Jagdszenen aus Tieffinnland
Finland, Finland, Finland / The country where I want to be / Pony trekking or camping / Or just watching TV / Finland, Finland, Finland / It’s the country for me ... Monty Pythons Hymne auf das kauzaffine Nah-Kanada spielt sich ganz automatisch ab, sobald man sich Arto Paasilinna in die Augen oder Ohren reibt. Auch weil der Autor seine Helden immer wieder in die Natur schickt. In seinem früheren Leben war Paasilinna ein Walross. Angeblich praktiziert er dieses Tierleben auch heute noch, wenn er ein entsprechendes Bedürfnis verspürt. Paasilinna wäre ein guter Freund vieler seiner Helden geworden. Sie sind gerne draußen und äußerst empfänglich für Freiheit und Wildnis. Offenbar brutzeln diese Glückszutaten auch dem Autor auf der Seele. Gunnar Huttunen, die Titelfigur in Der heulende Müller – ein Früh-Paasilinna von 1981 – kommt Anfang der 1950er Jahre in ein nordfinnisches Dorf. Er kauft eine alte Mühle und bringt sie wieder zum Mahlen. Kommt gut an im Dorf. Leider verspielt er die mühsam erworbenen Respect-Credits bald mit seinem Spleen, Dorfleute und Waldtiere nachzuahmen. Noch nogoiger: Packt ihn der Dorfschmerz, geht er nachts in den Wald und heult. Wolf-Style. Das inspiriert sämtliche Köter der Umgebung, die Background Vocals zu übernehmen, und beschert den Leuten schlafbefreite Nächte. Der Müller kommt in die Klapsmühle, flieht in den Wald und wird gejagt, mit hollywoodigem Aufwand, einschließlich Soldaten. Das hat fast schon was vom Rambo, wäre da nicht noch eine sehr schöne Liebesgeschichte und Paasilinnas Subversiv-Humor, der die Analog-Spießer-Meute um Hunderte Jack-D.-Ripper-Längen verrückter erscheinen lässt als seine Nebenspurhelden. Akustisch animiert von Schrulligkeitsprovider Jürgen von der Lippe gewinnen vor allem die Nebenfiguren an Knallformat. Meilensteinig der Dialog zwischen Müller und Jesus-Altarbild in der Kirche, die der Müller abfackeln will. Jesus spricht dem Müller ins Gewissen, hat aber keinen Einwand gegen das Zündeln, weil ihm die Kirche eh nicht gefällt. Man möchte heulen vor Vergnügen. Arto Paasilinna:
Der heulende Müller. Gelesen von Jürgen von der Lippe. 4 CD, ca. 5 Std., www.luebbe.de