Von wegen Pazifik
Tahimik, Best.Doks, Bunter Hund, Deutsches, Jarmusch, Ozu
Kult. Kosmos und Alptraum heißt die (großartige) Retrospektive des philippinischen Regisseurs Kidlat Tahimik. Seinen ersten Film, Der parfümierte Alptraum (1977), über einen Jeepney-Fahrer, der von einem Flug zum Mond träumt und auf einer Europareise merkt, dass er falschen Vorbildern nachläuft, hat er in München (!) gedreht. Balikbayan #1 – Memories of Overdevelopment Redux III stellt Ferdinand Magellans Sklaven Enrique von Malakka in den Mittelpunkt, als ersten Menschen, der die Welt tatsächlich umsegelte. Es ist ein farbenprächtiges Epos, eine Studie des Kolonialismus, ein Korrektiv der Geschichte, ein Home Movie, das, was er „Indio-Genius“nennt. (Werkstattkino, ab Mo 14.3. – Kidlat Tahimik ist von 14. bis 16.3. anwesend, um sein Werk vorzustellen).
Suhartos Erbe. In jeder Hinsicht schockierend war Joshua Oppenheimers Dokumentarfilm The Act of Killing über die unglaubliche „Kommunisten“-Hatz 1965 in Indonesien, bis heute ein tabuisiertes, völlig unbearbeitetes Trauma. Noch immer müssen Angehörige und Opfer mit Demütigung und Verfolgung rechnen. In seiner bewegenden, überzeugenden, großartigen Fortsetzung, The Look of Silence, wagt es der jüngste Bruder eines damals brutal Ermordeten, das Schweigen zu durchbrechen, fragt die Täter und deren Familien – in einem Land, in dem die Mörder noch immer an der Macht sind. Ist der starke Auftakt der Reihe Best.Doks – Unrecht braucht Zeugen von Human Rights Watch und ARRI Kino. (Mi 9.3.)
Das unabhängige Kurzfilmfestival Bunter Hund versammelt 57 Kleinodien aus aller Herren Länder. In den vier Wettbewerbsprogrammen „Heimat“, „Helden wie wir“, „Arbeit ist das halbe Leben“und „Liebe und andere Grausamkeiten“buhlen sie um die Gunst der Zuschauer. Das Publikum entscheidet, wer den begehrten „Hasso“-Preis bekommt. Dazu gibt’s schräge Raritäten, „Trash und Sonderbares“und „Kurzes für Kurze“, ein Sonderprogramm für den Kino-Nachwuchs ab 6. (Werkstattkino, Do 10. bis So 13.3.)
Die Reihe Deutsche Filme 2015 blickt zurück aufs vergangene Kinojahr. Mit dabei Der Staat gegen Fritz Bauer, das Drama um den Frankfurter Staatsanwalt, der, im horriblen Wirtschaftswunder-Deutschland Eichmann vor Gericht bringen will. Oder Rosa von Praunheims beeindruckendes Doku-Drama Härte, das die unglaubliche Geschichte von der Selbst-Rettung des Ex-Zuhälters, Ex-Millionärs und Karate-Meisters Andreas Marquardt erzählt, dessen Kindheit die Hölle war. (Filmmuseum, ab Fr 4.3.)
Im Filmmuseum startet auch eine Ozu Yasujiro Retrospektive. Seine realistischen, faszinierenden Filme, die das Leben des japanischen Kleinbürgertums schildern, haben Generationen von Filmemachern geprägt. Studentenklamotten, Gesellschaftskomödien, Melodramen. „Der japanischste aller Filmregisseure wurde er immer wieder genannt, inzwischen hat er Kurosawa und Mizoguchi hinter sich gelassen und sein Werk ist beispielhaft geworden fürs Kino, seine Möglichkeiten und seine Modernität. Ein Glücksfall” notiert Fritz Göttler im Programmheft. (Ab Fr 4.3.)
Jim Jarmusch war einst Kult. Filmtitel wie Permanent Vacation (1980), der das Lebensgefühl junger Leute in der Lower East Side widerspiegelt, oder Stranger Than Paradise (1984), eine Liebeserklärung an das Rumhängen, waren für Teile der Neuen Deutschen Jugend vorbildhaft. Kann man überprüfen, bei Jim Jarmusch: Filmische Resonanzkörper, im Filmmuseum, ab Mi 9.3.
Doku.Fans müssen hinaus nach Bad Aibling. Da läuft die nonfiktionale, das Festival des dokumentarischen Films, zum Thema „über:ich“. Vier Tage lang, vom Do 3. bis So 6.3. (www.nonfiktionale.de)