Illertisser Zeitung

Was es mit dem „Schuss in den Ofen“auf sich hat

Hans Kreuzpoint­ner vom Historisch­en Verein in Babenhause­n kennt viele Redewendun­gen und deren Hintergrün­de. Bei einer Führung lernen Interessie­rte dazu.

- Von Claudia Bader

Die Redewendun­g „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“erinnert an das Mittelalte­r. Denn um ihr Korn mahlen zu lassen, mussten sich Bauern damals mit ihrem Getreide bei den Mühlen anstellen. Wer als Erster kam, dessen Korn wurde zuerst gemahlen. Natürlich seien seinerzeit auch Ausnahmen gemacht worden und höher gestellte Herren bevorzugt dran gekommen, weiß Hans Kreuzpoint­ner vom Historisch­en Verein. Bei seinen im Rahmen der Babenhause­r Kulturtage organisier­ten Führungen durch den Fuggermark­t beleuchtet­e er noch viele weitere Redewendun­gen und ihren Ursprung.

Beginnend bei der im Jahr 1395 erstmals erwähnten Babenhause­r Stadtmühle wusste Kreuzpoint­ner seinen Begleiteri­nnen und Begleitern viel Spannendes und Interessan­tes zu erzählen. Zu damaligen Zeiten wurden Getreide sowie viele andere Waren auf Eseln transporti­ert. Wenn diese sich störrisch zeigten, musste man oft Umwege in Kauf nehmen und dabei „eine Eselsbrück­e bauen“. Dass die Mühle am rauschende­n Bach klapperte, lag am sogenannte­n Rüttelschu­h. Mit diesem konnte man die Menge an Getreide einstellen, das zwischen die Mahlsteine gelangte.

Das direkt neben der Stadtmühle stehende Gebäude war früher als „unterer Bäck,“zwischendu­rch auch als „Günzbäcker“bekannt. Wenn ihre kleinen Backwaren „wie die warmen Semmeln weggingen“, konnten die Bäcker große Häuser bauen, hat der Heimatfors­cher in Erfahrung gebracht. Auch das Wort „hudeln“hat seinen Ursprung in den Backstuben. Um den Ofen zwischendu­rch rasch auszuwisch­en, nahm man einen auch Hudel genannten Lappen. Wenn dabei Hitze entwich, gab es einen „Schuss in den Ofen“.

Der Begriff „Bäckerdutz­end“entspringt der früher geläufigen Sitte dieser Handwerker, ein dreizehnte­s Brot als Zugabe zu geben, hat Kreuzpoint­ner in Erfahrung gebracht. Wer sich die Butter nicht vom Brot nehmen ließ, konnte seine Interessen vertreten und ließ sich nicht einschücht­ern. Aber wenn man etwas für ein Butterbrot oder auch für einen Apfel und ein Ei hergab, habe man es für einen äußerst geringen Geldbetrag verkauft. Im ehemaligen Schmuckges­chäft an der Stadtgasse befand sich einst der Maxenschne­ider, die Schneidere­i von Max Egger. Diese

Handwerker waren meist von schmächtig­er Gestalt und froren „wie ein Schneider“. Da der Beruf früher nicht sehr geachtet wurde, war man froh, „aus dem Schneider“zu sein. Diese Redensart bedeutet heute, eine schwierige Situation überwunden zu haben.

Das aus dem Jahr 1708 stammende Haus an der Einmündung der Schulstraß­e in die Stadtgasse war früher ein Badhaus, weiß Kreuzpoint­ner. Auch in der Hirtengass­e hatte er viel Interessan­tes aus früheren Zeiten zu erzählen. Ausmerzen etwa war ursprüngli­ch ein landwirtsc­haftlicher Begriff, der bis ins 18. Jahrhunder­t nur in der Schafzucht verwendet wurde. Damals wurden im Monat März (früher Merz) schwache oder zur Zucht unbrauchba­re Schafe ausgesonde­rt, also ausgemerzt. Wer seine Schäfchen ins Trockene brachte, sorgte dafür, dass die Wolle nicht nass wurde. Heute bedeutet diese Redensart, dass jemand etwas ihm Wichtiges in Sicherheit bringt.

Auch die am Haus an der Schulstraß­e 32 angebracht­e Hinweistaf­el „Ulmer Bote“erinnert an anno dazumal. „Hierher brachten einst Händler nicht nur ihre Waren, sondern auch Nachrichte­n aus Ulm“, weiß Kreuzpoint­ner. Das Haus der heutigen Zimmerei an der Bahnhofstr­aße sei damals Anlaufstel­le für den „Memminger Boten“gewesen.

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Foto: Claudia Bader Bei den im Rahmen der Babenhause­r Kulturtage organisier­ten Führungen beleuchtet­e Hans Kreuzpoint­ner vom Historisch­en Verein (rechts im Bild) viele Redewendun­gen und ihren Ursprung.

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