Absolutistischer Zombie
Zum Leitartikel von Christian Grimm „Deutschland erfüllt seine Staatsräson nicht“vom 15. April: Christian Grimm jongliert in seinem Artikel den Begriff Staatsräson von Machiavelli zu Merkel und Scholz, ohne den Sinn dieser Tätigkeit erkennen zu lassen. Machiavellis vormoderne Ideen sollten außerhalb geschlossener Kreise keinerlei Relevanz für ein vernünftiges Demokratieverständnis haben. Immerhin ist in der Geschichte des Abendlandes die Staatsräson stets als Instrument rücksichtsloser Machtinteressen zu erkennen und hat mit menschlicher Solidarität wenig bis nichts zu tun. Nicht umsonst fehlt in der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland der geringste Verweis auf (deutsche) Staatsräson. Die ominöse Tatsache, dass der absolutistische Zombie Staatsräson als tagespolitischer Reflex von Angela Merkel für die – unbestreitbare – historische Verantwortung Deutschlands für Israel aufgetaut und von Olaf Scholz wieder aufgewärmt worden ist, dient weniger der deutschen Verpflichtung gegenüber jüdischen Mitmenschen, sondern befeuert einen zunehmend nach alttestamentarischen Motiven handelnden israelischen Regierungsund Militärapparat. Walter Benjamins Trümmerhaufen der Geschichte erreicht dank Staatsräson neue Dimensionen.
Dietmar Sigl, Stadtbergen
Keine Nibelungentreue Ebenfalls dazu:
Bei allem Verständnis für das aus der Historie entstandene Verhältnis zwischen Deutschland und Israel sollte meines Erachtens zwischen den Staaten nicht eine Situation der bedingungslosen Nibelungentreue erwachsen. Hier hat unser Altkanzler Schmidt schon seherische Fähigkeiten und damit einen gesunden Realismus bewiesen. Wer sagt uns denn, dass die Ziele der israelischen Führung immer moralisch integer und ausschließlich der Sicherheit des Landes dienlich sein werden? Angesichts der Siedlungspolitik Israels im Westjordanland und der aktuellen kompromisslosen Härte gegenüber der Zivilbevölkerung im Gazastreifen können da schon Zweifel aufkommen. Im deutsch-israelischen Verhältnis heißt es immer wieder, dass Freunde sich auch unbequeme Wahrheiten sagen können müssen. Der Druck, dem eine von immer weniger Israelis getragene Regierung in der gegenwärtigen Situation ausgesetzt ist, kann deren Blick für ein der Gesamtsituation angemessenes Verhalten verstellen. Deshalb sollten unser Kanzler und die Außenministerin viel stärker in internen Gesprächen auf eine Deeskalation der Lage hinwirken. Auf lange Sicht wird dies allen Seiten in diesem Konflikt dienen.
Rjurik Nentwig, Oy-Mittelberg
Doppelte Moral
Zu „So kauft sich Bayern Klimaneutralität“(Bayern) vom 13. April: In diesem Bericht spiegelt sich der reale Irrsinn unserer Regierung wider. Nicht nur der bayerischen, die bundesdeutsche ist auch nicht besser. Wir hängen uns das ökologische Feigenblatt um und finanzieren auf der ganzen Welt Umweltprojekte, zum Beispiel in China den Bau von bäuerlichen Biogasanlagen. Der Gipfel der Doppelmoral ist, in China den Bauern helfen zu wollen und im eigenen Land die Biogasnutzung an die Wand zu fahren. So stehen in Deutschland drei von vier Anlagen vor dem wirtschaftlichen Aus, da den Betreibern so niedrige Preise angeboten werden, dass es für sie nicht mehr rentabel ist. Dabei ist Biogas die einzige regenerative Energiequelle, die speicherbar ist und flexibel zu den Zeiten eingesetzt werden