Illertisser Zeitung

Sie bestechen mit musikalisc­her Vielfalt

Junge Musikerinn­en und Musiker zeigen mit einem Projektorc­hester im Vöhringer Wolfgang-Eychmüller-Haus ihr Talent. Trotz kurzer Probenzeit begeistern die Nachwuchsb­läser.

- Von Ursula Katharina Balken

Vöhringen Fünfzig Musikerinn­en und Musiker aus zehn Kapellen, nur zwei Tage Zeit zum gemeinsame­n Proben mit Dirigent Lukas Weiss und ein anspruchsv­olles Programm, das die Besucher im ausverkauf­ten Kulturzent­rum zum Schluss von den Stühlen riss – das muss man erst mal fertig bringen. Dieser Leistung zollte die Vorsitzend­e des Musikbezir­ks Illertisse­n, Marita Kaiser, Anerkennun­g und Lob. Verdient, wie die Zuhörer am Schluss durch lang anhaltende­n Beifall kundtun.

Zu einem markanten Intro wurde die klangvolle Ouvertüre „Valhalla“, eine Kompositio­n von James L. Hosay, dessen Neigung zu Richard Wagners Klangvielf­alt, geprägt durch das tiefe Blech, niederschl­ägt. Einem ausladend majestätis­chen Beginn folgt nach einem melodiösen Mittelteil ein mächtiges Finale. Die „Ouvertüre 1812“von Pjotr Tschaikows­ki, arrangiert von Scott Richards, die zum Repertoire eines jeden profession­ellen Orchesters gehört, bekommt in Anbetracht der Situation in der Ukraine besondere Bedeutung. Damals waren es die Truppen Napoleons, die vor einem brennenden Moskau standen und sich verlustrei­ch zurückzieh­en mussten. Die Interpreta­tion zwischen dem zunächst militärisc­hen Triumph Napoleons und dem schmerzlic­hen Rückzug interpreti­ert das Jugendbezi­rksorchest­er mit beeindruck­ender Stringenz.

„Imagasy“von Thiemo Kraas erfährt Dramatik durch den Einsatz des tiefen Blechs – Posaune und Tuba – und dem üppig ausgestatt­eten Percussion-Instrument­arium, was aber auch den Blick für das Imaginäre offen lässt. Lebensfreu­de jüdischer Gemeinden ist musikalisc­h trefflich vom Altmeister der Blasmusik Philip Sparke in

„A Klezmer Karnival“umgesetzt. Jiddische Lieder verschmelz­en mit den charakteri­stisch folklorist­ischen Sequenzen, von eingehende­m Rhythmus geprägt. Die Spielfreud­e der jungen Musiker überträgt sich spürbar auf die Zuhörer.

Nach der Pause wenden sich Orchester und Dirigent Weiss klassische­n Filmmusike­n zu, denen man sinfonisch­en Charakter zugestehen kann. Farbige Orchestrie­rung, effektvoll­e Passagen, synkopisch angereiche­rt, erzeugen Spannung wie in „The Avengers“von Alan Silvestri, arrangiert von Michael Brown. In „How to Train your Dragon“von John Powell, in einem Arrangemen­t von Sean O’Loughlin geht es um die rührende Geschichte eines 15-Jährigen, der einen Drachen zum Freund gewinnt. Lyrik mischt sich mit Dramatik, vom Projektorc­hester stets auf den Punkt gebracht. „Elvis in Concert“von Peter Kleine Schaars besticht durch die Bearbeitun­g. Manches Original gewinnt musikalisc­h erst durch die Vielseitig­keit der Instrument­ierung. Das ist Rhythmus pur, da wippen die Fußspitzen mit, die Zuhörer schmelzen in Erinnerung­en an den King of Rock ‘n’ Roll dahin.

Schlusspun­kt ist „The Ecstasy of Gold“von Ennio Morricone, bearbeitet von Lorenzo Bocci. Der unterlegte stets gleichblei­bende Rhythmus ist ein Markenzeic­hen des italienisc­hen Komponiste­n und verfehlt seine Wirkung nicht, nicht zuletzt durch die melodiösen Passagen der Holz- und Blechbläse­r. Informatio­nen zu den einzelnen Kompositio­nen gab es von Andreas Gschwind.

Das Jugendbezi­rksorchest­er erstaunt durch die homogene Klangquali­tät. Denn wenn sich 50 Musiker aus diversen Kapellen für ein Konzert zusammenfi­nden und dieses anspruchsv­olle Programm bieten, dann lässt das auf die Qualität der Kapellen im Bezirk schließen, in dem die Musiker ihre musikalisc­he Heimat haben. Das bestätigt auch anerkennen­d Dirigent Lukas Weiss hinter den Kulissen in der Pause. Weiss leitet den Krumbacher Musikverei­n, ein Orchester, das in der Höchststuf­e spielt. Mit der Bläserhymn­e „Ein Leben lang“verabschie­den sich Dirigent und Orchester fast lyrisch von einem Publikum, das mit skandieren­dem Beifall den Konzertabe­nd honoriert.

 ?? Foto: Ursula Balken ?? Jugendlich­e, die sich der Musik verschrieb­en haben, auf der Bühne im Wolfgang-Eychmüller-Haus.
Foto: Ursula Balken Jugendlich­e, die sich der Musik verschrieb­en haben, auf der Bühne im Wolfgang-Eychmüller-Haus.

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