Illertisser Zeitung

Was passiert mit den Häusern von Opfer und Täter?

Die Häuser und die geplante Rückabwick­lung ihrer Schenkung gelten als der Auslöser des Doppelmord­es von Altenstadt. Wer bekommt sie nun? Darf ein Mörder erben?

- Von Michael Kroha

Zwei Immobilien beziehungs­weise die geplante Rückabwick­lung der Schenkung dieser Häuser gelten als der mutmaßlich­e Auslöser der schrecklic­hen Tat im Altenstadt­er Ortsteil Untereiche­n. Der Sohn soll zusammen mit seiner Ehefrau den eigenen Vater und dessen Frau getötet haben. Lebenslang und eine besondere Schwere der Schuld – so lautete das Urteil für den Doppelmord am Landgerich­t Memmingen. Weil Revision eingelegt wurde, ist das Urteil noch nicht rechtskräf­tig. Wird es das, müssen die beiden mutmaßlich­en Haupttäter für viele Jahre hinter Gitter. Doch was geschieht dann mit den Häusern?

„Ein Urteil verändert am Eigentum nichts“, erklärt Jürgen Brinkmann, Pressespre­cher sowie Vizepräsid­ent am Landgerich­t. Sprich, einem verurteilt­en Mörder wird nichts weggenomme­n. Auch dann nicht, wenn Habseligke­iten der Grund für die Tat waren und/oder das Opfer sie eigentlich zurückhabe­n wollte.

Im Fall des Altenstadt­er Doppelmord­es geht das Landgerich­t davon aus, dass die Immobilien der Grund waren. Beide Grundstück­e liegen unmittelba­r nebeneinan­der in Untereiche­n. Der Vater habe die Schenkung der Häuser an seinen Sohn rückabwick­eln wollen. Der Streit darüber landete vor Gericht, der Vater klagte. Zu einer Entscheidu­ng aber kam es in der Sache nicht, weiß der Landgerich­ts-Vizepräsid­ent. Das Verfahren, das ebenfalls in Memmingen anhängig sei, gelte derzeit als stillgeleg­t. Der Gerichtssp­recher zitiert einen entspreche­nden Vermerk aus der Akte des Verfahrens, wonach der Kläger, Karl O., „gestorben“ist. Vielmehr wurde er umgebracht.

Stand jetzt ist demnach davon auszugehen, dass die beiden Grundstück­e weiterhin im Besitz von seinem Sohn Patrick O. sind, also im Besitz des mutmaßlich­en

Mörders. Schließlic­h ruht der Prozess. Zur Rückabwick­lung der Schenkung kann es also noch nicht gekommen sein. Das Verfahren hierzu kann aber laut Brinkmann von einem beliebigen möglichen Erben des getöteten Karl O. wieder aufgenomme­n werden. Eine Frist dafür gebe es nicht. So könnten die Häuser wieder in den Besitz des Getöteten gelangen beziehungs­weise in den Besitz seiner Erben. Die Schwester von Patrick O. aber sagte vor Gericht, sie habe auf einen Nachlass verzichtet, um Streitigke­iten aus dem Weg zu gehen.

Zum Kreis der Erben gehört in der Regel aber auch ein leiblicher Sohn. Also eigentlich auch Patrick O., der vor Gericht ein Geständnis ablegte. Besteht nun die Möglichkei­t, dass die mutmaßlich­en Täter ihr vermeintli­ches Ziel erreichen – und trotz der mutmaßlich­en Tat die Häuser zugeteilt bekommen? Wird das Urteil rechtskräf­tig und Patrick O. ist damit für den Tod seines Vaters verantwort­lich, gilt er laut Gesetz als „erbunwürdi­g“, erklärt Brinkmann. Damit sei er aber nicht sofort als Erbe ausgeschlo­ssen. Wenn sich kein anderer potentiell­er Erbe daran stört und dagegen Einspruch einlegt, dass er die Häuser bekommt, könnte es tatsächlic­h dazu kommen. Unabhängig davon, wie diese denken oder entscheide­n, hält Gerichtssp­recher Brinkmann es für „unwahrsche­inlich“, dass es keine anderen Erben gibt. Amtsgerich­te würden grundsätzl­ich lange forschen, um jemanden zu finden.

Bekommen könnte die Häuser übrigens auch das Kind von Patrick und Julia O. Wie aus Zeugenauss­agen im Prozess hervorging, wollte Karl O. seinen Sohn enterben und habe mit dem Gedanken gespielt, stattdesse­n sein Enkelkind einzusetze­n. Das Kind gilt laut Gericht nicht als „erbunwürdi­g“. Sollte dem so kommen, dürfte es aber ein in vielerlei Hinsicht sehr schweres Erbe sein.

Hinfällig werden all jene Gedankensp­iele, wenn es ein gültiges Testament gibt. Im Laufe des Prozesses war davon häufiger die Rede. Inwiefern die getötete Monika O., die zweite Ehefrau von Karl O., und deren Kinder eine Rolle spielen, ist unklar. Die Tochter und der Sohn sind im Mordprozes­s als Nebenkläge­rin und Nebenkläge­r aufgetrete­n. Fest steht aber: Nimmt keiner der potenziell­en Erben den Prozess zur Rückabwick­lung der Schenkung wieder auf, könnten die mutmaßlich­en Täter ihr vermeintli­ches Ziel sogar erreicht haben. Sprich: Wenn sie in vielleicht 20 Jahren oder früher oder später wieder auf freien Fuß kommen, gehören ihnen weiterhin die beiden Häuser. Verteidige­r der mutmaßlich­en Täter machten dazu mit Verweis auf das noch laufende Verfahren auf Nachfrage unserer Redaktion keine Angaben. (mit jsn/fwo)

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Foto: Karl-Josef Hildenbran­d, dpa (Archivbild) Ein Absperrban­d der Polizei hängt am Hoftor des Einfamilie­nhauses in Altenstadt-Untereiche­n. In dem Haus wurden die Leichen von Karl und Monika O. entdeckt.
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Foto: Franziska Wolfinger (Archivbild) Die Häuser von Opfern und den beiden mutmaßlich­en Tätern stehen in Altenstadt-Untereiche­n unmittelba­r nebeneinan­der.
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Foto: Zita Schmid (Archivbild) In diesem Haus in Altenstadt-Untereiche­n ereignete sich im April 2023 der Doppelmord. Fällt die Immobilie dem mutmaßlich­en Täter zu?

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