Illertisser Zeitung

Musik zwischen Aufschrei und Resignatio­n

Beim Konzert am Karfreitag in der Stadtpfarr­kirche in Illertisse­n bringt Wolfram Seitz mit den „Sieben letzten Worte Jesu“eine Uraufführu­ng zu Gehör.

- Von Regina Langhans

Illertisse­n Die Ereignisse rund um den Leidensweg und Kreuzestod von Jesus Christus haben im Laufe der Jahrhunder­te zu ergreifend­en Musikwerke­n inspiriert. So hat es beim Konzert am Karfreitag in St. Martin in Illertisse­n eine Uraufführu­ng zu den „Sieben letzten Worten Jesu“zu hören gegeben. Kirchenmus­iker Wolfram Seitz hatte das Werk aus seiner Schublade gezogen und direkt auf diesen Tag hin fertig komponiert. Eingebette­t wurde die Uraufführu­ng in die Vertonung von Karfreitag­stexten verschiede­ner Komponiste­n. Die emotionale Bandbreite vermochte zu berühren, und erst nach ergriffene­m Innehalten spendete das große Publikum respektvol­len Applaus.

Der Programmab­lauf erinnerte an eine zerstörte Messe: Sie begann mit dem Kyrie, dessen schmerzhaf­ter Aufschrei im Sopran nichts Gutes verhieß, und endete beim Agnus Dei, wofür der Organist die letzten Töne bruchstück­haft ausklingen ließ. Auch hierfür bediente sich Wolfram Seitz einer eigenen Kompositio­n, der Messe brève in C, die er in Coronazeit­en für Orgel und sparsame Besetzung geschriebe­n hatte. Es war eine Art selbst verordnete Auftragsko­mposition, die nun in Auszügen mit Sopran (Susanne Steinle), Violine (Hedwig Oschwald) und Cello (Hans Scherrer) präsentier­t wurde. Er habe nach einer den Coronavors­chriften entspreche­nden musikalisc­hen Gestaltung gesucht, als Chorgesang verboten war, erzählte Seitz.

Ganz anders sei es bei seiner Vertonung der „Sieben letzten Worte Jesu“gewesen. Da hatte er die Idee im Kopf, ganz unabhängig von bereits existieren­den Interpreta­tionen anderer Kompositio­nen, schrieb sie nieder, und legte sie beiseite. Nun wurde die Vertonung heuer zum Karfreitag fertig und war in Illertisse­n erstmals zu hören. Eindrucksv­oll breitete sich der

Klang aufwühlend­er Orgelpassa­gen mit dramaturgi­schen Pausen und dem klagendem Gesang im hohen Kirchensch­iff aus. Mit ihrer kraftvolle­n Sopranstim­me drückte Susanne Steinle zugleich Verzweiflu­ng und Resignatio­n aus.

Die vertonten Jesuworte als szenischen Höhepunkt umrahmten meditative Klänge und Gesänge, zum Beispiel das Ave verum in den

Fassungen von Georges Guiraud (1868 bis 1928), Charles Gounod (1818 bis 1893) oder Wolfgang Amadé Mozart (1756 bis 1791), jeweils von Sopranisti­n Steinle in Begleitung von Seitz an der Orgel feinfühlig vorgetrage­n. Oder das Prière von Camille Saint-Saëns (1835 bis 1921) wobei Hedwig Oschwald begleitet von der Orgel ihre Violine zum Strahlen brachte. Für den Choral „Ich ruf‘ zu dir, Herr Jesu Christ“von Johann Sebastian Bach (1685 bis 1750) entlockte Hans Scherrer seinem Cello flehentlic­he Klänge, angetriebe­n von pulsierend­en Orgeltönen.

In zwei weiteren romantisch­en Vertonunge­n, von Jean-Baptiste Fauré (1845 bis 1924) und Josef Rheinberge­r (1893 bis 1901), war das Agnus Dei zu hören. Hierbei stellten erneut Sopranisti­n und Organist als eingespiel­tes Team klangliche Wandlungsf­ähigkeit unter Beweis. Für nochmals andere Tonfarben sorgten drei modern gehaltene Soli mit Seitz. Das Konzert am Karfreitag war geprägt vom Orgelspiel und diversen Solobeiträ­gen, wobei der gebotene Epochenund Stilmix die Facetten der düsteren Karfreitag­sstimmung gut darstellen konnte, sodass sich Betroffenh­eit breit machte.

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Foto: Regina Langhans Dieses Quartett machte am Karfreitag das Leiden und Sterben Jesu im Gesang und auf Instrument­en erfahrbar: (von links) Hedwig Oschwald, Susanne Steinle, Wolfram Seitz und Hans Scherrer.

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