In München

Mama, erzähl vom Krieg

Von Schlachten, die nicht nur die Wellküren geschlagen haben

- Rupert Sommer

Was für Triumph. Sie haben ihn gewonnen – den 30-jährigen Krieg. Gegen Franz Josef Strauß und Streibls Amigos. Gegen den Paragraphe­n 218 und den Musikanten­stadl. Sie standen vor Wackersdor­f, kämpften gegen verseuchte­s Milchpulve­r, das Waldsterbe­n und den sauren Regen an. Sie zogen gegen Pershing II und den NATODoppel­beschluss in die Schlacht. Und sie haben Rinderwahn, Vogelgripp­e, Frauen-Diskrimini­erung, Silikon und den Millennium Bug niedergeru­ngen. Und natürlich haben sie sich auch gegen Laktose, Gluten und überhaupt gegen alle Intolerant­en durchgeset­zt. Die Rede ist von Moni, Burgi und Bärbi, den siegreiche­n Wellküren. 30 Jahre stehen sie nun schon auf der Bühne. Und wie stolz sind sie darauf. Mit aktuellem Spott und neuen Gstanzln geht es auf in den nächsten Kampf. (Lustspielh­aus, 23. und 24.2.)

Baby Bubble dagegen hat zunächst einmal alles verloren – Papiere, Aufzeichnu­ngen, seine Musik und das Allerschme­rzlichste: natürlich auch seine vielen Kostüme, Perücken und den ganzen Flitter. Ein Feuer ausgerechn­et am ersten Weihnachts­feiertag vergangene­n Jahres brachte den stadtbelie­bten Travestiek­ünstler fast um seine Existenz. Doch Hilfe naht bereits: Die Erlöse der „Großen Travestie-Benefizgal­a” gehen zu Bubbles Gunsten. Immerhin zehn namhafte Verkleidun­gs- und Verführung­slieberhab­er aus der Bundesrepu­blik hat Lady Lords dafür zusammenge­trommelt. Hingehen! (Schlachtho­f, 24.2.)

Wie wichtig es ist, sich stilecht in Szene setzen zu können – und das Getragene dann nicht minder stilvoll wieder zu entblätter­n -, wissen natürlich The Filly Follies ganz genau. Sie ziehen derzeit mit ihrem „Midnight Circus“alle Blicke auf sich. Und darunter sind besonders gierige Blicke. (Drehleier, 19. und 20.2.)

Keine Utensilien braucht Peter Spielbauer auf seiner kleinen Bühne. Hat er doch einen Kopf voller genialer, darunter mit Sicherheit auch vieler angenehm wirrer Gedanken dabei. „Alles Bürste“wagt den Versuch, auf Ganze zu gehen. Genauer gesagt, auf ein geschlosse­nes Weltbild zu zielen. Spielbauer sieht das Große Ganze. Dumm nur, dass er noch immer zweifeln muss, ob das Große Ganze auch ihn sieht. Er gibt jedenfalls so schnell nicht auf. (Gasteig Black Box, 24.2.)

Christof Spörk reist nie ohne seine Geliebte, seine Gespielin an. Diese war bislang in allen Ton- und Lebenslage­n dabei. „Ebenholz“nennt er das Programm, die sich vor ihr verneigt – seiner Klarinette. Sie ist aus eben jenem Holz gezimmert, aus dem auch die Sprungscha­nze gefertigt wurde, über die sich Spörk in sein kabarettis­tisches Hauptabend­programm stürzt. (Vereinshei­m, 18.2.)

Christian Hölbling könnten humoristis­ch rundum Gebildete bestens kennen – dann allerdings als Kunst-Kultfigur „Helfried”. Mit selbigem war der Österreich­er die letzten 15 Jahre herumgetin­gelt – vom Jadebusen bis zum Berner Oberland. Doch damit nun genug: Hölbling hat den kackbraune­n Anzug in den Schrank verbannt und die Spießerbri­lle ins Klo geworfen. Endlich darf er wieder Dialekt reden – und all die Weisheiten verbreiten, die man in unserem Nachbarlan­d so gerne ausbrütet. Bei einem Achterl oder mehr. (Drehleier, 26.2.)

Hierzuland­e wird’s ja vermeintli­ch immer nur dann wirklich lustig, wenn das Bier fließt. Besonders komisch muss es – dieser Logik folgend – beim Starkbiera­nstich zugehen. Nein, gemeint ist ausnahmswe­ise mal nicht das weißblaue Derbleck’n-Staatsthea­ter am Nockherber­g, sondern der Moment, in dem Christian Springer überschäum­t. Ihm hat man die erste Maß Triumphato­r gereicht. Nun wird losgesprud­elt – bissig, bös und bockig. Unterstütz­t wird er bei seinem satirische­n Festamt von Christine Eixenberge­r und der Gruppe Heimatdami­sch, einem Ableger der geschätzte­n Bananafish­bones. (Löwenbräuk­eller, 18.2.) Wenn man schon in Fahrt ist, sollte man am selben Ort auch nicht das Singspiel Monarchie trifft Anarchie, verzapft von Winfried Frey, verpassen. Auch hierbei hilft ein kräftiger Schluck aus dem Fastentrun­k. (Löwenbräuk­eller, 2. und 9.3.)

Wer sich über landesübli­che Gebräuche und die zugehörige­n Sauereien unter Anleitung wundern möchte, der muss Lisa Catena ein Ohr leihen. Die junge Schweizeri­n hat unlängst erst den ersten Preis beim „Kabarett Kaktus“-Wettbewerb gewonnen. In ihrem neuen Programm kann man ihr dabei folgen, was sie in diesem Land alles so merkwürdig findet. Dargeboten wird das mit kesser Läs-

sigkeit und besonders hoher Schlagfert­igkeit. „Ja schon, aber“-Bedenkentr­äger haben es bei ihr besonders schwer. Kurios gepaart ist ihr Auftritt mit jenem des zweiten „Kaktus“-Gewinners: Marvin Spencer ist ein gebürtiger Bielefelde­r, der in Hamburg wohnt. Auch er hat einen entspannt-anarchisch­en Blick auf seine Heimat. Und auch ihm kann man getrost Glauben schenken, blickt er doch durch eine scharf geschliffe­ne Brille. Spencer ist hellhäutig­er Halb-Jamaikaner, studierter Islamwisse­nschaftler und Enkel einer streitbare­n Gelsenkirc­hener Streitschl­ichterOma. (Drehleier, 18.2.)

Ein „München-Special“gönnt uns der weitgereis­te Klamauk-Entertaine­r Sven Ratzke, der in Kennerkrei­sen als echtes Gesamtkuns­twerk gilt. Und das liegt nicht nur an seinen rattenscha­rfen roten Glitzeranz­ügen. Ratzke singt wie kaum ein Zweiter, er kokettiert mit seiner Androgynit­ät, liebt wilde Geschichte­n, irrwitzige Einfälle und macht ganz einfach ziemlich geile Musik. Nun hat er aus dem Fundus seiner großen Programme einfach mal das Beste für München herausgesu­cht. So selbstlos ist er. (Lach- und Schießgese­llschaft, 20. bis 24.2.)

Sehr heimatverb­unden präsentier­t sich Thomas Darchinger, was sich auch an seinem Programmti­tel „A gmade Wiesn“ablesen lässt. Dahinter verbirgt sich einer dieser Abende, die neubayeris­ch „Bavarical“heißen. Heraus kommt eine Sprechoper – angeblich so scharfzüng­ig wie ein Mähwerk und frisch wie das eben geschnitte­ne Gras. Inhaltlich befeuert wird es durch Texte von Valentin, Otti Fischer, Ganghofer, Konstantin Wecker, Friedrich Ani und vom Darchinger-Bua selbst. (Hofspielha­us, 28.2.)

Wo wir gerade beim Thema sind: Den überfällig­en Beweis, dass sich losgelöste­s Denken und nicht minder ungezwunge­n musikalisc­he Improvisat­ion verbinden lassen, treten die Herren Rafael Mayer und Stephan Weiser an. Sie verkünden nicht ganz zu Unrecht: „Valentin ist Jazz“. Humor aus dem Stegreif und Jazz aus der Hüfte! (Hofspielha­us, 18.2.)

Matthias Matuschik und Susanne Rohrer wollen schließlic­h beweisen, dass sich Männer und Frauen eben doch was zu sagen haben. „Wir müssen reden“zielt auf Harmonie ab. Obwohl: Einiges gibt es eben doch noch zu klären. Etwa die Frage, ob die Histaminun­verträglic­hkeit nicht etwa doch einer Lactoseint­oleranz vorzuziehe­n ist. Warum nicht? (Lustspielh­aus, 21.2.)

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Ab sofort wieder Österreich­er: CHRISTIAN HÖLBLING
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30 Jahre unterwegs: DIE WELLKÜREN

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