Raus aus der Gruft
Alte Bekannte wollen es nochmal wissen, der Nachwuchs steht in den Startlöchern
Mit dem portugiesischen Solokünstler David Santos, der sich hinter dem Projektnamen Noiserv verbirgt, stellt sich einer der interessantesten europäischen Musiker vor, dessen Indie-Pop-Miniaturen mit bekannten Acts wie Get Well Soon, Woodkid, Sufjan Stevens oder Yann Tiersen vergleichbar sind. Bei seinen Soloshows arbeitet Noiserv mit einer Loop-Station und ersetzt damit fast ein kleines Orchester. Nun ist sein aktuelles Album „Almost Visible Orchestra“, kurz „A.V.O.“auch in Deutschland erschienen und enthält vier BonusTracks, darunterein Duett mit dem französischen Elektrokünstler Cascadeur, der vor Kurzem mit dem „französischen Grammy“, dem Victoire de la Musique, für das beste Elektroalbum ausgezeichnet wurde. (8.3. Milla)
Ike & Tina Turner sind Geschichte, hier kommen King Khan & The Shrines: Psychedelic Soul steht auf dem Programm, wenn zu funky Gitarren und treibenden Soul-Bassläufen die Afros geschüttelt werden, hier wird abgetanzt bis zur Erschöpfung. Zusammen mit den Dap Kings teilen sie sich die Neo-Soul-Krone und bringen alte Musik im neuen Gewand auf die Bretter. Knallige Bläsersätze runden das Bild von einem der groovigsten Ensembles ab, das man zurzeit erleben kann. (9.3. Feierwerk Orangehouse)
Progressive Rock oder Filmmusik: Die Alben der Band Get Well Soon um den Komponisten und Sänger Konstantin Gropper sind stets ausladende, harmonisch ausgearbeitete Kunstwerke im Breitwand-Format. Nicht umsonst wird Groppers Musik immer wieder gerne für Cineastisches verwendet. Die Melancholie seiner Kompositionen erreichte beim vergangenen Album den düsteren Höhepunkt, da ging es um nichts anderes als den Weltuntergang. Und jetzt kehrt die Band mit einem Gegenschlag zurück: Die neue Platte „Love“ist Groppers „Pop-Platte“und er zieht hier als Songwriter alle Register. Wer die nächste Divine Comedy nicht mehr erwarten kann, wird hier getröstet. Support: Inner Tongue (11.3. Muffathalle)
Das zweite Album der Savages trägt den kraftvollen Namen „Adore Life“verehre das Leben. Nun hat das britische Damen-Quartett ihren Postpunk perfektioniert, das Album wirkt noch dynamischer und wurde von dem ElektroDJ Trentmöller gemischt. Gut hören kann man das auf der Single „The Answer“, die wie eine Kreissäge auf das Publikum losgelassen wird oder in „Sad Person“, das klingt, als hätten die Savages den Song Ende der 80er Jahre in Berlin geschrieben, nachdem sie eine Nacht lang mit Nick Cave versumpft sind. Zwar hatten sie auch schon auf dem Debüt „Silence Yourself“Stücke wie „Shut Up“und „Husband“, die dafür geschrieben waren, auf der Bühne live zu explodieren, die neuen Songs
werden den Ruf als eine der besten Livebands Europas trotzdem nochmal toppen. (11.3. Strom)
Eigentlich sollten The Sisters Of Mercy schon im Oktober antreten, doch dann ereilte Sänger Andrew Eldritch eine Kehlkopfentzündung. Die legendäre Gothic-Rock-Band aus den Achtzigern hat seit 1990 kein neues Werk und insgesamt nur drei Alben veröffentlicht. Die Sisters treten nur noch live auf, was ungefähr so aussieht: Zunächst einmal darf man davon ausgehen, dass sehr viel Trockeneisnebel in die Hallen geblasen wird. Ohne dieses Markenzeichen schreiten weder die Gitarristen Chris Catalyst und Ben Christo, noch der Großmeister persönlich ins Rampenlicht. Dann werden die alten Hits wie „This Corrosion“, „Temple Of Love“und „More“gespielt, fast neue Songs, die auf keiner Platte vertreten und doch schon zehn Jahre alt sind, und schrille Coverversionen. (12.3. Tonhalle)
Auf seinem aktuellem Album „Written In Scars“wurde dem Sänger Jack Savoretti erstmals der musikalische Einfluss seiner Familie bewusst: die Mutter hörte The Eagles, Crosby, Stills & Nash und alles von Motown, als er noch klein war, der Vater hingegen spielte hauptsächlich italienische Musik aus den 60er und 70er Jahren. Beeindruckenden ist nun die lockere Natur der eigenen Songs, die weitgehend von Percussions getrieben werden. Vorbei sind Savorettis Tage als Minnesänger, obwohl seine leidenschaftliche Stimme weiterhin zu hören ist und mitunter mutiger wirkt, als je zuvor. Schöne Sache. (13.3. Strom)
Aus dem Nichts tauchte der in London lebende Australier Josef Salvat im vergangenen Jahr mit drei Songs im Internet auf, die sich über die sozialen Netzwerke wie ein Lauffeuer verbreiteten. Seine ersten Kompositionen, „This Life“, „Hustler“und „Every Night“, erwiesen sich als atemberaubender Spagat zwischen dunkel gefärbter Elektronik, großen Pop-Hymnen und einer textlichen Intimität, die den Hörer berührt. Der britische Guardian bezeichnete Salvat als „Gotye des Jahres“. Andere Medien beschrieben ihn als eine „Mischung aus Morrissey und Lana del Rey“. Stimmt alles und nichts, am besten hingehen und sich selbst überzeugen. (15.3. Strom)
Und nochmal zurück in die Achtziger, zurück in die Gruft: mit Fields Of The Nephilim treten weitere sehr bekannte Vertreter des Gothic-Rocks an, auch hier ist wieder Nebel, dunkler Gesang und deftige Lautstärke mittels Drumcomputer angesagt. Kleine Eigenheit: die Herren traten immer in langen Italo-Western-Mäntel auf, die mit Mehl bestäubt waren. Ansonsten beeinflussten Mythen und Legenden, Schamanismus, Chaosmagie und die Arbeit von Alesiter Crowley die Texte der Band. Musikalische Elemente des Gothic-, Hard- und Psychedelic-Rock, die durch den unverwechselbaren Gesang von Carls McCoys untermauert werden, bestimmen den Sound. (17.3. Backstage Werk)
Und auch von Münchner Bands ist wieder einiges geboten: Das Punk-Duo Thee Milkmen klingen mal wie Garage Trash, mal wie Yellow Submarine. Fast keine Nummer dauert länger als 2.30 Minuten und kommt wie aus der Pistole geschossen. Der Sound geht ziemlich ab, „Billy Childish meets The Beatles“sozusagen. (8.3. Glockenbachwerkstatt)
Ein schönes Package hat sich das No Wave-Duo G.Rag/Zelig Explosion zur Plattentaufe eingeladen. Gut Ding hat Weile, aber nun ist das Vinyl von „Tanz NoWave“draußen, karg und reduziert klingt es, New Wave, Post Punk und auch mal Minimal Trash sind hier zu hören. Als Gäste kommen die 4 Shades und The Grexits dazu und bringen griechischen Punk und psychedelischen Blues mit. (4.3. Import Export)
Hamburg meets München: Die hanseatischen Garagenrocker von The Last Things treffen auf die neuen Münchner Indie-Glam-Rocker FUCK YEAH. Erstere haben beim Münchner Flowerstreet-Label veröffentlicht, letztere gerade ihr erstes Album eingespielt. Zusammen begeben sich die beiden Bands auch noch für zwei Gigs auf Landpartie (11.3. Hirsch/Lindenberg und 12.3. Ladenbergen/Bergen) aber zuerst ein Abend für Freunde der lauten Stromgitarre mit Blick auf die Sonnenstraße in der Landeshauptstadt. (10.3. Cord)