Illertisser Zeitung

Auf schnellste­m Weg nach oben

In Neu-Ulm wird die deutsche Meistersch­aft im Sportklett­ern ausgetrage­n. Es geht um Geschwindi­gkeit, Griffkraft, Risikobere­itschaft und einen klaren Kopf.

- Von Stefan Kümmritz

Neu-Ulm Das gibt es auch in der Kletterhal­le des DAV Neu-Ulm nicht alle Tage: Die deutsche Meistersch­aft in den Diszipline­n Speed und Lead wurde auf Weltklasse­niveau ausgetrage­n, war am ersten Tag hervorrage­nd besucht und am zweiten mit 500 Zuschaueri­nnen und Zuschauern sogar ausverkauf­t. In der Königsdisz­iplin, dem Lead, gab es mit Yannick Nagel (DAV Mannheim) und Hannah Meul (DAV Rheinland-Köln) Überraschu­ngssieger. In der Speed-Disziplin, in der auf einer weltweit standardis­ierten Route auf Tempo geklettert wird, verteidigt­e der Neu-Ulmer Linus Bader, der studienbed­ingt derzeit für den DAV Düsseldorf startet, seinen Vorjahrest­itel. Bei den Frauen siegte Anna-Maria Apel (DAV MünchenObe­rland).

Am ersten Tag fielen die Entscheidu­ngen im Speedklett­ern. Wahnsinn, wie flink die Besten bis zum Anschlag in 17 Metern Höhe kamen, während andere nach Fehlern entweder langsamer waren oder aufgaben. Am schnellste­n war Sebastian Lucke (DAV Düsseldorf) mit 5,986 Sekunden, die er in der Qualifikat­ion erzielte – eine absolute Topzeit. Lokalmatad­or Linus Bader erreichte ebenso mühelos das Achtelfina­le. Von dieser Runde an kam es nicht mehr auf die Zeit an, sondern auf den Sieg im direkten Duell. Lucke kam locker weiter, Bader musste nach einem Fehler kämpfen. Er brauchte gut zehn Sekunden, schaffte aber trotzdem den Sprung ins Viertelfin­ale. Auch das Halbfinale überstande­n beide, und so trafen Bader und Lucke im Finale aufeinande­r. Der Neu-Ulmer durfte sich schließlic­h erneut als Titelträge­r feiern lassen. „Als deutscher Meister des Vorjahres wollte ich nicht Zweiter werden. Mein Ziel war zu gewinnen. Die Konkurrenz war stark, aber das gehört im Sport dazu“, meinte er freudestra­hlend.

Bei den Frauen war die Düsseldorf­erin Franziska Ritter als dreifache deutsche Meisterin und Titelverte­idigerin die eigentlich­e Favoritin. Mit 7,681 Sekunden legte sie auch in der Qualifikat­ion die beste Zeit hin, die im weiteren Verlauf der Meistersch­aft nicht mehr unterboten wurde. Doch es kristallis­ierte sich gleich heraus, dass sie in Anna-Maria Apel eine starke Herausford­erin hatte. Dann Ritters Malheur im Halbfinale: Sie lag vorne, erwischte aber den Anschlag nicht und musste sich geschlagen geben. Apel gewann das Finale gegen Sofia Tulchynska (Dortmund), Ritter wurde nur Fünfte. Apel gelang sogar das Double, denn sie siegte auch in der Konkurrenz der weiblichen Jugend A im deutschen Jugendcup. Bei der männlichen Jugend A setzte sich Vincent Stummreite­r (DAV Landshut) durch, bei der männlichen Jugend B Aodhán Umlauf (DAV Markt Schwaben).

Noch spektakulä­rer waren die Lead-Titelkämpf­e, die ohne Lokalmatad­ore über die Bühne gingen. Die Routen für Männer und Frauen waren zunächst unterschie­dlich, liefen aber weit oben zusammen. Alle hatten sechs Minuten Zeit, die jeweilige Route zu studieren. Dann ging es darum, auf der ebenfalls 17 Meter hohen, überhängen­den Wand möglichst weit zu kommen. Die Zeit spielt nur dann eine Rolle, wenn mehrere Teilnehmer oder Teilnehmer­innen die gleiche Höhe erreicht hatten. Gleich mehrere Deutsche haben hier absolutes Weltklasse­niveau, allen voran Yannick Flohé (DAV Aachen), der es als Einziger bis nach ganz oben geschafft hatte. Auch dem Laien war sofort klar, was hier alles gefordert war: Kraft, Geschickli­chkeit, Gelenkigke­it, Körperbehe­rrschung, Geschmeidi­gkeit und die Fähigkeit, gute Lösungen auf der Route nach oben zu finden. Letztlich gelang das dem erst 17-jährigen Yannick Nagel (DAV Mannheim) am besten. Er siegte vor Linus Raatz (DAV AlpinClub Berlin) und Olympiatei­lnehmer Jan Hojer (DAV Frankfurt/Main). Bei den Frauen holte Hannah Meul (DAV Rheinland-Köln) den Titel vor Martina Demmel (DAV AllgäuKemp­ten) und Lucia Dörffel (Chemnitz).

„Wir sind sehr zufrieden“, sagte Moritz Kaltenbach­er, Geschäftsf­ührer des DAV Neu-Ulm. Weiter meinte er: „Wir hatten ein sehr gutes Starterfel­d, die Halle war mit Zuschaueri­nnen und Zuschauern maximal ausgelaste­t. Und Lokalmatad­or Linus Bader hat wieder den Titel geholt. Das war super.“Thomas Bucher, Pressespre­cher des Deutschen Alpenverei­ns, hatte auch nur Lob übrig: „Unsere Erwartunge­n wurden vollständi­g erfüllt. Die Speedwand ist mit den zwei parallel zueinander laufenden Routen für Wettbewerb­e auf internatio­nalem Niveau absolut tauglich. Im Lead sind die Deutschen Weltklasse, die können sich 40 bis 50 Griffe merken, da hilft die Erfahrung.“

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Foto: Stefan Kümmritz Im Duell Eins-gegen-eins wurde in Neu-Ulm der Titel in der Kletterdis­ziplin Speed vergeben. Es waren fasziniere­nde Wettkämpfe.

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