„Es gibt ein Sommermärchen“
Florian Weber von Sportfreunde Stiller hat ein Buch über Maradona geschrieben. Er erklärt, warum der der Größte war, wieso er selber neidisch zum FCA blickt – und dass die EM toll wird.
Herr Weber, in Ihrem Buch über Diego Maradona geht es um Ihr „Leben mit dem Besten“, so der Untertitel. Wie viel Maradona steckt in den Sportfreunden? Florian Weber: Mit der Filigranität sieht es bei uns nicht ganz so gut aus wie bei Diego. Aber in Sachen Leidenschaft und Herzblut sind wir auf einer Ebene. Es ist natürlich schwer, sich mit Maradona zu vergleichen. Aber was ich an ihm als Künstler und Sportler gut finde, ist sein Anspruch, die Leute unterhalten zu wollen. Er hatte immer eine absolute Ästhetik in seinem Handeln, auch wenn er sein Leben mit vielen Ecken und Kanten geführt hat. Was das angeht, sind wir auch wieder bei den Sportfreunden: Es ist auch bei uns nicht alles perfekt und wir schlagen auch mal über die Stränge.
Sie beschreiben in dem Buch, dass Maradona auch immer ein Türöffner für Gespräche mit anderen Bands war, die ebenfalls große Diego-Fans waren. Ist Maradona ein Rock ’n’ Roll-Ding?
Weber: Natürlich, er vereint vieles aus dem Rock’n’Roll: Er ist ein Rebell, Künstler und hatte keine Angst vor Gegenwind. Er war einer der Ersten, die sich mit dem Fußball-Weltverband Fifa angelegt hat, weil er für eine bessere Bezahlung der Spieler eingetreten ist. Er war eine unglaublich kontroverse und spannende Person.
Was wäre bei den Löwen, ihrem Lieblingsverein, mit Maradona möglich gewesen?
Weber: Er war ja zumindest mal auf dem Trainingsplatz des TSV 1860, um sich als Trainer von Argentinien auf ein Länderspiel vorzubereiten. Aber da war er eher schlecht drauf. Um ihn tatsächlich als Spieler zu dem Verein zu locken, hätte man ihn irgendwie in die Irre führen müssen – so wie den ghanaischen Star Abedi Pelé, der damals bei seiner Unterschrift bei 1860 dachte, dass er bei den Bayern einen Vertrag bekommen hat.
Wie geht es Ihnen in dieser Saison als Löwen-Fan? In dieser Saison nimmt der Verein wieder einige Achterbahnfahrten.
Weber: Es ist eigentlich vieles wie immer: Zuerst spielen sie gegen den Abstieg, dann gewinnen sie ein paar Spiele, und dann träumen wieder alle von der Champions League. Und es genügen schon kleine Probleme, um die Konflikte mit Investor Hasan Ismaik wieder aufbrechen zu lassen. Man hat sich Ismaik damals als Geldgeber geholt und er wird seine Anteile nicht einfach so wieder hergeben. Ich würde mir für Sechzig einen besonnenen Menschen wünschen, der alles richtig einschätzt und den Verein in die zweite Liga bringt. Der Klub hätte es drauf, aber dieses dauernde Heckmeck ist unerträglich. Da schielt man schon ab und an neidisch zum FC Augsburg, wo das viel besser funktioniert.
Sie sind in Schrobenhausen aufgewachsen, also im oberbayerischen Randgebiet zu BayerischSchwaben. Da sind Augsburg und der FCA ja ohnehin nicht weit ... Weber: Absolut! Und ich bin eigentlich selbst total überrascht, dass ich noch nicht einmal im FCA-Stadion war. Der neue Trainer macht das richtig gut und scheint einen Weg gefunden zu haben, um die Spieler zu erreichen. Der FCA ist immer schon eine Mannschaft gewesen, die die großen Klubs ärgern kann. Als Schrobenhausener war ich oft in Augsburg, vor allem, wenn ich als Basketballer gegen das Team von Schwaben Augsburg zu spielen hatte.
Was ist denn bei der Heim-EM vom DFB-Team zu erwarten? Weber: Ich glaube, dass sich Julian Nagelsmann auf einen Plan besonnen hat. Er hat ja neulich betont, dass er von der Dokumentation der deutschen Basketball-Nationalmannschaft so beeindruckt war. Da wusste jeder genau, was seine Aufgabe war, und hat das dann durchgezogen. Am Ende waren die Weltmeister. Ich glaube, dass er sich die Truppe als Vorbild genommen hat. Und, hey: Wir haben doch auch wunderbare Fußballer. Die Idee mit Toni Kroos hat mich anfangs nicht überzeugt, mittlerweile finde ich die super. Zusammen mit einem wie Andrich, der ihm den Rücken freihält, kann das einer unserer Trümpfe werden. Wenn wir vorne jetzt noch jemanden haben, der die Tore macht, dann ist viel möglich. Ich gehe sogar so weit, zu sagen: Es wird ein zweites Sommermärchen geben.
Da fehlt dann ja nur noch die neue Hymne dazu. Liefern die die Sportfreunde mit einer Neuauflage von „54,74,90, 2010“?
Weber: Wir haben im EM-Jahr 2008 mal versucht, die Zahlen auf die bisherigen drei EM-Titel hinzubiegen. Aber das war ein ziemliches Holpern und Stolpern. Und ab 2014 kommt ja auch eine Silbe hinzu, die rhythmisch überhaupt nicht brauchbar ist. Von daher: Nein, wir drücken diesmal nur die Daumen und hoffen, dass wir was zu jubeln haben werden.
Interview: Florian Eisele