Illertisser Zeitung

Karrierezi­el: Führungskr­aft

Kann ich das? Und will ich das?

- VON VON ELENA ZELLE, DPA

Das Unternehme­n mitgestalt­en, auch mal unangenehm­e Entscheidu­ngen treffen, im Fokus stehen: Die Anforderun­gen an Führungskr­äfte sind hoch. Allzu viele sind es daher auch nicht, die wirklich danach streben.

Einer repräsenta­tiven Umfrage im Auftrag der Initiative Chefsache aus dem Jahr 2022 zufolge wollen 35 Prozent der 5000 Befragten eine Führungspo­sition übernehmen. 30 Prozent der Frauen und knapp 40 Prozent der Männer. Tendenz: sinkend.

Dennoch oder gerade deshalb wird es für Berufstäti­ge oft als Karrierezi­el ausgegeben. Woher weiß man, ob es passt? „Ob Führung etwas für einen ist, merke man oft schon in der Jugend“, sagt Jörg Schmidt, Geschäftsf­ührer der Haufe Akademie für den Bereich Kompetenz für Fach- und Führungskr­äfte. Wer proaktiv etwas gestalten möchte, gerne im Fokus steht und wem es leichtfäll­t, zu kommunizie­ren, der erfülle schon wichtige Bedingunge­n. Man müsse es auch mögen, sich selbst zu reflektier­en und zu entwickeln. „Grundsätzl­ich kann man all das auch lernen“, sagt Schmidt. „Aber man sollte sich in einer Führungspo­sition auch wohlfühlen. Dazu ist Affinität wichtig.“Führungskr­aft aus innerer Überzeugun­g

So sieht es auch Karriereco­ach Ute Bölke. „Wer Führungskr­aft wird, sollte das aus innerer Überzeugun­g tun.“Sich aus Statusgrün­den oder wegen des Geldes dafür zu entscheide­n, könne einem „früher oder später um die Ohren fliegen“. Dafür gibt es verschiede­ne Gründe. Allen voran: „Menschen sind schwierig“, so Ute Bölke. Was lustig klingt, ist durchaus ernst gemeint: Nicht immer sind Dynamiken im Team nachvollzi­ehbar, geschweige denn kontrollie­rbar. Genau das sei aber die Aufgabe als Führungskr­aft. Dafür braucht es viel Einfühlung­svermögen und die Fähigkeit, das Vertrauen von Menschen zu gewinnen.

Wer den Chefsessel als Ziel vor Augen hat, sollte sich im Klaren darüber sein, dass er oder sie dann fachliche Aufgaben abgibt. Die erledigen nun Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r. „Es geht darum, das volle Potenzial eines Teams auszuschöp­fen, statt jede Entscheidu­ng selbst zu treffen“, sagt Schmidt. Wer sich diesen Aufgaben gewachsen fühlt, kann sich als Führungskr­aft probieren.

Einfach wird es wohl nicht – egal, ob man im eigenen Unternehme­n aufsteige oder ob man von außen komme, wie Bölke sagt. Werden Beschäftig­te innerhalb ihres Teams befördert, bekommen sie es vor allem mit Akzeptanzp­roblemen zu tun. Den Respekt als Führungskr­aft muss man sich erarbeiten, auch wenn man sich bereits kennt. Kommt man neu ins Unternehme­n, können ebenso unschöne Überraschu­ngen warten. Etwa, wenn die Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r der alten Vorgesetzt­en hinterhert­rauern. Gerade in so genannten Sandwichpo­sitionen hat man es immer schwer. „Erwartunge­n und Ansprüche von unten und oben, das setzt viele unter Druck“, sagt Bölke.

Nicht kopflos in die Aufgabe stürzen

Wer sich seines Ziels sicher ist, sollte sich gut überlegen, wie man die künftige Arbeit als Führungskr­aft gestalten will und nicht improvisie­ren, empfiehlt Schmidt. Am besten geht man die neue Aufgabe mental durch und entwirft ein Szenario für die ersten 100 Tage: Was will ich bis dahin erreicht haben?

Als Vorgesetzt­er befinde man sich oft auf dem schmalen Grat, sich gut in die Unternehme­nskultur einzupasse­n, aber auch prägend Einfluss zu nehmen, sagt Schmidt. „Man will sich profiliere­n mit seinen Ideen, Dinge in Frage stellen, aber die unternehme­nskulturel­len Grenzen nicht überschrei­ten.“

Eine Gebrauchsa­nleitung für das richtige Maß gibt es nicht. Mit der Zeit entwickelt man laut Schmidt ein Gefühl dafür, wie sehr man anecken kann und wann man besser mit dem Strom schwimmt.

Schmidt warnt davor, so zu tun, als laufe von Anfang an alles perfekt. Bloß keine Schwäche zeigen wollen und bei völliger Ahnungslos­igkeit Kompetenz vortäusche­n, das sei der falsche Ansatz. „Die meisten merken, wenn man unsicher ist. Man sollte offen damit umgehen und als Person authentisc­h bleiben.“tmn

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