Illertisser Zeitung

„Man läuft durch eine Lavawüste“

Der Augsburger Lukas Stahl wird erstmals am legendären Ironman auf Hawaii teilnehmen. Ein Gespräch über 48 Kilometer ohne Schatten und die Frage, warum er dafür sehr viel Geld ausgibt.

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Herr Stahl, für Triathlon muss man ein wenig sadistisch sein. Das sagten Sie neulich unserer Zeitung. Nun erreichen wir Sie auf Hawaii, wo Sie in wenigen Tagen beim Ironman an den Start gehen. Der Sadismus scheint sich gelohnt zu haben.

Lukas Stahl: Tatsächlic­h. Ich bin das erste Mal auf Hawaii. Es ist schon ein Privileg, dort anzutreten, wo andere Urlaub machen oder gar nicht erst hinkommen. Die Vorfreude vor Ort ist groß, es ist ja der erste Ironman hier seit 2019. Du kannst kaum nach draußen gehen, ohne dass jemand joggt oder die Radstrecke abfährt. Jeder hat mit Triathlon zu tun. Die ganze Insel ist im Wettkampf-Feeling. Und die Tage vor einem Wettkampf sind sowieso immer die schönsten im ganzen Jahr. Man kann die Stimmung ein wenig genießen, bevor man sich beim Wettkampf wieder zerlegt. Ich trainiere jetzt nur noch leicht.

Was heißt das für Triathlete­n-Verhältnis­se? 20 Kilometer Joggen am Strand?

Stahl: So ungefähr, aber relativ locker. Die 180 Kilometer Radstrecke für das Rennen werde ich in zwei Etappen abtrainier­en. Aber insgesamt kommt man am Tag nicht über zwei, maximal zweieinhal­b Stunden Training hinaus, damit sich der Körper an das Klima hier anpasst und fit für den Wettkampf ist.

Ist Ihr Geldbeutel auch fit genug? Die Ironman-Szene ist etwas in Aufruhr. Die Teilnahme am Wettkampf auf Hawaii sei inzwischen so teuer wie nie, heißt es.

Stahl: Ich zahle knapp 12.000 Euro. Aber mit meinen Eltern. Und für fünf Wochen USA, weil ich Ende Oktober noch an der Halbdistan­zWM in Utah teilnehme. Wenn ich die Geschichte­n der anderen höre, frage ich mich manchmal: Wo genau schlafen die, im Hilton? Fliegen die erste Klasse? Wenn man geschickt bucht, lässt sich schon Geld sparen. Ich bin mit Turkish Airlines von München über Istanbul und Los Angeles nach Hawaii geflogen. Relativ viele fliegen mit Lufthansa direkt über San Francisco. Wir haben im Februar ein günstiges Apartment gebucht, ziemlich einfach gehalten, mit selbst kochen und so. Inklusive der Startgebüh­r von 1000 US-Dollar kann man den Iron Man für 3000 bis 4000 Euro schon gut machen. Aber klar, das ist immer noch eine Menge…

…die Sie wie finanziere­n?

Stahl: Leider nicht über mögliche Gewinnpräm­ien. Die gibt es nur bei den Profis, nicht in der Juniorenal­tersklasse, in der ich starte. Ich habe relativ viel gespart, habe meine Kosten zu Hause sehr gering gehalten und keine exotischen Trainingsl­ager auf Lanzarote oder so gemacht. Das ist alles selbst bezahlt.

Mit welchem Ziel treten Sie an? Stahl: Ich will meine Altersklas­se von 18 bis 24 Jahre gewinnen. Unter allen Teilnehmer­n, also die Profis mit einberechn­et, war ich sonst meistens in den Top-30. Mal schauen, was geht. Es ist die Weltmeiste­rschaft. Da darf man schon deutlich über die Schmerzgre­nze hinaus gehen.

Gut 5000 Menschen werden sich den Ironman antun. Was macht das Rennen auf Hawaii eigentlich zum härtesten der Welt?

Stahl: Es kann unglaublic­h warm werden, in Kombinatio­n mit einer hohen Luftfeucht­igkeit. Den Marathon läuft man ja quasi durch eine Lavawüste. Wenn du weißt, du musst bis zum Horizont laufen und wieder zurück, ohne Schatten, bei Winden mit bis zu 70 km/h, dann ist das für den Kopf deutlich härter. Es ist einfach die Geburtsstä­tte des Ironman, ein richtiger Mythos, aber insgesamt auch kein Hexenwerk. Es bleibt Schwimmen, Laufen, Radfahren. Und das muss man gut können.

Sie sind erst im Vorjahr Ihren ersten Triathlon gelaufen, kommen eigentlich aus dem Kanuslalom. Ein etwas untypische­r Wechsel, oder?

Stahl: Ich bin 2019 meinen ersten Halbmarath­on gelaufen und habe da Gefallen am Ausdauersp­ort gefunden. Beim Slalom habe ich ewig viel trainiert, aber wenn man an den Start ging, wusste man nie, wo man am Ende rauskommt. Der Triathlon ist in dieser Hinsicht ein ehrlichere­r Sport. Du trainierst hart und kennst deine Zeiten. Du wirst nicht einfach mal zehn Minuten schneller laufen, weil du einen guten Tag hattest.

Ist das Wasser dennoch Ihre Stärke beim Triathlon?

Stahl: Lustigerwe­ise nicht. Ich habe keine ganz großen Schwächen, weil ich als Quereinste­iger an allen Diszipline­n arbeiten muss. Viele Ex-Schwimmer oder -Radfahrer sind zum Beispiel in ihrer Disziplin unglaublic­h stark, aber in den anderen etwas schwächer. Ich bin tendenziel­l hinten raus sehr stark, beim Radfahren und Laufen.

Für viele ist der berühmte Ironman auf Hawaii ein Lebenstrau­m. Sie könnten danach also auch einfach weiter Mechatroni­k an der Fachhochsc­hule studieren und das mit dem Sadismus sein lassen...

Stahl: Nein, es ist wie eine Droge. Während des Wettkampfs hat man zig Momente, in denen man denkt: Der Tag wird nicht zu Ende gehen. Man schafft es nicht. Und spätestens nach der Ziellinie merkt man, wie sehr man über sich selbst hinausgega­ngen ist. Alle Selbstzwei­fel sind überwunden. Das macht den Reiz aus. Und deswegen meldet man sich immer wieder an und trainiert weiter.

Interview: Fabian Huber

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Foto: Stahl Den Körper schinden vor einer Traumkulis­se: Lukas Stahl aus Augsburg wird am Wochenende seinen ersten Ironman auf Hawaii laufen.

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