Harald Schmidt und Bernd Gnann eröffnen das Ulmer Zelt
Bei etwas durchwachsenem Wetter, dafür aber mit ausverkauftem Haus, startet die neue Spielzeit in der Friedrichsau. Harald Schmidt begeistert sein Publikum noch immer.
Ulm Um die historische Bedeutung des Gebäudes in der Neu-Ulmer Kasernstraße 1 weiß kaum jemand – wie auch, wenn nicht mal eine kleine Infotafel angebracht ist? Harald Schmidt persönlich bemängelte das Fehlen einer in irgendeiner Form gearteten Ehrung an seinem Geburtshaus nun bei seinem Auftritt im Ulmer Zelt. Dort teilte er sich die Bühne mit Bernd Gnann. Die beiden schwäbischen Entertainer eröffneten mit ihrem, wie sie es nennen, unvorbereiteten Gesprächsabend „Harald Schmidt schwätzt mit Bernd Gnann“die 36. Spielzeit des Ulmer Zelts, das aus diesem Anlass selbstredend ausverkauft war.
Gänzlich unvorbereitet sei der Abend natürlich nicht, räumte Gnann zu Beginn ein: „Ich mach halt mein schwäbisches Zeug.“Harald Schmidt hingegen sei mit großem Improvisationstalent gesegnet. „Bei dem funktioniert das wirklich unvorbereitet“, versprach Gnann zu Beginn der Show und sollte damit wohl recht behalten.
Natürlich, Harald Schmidt hat nun im Rentenalter den Zenit seiner Karriere bereits überschritten. Statt eigene Sendungen zu moderieren, tingelt er auf dem Traumschiff als lustiger Kreuzfahrtdirektor
Oskar Schifferle durch die Weltmeere. Und fällt bisweilen auch mal negativ auf – letzten Sommer etwa, als er ungeniert mit den umstrittenen Persönlichkeiten Hans-Georg Maaßen und Matthias Matussek auf einem Foto posierte.
Von seinem komödiantischen Handwerk hat Schmidt allerdings nichts verlernt, wie er nun auch im Ulmer Zelt bewies. Ein untrügliches Gespür für das eigene Publikum, Erzähltalent, Wortwitz und eine ordentliche Portion (Selbst)Ironie zeichneten seinen Auftritt aus. Ob das, was er gerade sagte, so vollständig ernst zu nehmen ist, war nicht immer klar.
Dem Jugendwahn jedenfalls ist Schmidt nicht verfallen. Er kokettiert ungeniert mit seinem Alter, trägt Kompressionsstrümpfe („Keine Sorge, ich trag die nur, weil ich die mittlerweile umsonst bekomm.“), spricht auch mal von seinen schuppenden Alterswarzen und gibt sich generell medizinisch interessiert. Seine Lieblingssendung sei mittlerweile das Ratgebermagazin „Visite“.
Warum, das wurde klar bei seiner Nacherzählung einer im Fränkischen gedrehten Folgen über erektile Dysfunktion. Stichwort: Benisbumbe. Das Publikum brüllte vor Lachen. Überraschend outete Schmidt sich auch als Junge-Leute-Versteher: Seine Generation, die
„Leistungsträger“, seien 21 Millionen. „Das macht die Jugend ja so fertig, dass wir wahlentscheidend sind. Ich wäre auch frustriert, wenn ich Generation Z wäre.“
Bernd Gnann, der dem Star des Abends den gebührenden Raum zum Glänzen gab, ergänzte Schmidts Humor mit seinen Nummern bestens. Viel Inspiration holte er sich dafür bei Heinz Erhardt. Auch Gnann scheute sich – sehr zur Freude des Publikums – nicht vor Albernheit. Sein Schlussstück, bei dem er mit Perücke und Kleid als Mireille Mathieu verkleidet, zu einer technisch defekten Aufnahme von „Santa Maria“Playback singt und immer wieder einen übergroßen Büschel Achselhaare hervorblitzen lässt, sorgte für so manche Lachträne im Zelt.
Ein unerwartetes Highlight: Gnanns Kumpane Igor, ein akkordeonspielender Kasache, der mittlerweile in Filderstadt lebt, machte die musikalischen Einlagen zum Genuss.
Nicht fehlen darf beim Eröffnungstag im Ulmer Zelt der traditionelle Einmarsch der vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer, die dieses mehrwöchige Festival überhaupt möglich machen. Lobende Worte für dieses Engagement fand nicht nur die künstlerische Leiterin des Ulmer Zelts, Cordula Baier, sondern auch
Martin Bendel, Erster Bürgermeister der Stadt Ulm, der zur offiziellen Begrüßung ins Zelt gekommen war. Er forderte einen großen Sonderapplaus für all die Menschen, die vor, während und nach der Spielzeit ihre Freizeit opfern, damit „dieses wunderbare Festival“stattfinden kann.
Und auch Bernd Gnann, der unter anderem als Theaterleiter auch die andere Seite der Kulturbranche gut kennt, zeigte sich beeindruckt
Zelt bietet Mischung aus Musik aller Genres und Comedy
von dem, was die Ulmer hier auf die Beine stellen. Er rief das Publikum dazu auf, das Zelt weiterhin als Zuschauer zu unterstützen. „Schauen Sie in den Spielplan. Gehen Sie auch mal zu Künstlern, die Sie noch nicht kennen. Sie werden bestimmt positiv überrascht!“
Bis zum 6. Juli bietet das Ulmer Zelt eine spannende Mischung aus Musik aller Genres und Comedy. Für viele Acts gibt es noch Karten. Dieses Wochenende stehen Brandt Brauer Frick (Freitag, 24. Mai), An Evening with Uli Jon Roth (Samstag, 25. Mai) und Florian Schroeder (Sonntag, 26. Mai) auf dem Programm.