„Kein vergleichbarer Fall in den letzten Jahren“
Rund 800 Reifen sind im Gemeindegebiet von Kettershausen illegal entsorgt worden. Die Polizei geht von einem gewerblichen Hintergrund aus. Auch in der Nähe gab es zuletzt unliebsame Funde.
Wenn jemand heimlich einen Satz alte Autoreifen im Wald ablädt und sich dann aus dem Staub macht, ist das ein Ärgernis – aber leider keine Seltenheit. Doch mit einer illegalen Müllentsorgung wie jüngst in Kettershausen hat es die Polizei nicht alle Tage zu tun. Eine solche Größenordnung sei eine absolute Ausnahme: „Mir fällt kein vergleichbarer Fall in den letzten Jahren ein“, sagt Kriminalhauptkommissar Christian Lindstedt als Sprecher des zuständigen Polizeipräsidiums Schwaben Süd/West.
Die Polizei hat mitgeteilt, dass Ende der vergangenen Woche mehr als 1000 Reifen im Gemeindegebiet von Kettershausen gefunden wurden. Diese erste Schätzung wird nun, nach dem Zählen, zwar etwas nach unten korrigiert. Doch immerhin sind es laut Lindstedt noch rund 800 Reifen, die jemand verteilt auf drei verschiedene Stellen hinterlassen hat. „Man hat sie gewogen und kam auf ein Gesamtgewicht von 5,3 Tonnen“, berichtet Lindstedt. Eine Schlussfolgerung: „Wir gehen von einem gewerblichen Hintergrund aus. Für den privaten Bereich ist die Menge einfach zu groß.“
Die Reifen – nicht nur Autoreifen, sondern auch größere Traktorreifen, teils schon sehr alt und mit Verwitterungsspuren – seien in unterschiedlichen Mengen im öffentlichen Raum gelegen, an Feldwegen und in Straßennähe. Wie sie dorthin kamen? Der Transport sei gewiss „nicht im Kofferraum eines Privat-Pkw“erfolgt, sagt der Polizeisprecher: „Da wird schon ein größeres Gefährt gebraucht, ein Anhänger oder Lkw.“
Trotzdem, so scheint es zumindest, blieb die Aktion weitgehend unbemerkt. Außer der ersten Mitteilung über den Fund gingen trotz öffentlichen Aufrufs keine Hinweise
von möglichen Zeuginnen und Zeugen bei der Polizei ein. Dass tatsächlich niemand den Transport oder das Abladen beobachtet hat, sei theoretisch möglich, so die Einschätzung von Christian Lindstedt. An den Fundorten herrsche je nach Tages- oder Nachtzeit nicht viel (Fußgänger-)Verkehr.
Auffällig: In den vergangenen Wochen sind im Raum Babenhausen schon ähnliche Fälle registriert worden, wenn auch in einer ganz anderen Dimension. Im Februar hat jemand etwa ein Dutzend Reifen auf dem Firmengelände der Molkerei Ehrmann in Oberschönegg entsorgt. Im selben Monat und im März wurden weitere Altreifen aus den Herstellungsjahren 1990 bis 2000 in Babenhausen, Kirchhaslach und Klosterbeuren entdeckt. Gibt es einen Zusammenhang? Möglicherweise, sagt Kriminalhauptkommissar Lindstedt, aber konkrete Ermittlungsansätze oder Belege für eine Serie liegen aktuell nicht vor.
Der Markt Babenhausen wies in seinem März-Mitteilungsblatt auf die Umweltvergehen im Ort hin und veröffentlichte Fotos von Reifenhaufen am Naturnahen Kindergarten, an einem Supermarkt und in der Bahnhofstraße vor AltglasContainern. Und die Verwaltung machte darauf aufmerksam, dass die Kosten für die Entsorgung des „wilden“Mülls letztlich der Allgemeinheit zur Last fallen.
Diese Erfahrung musste nun auch die Gemeinde Kettershausen machen. Sie kümmerte sich nämlich um die Entsorgung der rund 800 Reifen. Laut Polizeibericht ist ihr ein Schaden im mittleren vierstelligen Bereich entstanden.
Haben verbotene Müllablagerungen
zuletzt zugenommen? Die Polizei erreichen des Öfteren Mitteilungen über Sperr- und Sondermüll in der Natur, die auch ernst genommen würden und denen konsequent nachgegangen werde. „Man kann aber nicht sagen, dass die Zahlen explodiert sind“, so Lindstedts Einordnung.
Wenn Täter oder Täterinnen ermittelt werden, müssen sie nicht nur für die Entsorgungsgebühren, die sie offensichtlich umgehen wollten, aufkommen. Sie müssen obendrein mit Bußgeldern rechnen, welche die zuständige Behörde verhängt, an die Polizei eine Anzeige übermittelt. Die Höhe hängt von der Art und Menge des entsorgten Mülls ab – sie kann aber in die Tausende Euro gehen. Im Kettershauser Fall, so der Polizeisprecher, läge das Bußgeld „bestimmt im oberen Bereich“.
Das richtige Vorgehen in Sachen Entsorgung erklärt eine Sprecherin des Landratsamts Unterallgäu: „Altreifen ohne Felgen und bis maximal 60 Zentimeter Durchmesser können gegen Gebühr am Wertstoffhof abgegeben werden. Größere Reifen und Reifen mit Felgen müssen beim Reifenhändler oder über einen Entsorgungsfachbetrieb entsorgt werden.“
Hinweise: Wer etwas zur Aufklärung des Kettershauser Falls beitragen kann, kann sich unter der Rufnummer 08331/1000 mit der Polizei in Verbindung setzen.