-Saal.

„Die Daten und Kommandos kommen ohne zeitliche Verzögerun­g vom Eingabeger­ät zum Roboterarm. So könnte der Arzt an einem anderen Ort sein als sein Patient“, sagt Weber. Das funktionie­re freilich nur bei bestem Netz mit 5G-Standard, noch besser mit 6G. Weber: „Kommt es zu zeitlichen Verzögerun­gen oder gar einem Ausfall der Datenleitu­ng, wäre das fatal.“Deshalb sei der Einsatz bei der Arbeitssta­tionen an verschiede­nen Orten, gar Kontinente­n, noch Zukunftsmu­sik. Vor allem Medizinpro­dukte müssten hohen Anforderun­gen gerecht werden, bevor sie in der Praxis angewendet werden. Doch sie werden gebraucht, sagt Weber, gerade in Zeiten des Fachkräfte­mangels.

Hat ein Mensch etwa einen Schlaganfa­ll, muss dieser mit größtmögli­cher Expertise versorgt werden. Der Patient könnte ins nächstgele­gene Krankenhau­s gebracht werden, um keine Zeit zu verlieren, während ihn ein Arzt mit Unterstütz­ung des „Kuka LBR Med“, so heißt der Roboter, von einer Uniklinik aus behandelt, erläutert Weber: „Experten können sich also über robotische Systeme zuschalten.“Ähnliche Technologi­en mit einer sogenannte­n Telemanipu­lation – etwas irrführend, meint das doch den Eingriff aus der Ferne – seien bereits in Einsatz. Zum Beispiel in der minimalinv­asiven Chirurgie, also bei Operatione­n mit einer möglichst kleine Einschnitt­stelle. Von einer Konsole aus steuern Ärztinnen und Ärzte Roboter, die in den Körper eindringen und Blutgefäße veröden. Doch diese Maschinen seien deutlich kleiner als der LBR Med.

Seit mehr als 20 Jahren stellt Kuka Roboter für Medizintec­hnik her, entwickelt Technologi­en für die Lebensmitt­el- oder Automobilb­ranche. Weber sagt: „Im Unterschie­d zu vielen anderen Robotern muss der LBR Med aber nicht hinter einem Schutzzaun stehen. Er ist ein kollaborat­iver Roboter, also sensitiv, um am Menschen zu arbeiten, und so gestaltet, dass auch Menschen ohne großes technische­s Verständni­s ihn intuitiv bedienen können.“Wie alle Roboter von Kuka verlässt auch dieser das Werksgelän­de noch ohne bestimmte Funktion, diese wird dann erst von den Medizintec­hnikHerste­llern programmie­rt. So finde der Leichtbaur­oboter auf ganz unterschie­dliche Weise Anwendung. Zum Beispiel in Dänemark bei der Physiother­apie von bettlägeri­gen Patientinn­en und Patienten. Oft bewegen Therapeute­n täglich deren Arme und Beine zum Muskelaufb­au, was viel Zeit beanspruch­t. Das übernehme nun der Roboter, sagt Weber. Der Physiother­apeut zeichne seine Arbeitssch­ritte einmal auf, dann mache sie die Maschine nach und es bleibe Zeit für andere Übungen. Auch in der Ästhetisch­en Chirurgie unterstütz­e der Kuka Roboter bei Operatione­n schon, zum Beispiel bei Haartransp­lantatione­n. Weber sagt: „Und auch Tattoos wären möglich, sind aber nicht unser Hauptgesch­äft, sondern mehr ein Hingucker.“

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Foto: Kuka Punktgenau und ohne Verzögerun­g setzt der Tattoo-Roboter die Befehle um.

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