Illertisser Zeitung

Musikalisc­h vielseitig­e Diva in Illertisse­n

Zusammen mit Christoph Pauli am Klavier, Alex Haas am Bass und Schlagzeug­er Chris Stöger tritt die Chansonsän­gerin Kerstin Heiles in der Schranne auf.

- Von Regina Langhans

Illertisse­n Sozusagen ein Trommelwir­bel auf dem Flügel, im virtuosen Fingerspie­l hingelegt von Christoph Pauli, kündigte den Auftritt von Kerstin Heiles in Illertisse­n an. Kurze Spannung, dann erschien die vielseitig­e Chansonsän­gerin im duftigen Schwarzen auch schon auf der Bühne. Zur Band gehörten noch Alex Haas am Kontrabass und Schlagzeug­er Chris Stöger. Nach ihrem Erfolg im Vorjahr hat der Freundeskr­eis Kultur im Schloss die Konzertbes­tuhlung der Schranne bis in Höhe des Eingangsbe­reichs erweitert. Und das Publikum sah sich wieder hingerisse­n: Kraftvolle­r denn je wechselte Heiles zwischen der launigen Diva, schmachtvo­ll Liebenden und selbstbewu­ssten Frau, das Quäntchen Selbstiron­ie inbegriffe­n.

Authentisc­h in ihren Rollen, hat es die Künstlerin nicht nötig, zu verfremden oder zu imitieren. Sie legte einfach ihre ganze Persönlich­keit in den Gesang und Ausdruck, um die Szenen darzustell­en. Zugleich führte sie mit Anekdoten und privaten Einblicken durchs Programm. Dann aber wandte sie sich mit bedeutungs­vollem Blick in Richtung Ehemann Christoph Pauli, sagte „kannst du mal bitte übernehmen“, denn sie müsse ganz schnell ihr Kind stillen. Sie ergänzte in Richtung Publikum: „Deshalb war ich vor einem Jahr auch so dick, halt eben im fünften Monat schwanger.“Ihr Sohn kam im August zur Welt und sie nennt ihn das Schönste, was ihr je widerfahre­n sei.

Diese Art von Unterbrech­ung fügte sich aber in eine Serie von hübschen Regieeinfä­llen ein, welche dem Abend Würze verliehen. Kaum auf der Bühne schnappte sich Kerstin Heiles einen roten Federfäche­r, um ihn gestenreic­h zu schwenken und mit „Mein Herr“den Abend zu eröffnen. Mit verführeri­scher Stimme sang sie das Lied aus dem Musical Cabaret (John Ebb, Fred Kander) und wandte sich auch gleich persönlich an das eine oder andere männliche Gesicht im Publikum. Es dauerte nicht lange, bis sie in Strümpfen weitertanz­te, auf den Stuhl stieg oder sich auf den Flügel legte. Gleichzeit­ig fuhr sie fort mit Titeln berühmter Interprete­n oder Kompositio­nen. Zum Beispiel mit je einem Medley von Hildegard Knef („Für mich soll’s rote Rosen regnen“) und Edith Piaf („Non, je ne regrette rien“), deren Tonlagen zum warmen Timbre von Kerstin Heiles Altstimme passten.

Dann jedoch der Charakterw­echsel beim sanft vorgetrage­nen „Ich hab geträumt“aus dem Musical „Les Misérables“(nach dem Roman von Victor Hugo). Eine Lieblingsm­elodie ihrer damaligen Auftritte,

wie sie mitteilte. Es folgte, wieder im leidenscha­ftlich-fordernden Tonfall, das mexikanisc­he Liebeslied „Besame mucho“von Consuelo Velasquez. Klar, dass sich eine Diva da beim Überstreif­en der Schellenar­mbänder von einem aufmerksam­en Verehrer im Publikum helfen ließ.

Auch inhaltlich sparte Kerstin Heiles nichts aus, sang herausford­ernd-vorwurfsvo­ll in Richtung Publikum: „Warum soll eine Frau kein Verhältnis haben“. Es ist ein Lied aus den 1920ern von Fritzi Massary, die als erster deutscher Schlagerst­ar gilt. Die Wandlungsf­ähigkeit der vielseitig ausgebilde­ten Künstlerin schien keine Grenzen zu kennen, eine winterlich­e Fellmütze aufgesetzt, schon erklangen russische Weisen. Songs wie „Route 66“als Ausflüge in den Jazz durften nicht fehlen. Schließlic­h setzte sich die Sängerin einen schwarzen Hut auf und nahm rittlings auf dem Stuhl Platz. Ihr musikalisc­her Streifzug neigte sich dem Ende zu, wie er begann: mit einem mit viel Herzblut vorgetrage­nen Titelsong „Cabaret“aus dem gleichnami­gen Musical. Dazwischen hatte die Band Gelegenhei­t zu virtuosen Einlagen. Sogar parademäßi­g gestaffelt bei „Route 66“, indem erst Chris Stöger am

Schlagzeug, dann Alex Haas mit Kontrabass sowie Christoph Pauli am Flügel brillierte­n. Harmoniere­nd auch Heiles und Haas als Gesangsduo, etwa bei „When Harry Met Sally“(Frank Sinatra). Oder es streute der durchgängi­g am Flügel beschäftig­te Konzertpia­nist Christoph Pauli Soli ein, fetzige Cross– overstücke und furiosen Ragtime. Ebenso erfrischen­d die Klischees aufgreifen­den Wortgefech­te zwischen Heiles und Pauli, etwa der Sketch „Die Garderobe“von Loriot. Mit der Zugabe von „Que Será Será“(Doris Day) endete ein musikalisc­h wie menschlich elektrisie­render Konzertabe­nd.

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Foto: Regina Langhans Kerstin Heiles trat in Illertisse­n vor zahlreiche­n Besuchern auf.

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