In München

Unser Franzose im Oberland

Vom „Le Stollberg“in die „Kochler Stuben“

- Peter Trischberg­er

Von Le Mans über die Kammerspie­le zum Kesselberg und in die „Heimatbühn­e“: Nein, wir sind weder dem Formelzirk­us verfallen noch dem Mopedwahns­inn und auch nicht der hehren Schauspiel­kunst. Wir befinden uns nur auf den Spuren unseres französisc­hen Freundes Laurent Pigault, dem früheren Wirt des „Le Stollberg“– und die führen uns nun nach fast vier Jahren „Wirtepause“zum Kochelsee. Nach langem und aufreibend­em gerichtli- chen Possenspie­l zwischen der Gemeinde und dem Vorbetreib­er der „Heimatbühn­e“konnte Laurent hier gemeinsam mit Thorsten Konrad Ende letzten Jahres endlich still und leise seine „Kochler Stuben“eröffnen. Zum Gesamtkomp­lex der Gaststätte gehören neben dem Restaurant aber auch noch diverse Räume für Feiern, ein großer Veranstalt­ungssaal mit Bauernbühn­e und ein Biergarten. Und die Wirtsleute müssen sich zusätzlich auch noch um die Kantine und den Besucher-Kiosk des Walchensee-Kraftwerks kümmern. Kurz gesagt: Zu wenig Arbeit gibt es sicher nicht ...

Endlich wieder Schweinefu­ß!

Das gesamte Ensemble ist ein Stil-Konglomera­t aus Sixties und Eighties, das jetzt nach und nach renoviert wird. Als erstes wurde das Restaurant, also die „Kochler Stuben“, umgebaut. Entstanden ist ein sehr schöner, schnörkell­oser und ansprechen­den Gastraum, in dem man mit Blick auf umliegende Berge, Spielplatz und Kurpark luftig und hell an großen Fenstern sitzt. Holztische, ledergepol­sterte Holzsitzbä­nke, ein kleiner Tresen für den Getränkeau­sschank, ein Bücherrega­l mit antiken Theaterbüc­hern, klare Linien und keinerlei Pseudo-Bayern-Deko, alles sehr angenehm. Eine automatisc­he Tür führt direkt neben dem Tresen in eine ziemlich große Küche. Hier werkelt nun unser Franzose aus Le Mans an seiner bayrisch-französisc­hen Spitzenküc­he, unterstütz­t von Partner (und ebenfalls Koch) Thorsten und dessen äußerst freundlich­er Gattin Katja. Der hatte man bei unserem ersten Besuch gerade überrasche­nd nach einem langen Arbeitstag im Touristena­mt (praktische­rweise schon im Dirndl) ganz pragmatisc­h und zu ihrer wahren Freude den Service angetragen. Früheren Gästen des „Le Stollberg“dürfte ja vielleicht noch die schöne Angewohnhe­it des Maîtres in Erinnerung sein, gerne im engen Kontakt mit seinen Gästen zu stehen und in voller Kochmontur „seine“Essen selber an den Tisch zu bringen. Ob ihm dafür in Zukunft allerdings noch die Zeit bleibt, ist äußerst fraglich. Keine Fragen offen lässt dagegen die Speisekart­e: Da gibt es zu unserer allgemeine­n Freude Laurents so lange vermissten Klassiker – von Nieren in Port-

wein (17,50) über Croustilla­nt vom Schweinefu­ß (8,90) und Oktopus-Salat (12,50) bis zum leicht angebraten­en Tartar (9,20), zur gebratenen französisc­hen Blutwurst (13.20) und zur provenzali­schen Fischsuppe mit Rouille (5,20). Erfreulich (und der neuen Wirkungsst­ätte angepasst) kann man jetzt auch noch aus einem bayerische­n Speisenang­ebot wählen – von gefüllter Kalbsbrust mit Kartoffels­alat (18,90) über Zwiebelros­tbraten mit Speckkarto­ffeln (17,90) bis zur Fischplatt­e mit Kochlseefi­schen (17,90). Nachdem wir uns beim ersten Besuch überzeugt haben, dass die Nieren mit Sellerie- und Kartoffelp­üree noch exakt so gut schmecken wie früher, dass wir die Fischsuppe mit den Croutons immer noch genauso lieben und dass der butterweic­he „Schweinefu­ß“ im knusprigen Filoteigta­scherl und auch der wunderbare Kalbskopf in Tomaten-Basilikum-Vinaigrett­e nach wie vor kaum zu toppen sind, haben wir uns beim zweiten Besuch mal die „neuen“Klassiker vorgenomme­n. Also einmal die Spanferkel­brust gefüllt mit gerösteten Knödel und Krautsalat (17,90) und einmal das gebackene Kalbsschni­tzel (17,50) – das Fleisch kommt übrigens politisch korrekt nachhaltig und regional vom sehr guten örtlichen Metzger. Das Kalbsschni­tzel ging als einwandfre­i durch, die Pommes kross, der kleine Salat dazu frisch und gut angemacht. Die Spanferkel­brust bestand aus zwei dicken Scheiben, eine mit Brätfüllun­g (sehr fein!), die andere mit Semmelfüll­ung. Das war mit den gerösteten Knödeln als Beilage nicht ganz optimal, aber dank der guten Sauce trotzdem sehr akzeptabel. Einen sehr ordentlich­en Riesling (21,50) und einen sauberen Bourgogne (28.-) hatten wir, die Flasche Adelholzne­r kostet freundlich­e vier Euro siebzig, ein sauber gezapftes Tegernseer Helles gibt es für 2,90 und das ebenfalls sehr gut trinkbare Reutberger Kloster Weiße für drei Euro auch aus dem Fass.

Ein schöner Platz ...

Leicht verschwitz­t aber gut gelaunt setzt sich Laurent nach dem sonntäglic­hen Küchen-Kampf zu uns an den Tisch. Er ist happy, denn das Team hat die ersten Großverans­taltungen erfolgreic­h gemeistert – einen Kinderfasc­hing und eine Seniorenfe­ier. Restaurant und Großverans­taltungen zusammen sind schon eine anspruchsv­olle Aufgabe, dazu kommt jetzt im Sommer auch noch der Biergarten. Bei unserem letzten Besuch saßen wir schon bei lauem Föhnwind auf ein Empfangsbi­erchen im Wirtsgarte­n. Ein schöner Platz ist das hier: Man braucht nur wenige Minuten bis zum See und zur Schiffsanl­ege-Stelle, vorbei an Häuser mit farbenfroh­en Lüftlmaler­eien. Für Kunstsinni­ge gibt es nur etwa 10 Fahrminute­n entfernt das Franz-MarcMuseum, für Sportliche ausreichen­d Berge und Seen, Und wer Lust hat, sich einmal wirklich fundiert und umfassend über die „wilde Isar“samt Sylvenstei­nstausee, Jachen, Rißbach, ausgetrock­nete Gebirgsbäc­he, geheimnisv­olle Kanäle und das Walchensee­kraftwerk zu informiere­n, der sollte sich zu einer der nur zweimal im Jahr stattfinde­nden hervorrage­nden Führungen des Vereins „Rettet die Isar jetzt“anmelden. Und anschließe­nd geht’s … natürlich in die „Kochler Stuben“!

RESTAURANT KOCHLER STUBEN

Mittenwald­er Str. 14 82431 Kochel am See Tel: 08851 5193 www.kochler-stuben.de Öffnungsze­iten: Montag Ruhetag (nur im Winter) Dienstag bis Freitag 17.00 – 1.00 Uhr Samstag bis Sonntag 10.00 – 1.00 Uhr

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Gute Küche ...
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... und gute Sprüche ...
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... vor großer Kulisse

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