Albena Dimitrova
Wiedersehen in Paris
(Wagenbach)
Der Dritte Weg. Sie ist 17. Er ist 55. Alba geht zur Schule. Guéo arbeitet für die Regierung. In Sofia. 1988. Begegnet sind sie sich in einer Klinik. Er hat sie umsorgt. Ihr hat es gefallen. Er wollte sie mit seinem Sohn verkuppeln. Das konnte nicht klappen. Es gab da, von Anfang an, ein Einverständnis, Berührungen, von Guéo abgestritten, einen ersten, fast zufälligen Kuss. Nun sind sie zusammen. Guéo hat eine erste und eine zweite Ehefrau, eine offizielle Geliebte, Privilegien, Macht. Arbeitet an einem Plan zur Rettung der Partei, an einer Reform des Kommunismus, um dem drohenden Kapitalismus zu widerstehen. Aber Guéo ist in Wahrheit ein Wolfskind, voller Narben. Und Alba erinnert sich. An Dinge, Orte, Menschen (den General, den polyglotten Diplomaten, den Freund aus französischem Adel, die Frauen), an Guéos Haut, seine Berührungen, Sätze, Szenen – die Leidenschaft, die Verletzungen, die Verluste. Mit einer Stimme, fragmentarisch erzählt. Vielfach übersetzt: Von der Körpererfahrung in Worte, vom Bulgarischen ins Französische, vom imaginären Einst ins verschriftete Jetzt. Traum und Traumata. Selbstverständigung. Über die eigene Herkunft. Über die Begegnung mit dem einen Anderen, der einen begleitet, ein Leben lang.