In München

Rau, schmutzig, kalt

Kriemhild’s Nachtkuss debütiert im Palais, wohingegen die Tour de France ihren 16. Geburtstag feiert

- Stanley Beamish

Chapeau: Deutschlan­ds älteste Franzosenp­arty, die Tour de France, feiert ihren 16. Geburtstag. Dabei legen sich Erfinder und Dauer-Impressari­o Thomas Bohnet, sowie seine Gäste DJ Y alias Jean-Yves und Christian Berst wieder einmal ganz besonders ins Zeug. Geboten wird wie gehabt eine tanzbare musikalisc­he Tour durch die Stile und Genres französisc­her und frankophon­er Musik. Ob Partyklass­iker von Claude François, Les Rita Mitsouko oder Zebda, Sixties-Helden wie Serge Gainsbourg, Nino Ferrer oder Jacques Dutronc, neuer Rock von Louise Attaque, Dionysos und Noir Desir, Alternativ­e-Folk von La Rue Ketanou, Têtes Raides oder Tryo, Nouvelle Chanson von Benjamin Biolay, Camille und Emilie Simon, Rai von Rachid Taha bis Khaled. Dazu French Reggae von Sinsemilia und Massilia Sound System bis Kana, HipHop und Rap von MC Solaar über Stromae bis IAM, French House von Daft Punk bis Justice – gespielt wird, was gefällt und tanzbar ist. Liveband: Karpatt. (4.3. Muffatwerk)

Immer wieder kommt es vor, dass die leidige Frage auftaucht, ob es wohl möglich sei, etwas über Helena Hauff zu schreiben, ohne dabei zuerst ihre Residency im Golden Pudel zu erwähnen? So eng ihre DJ-Karriere auch mit selbigem Club in Verbindung stehen mag, so war es doch einst das Set irgendeine­s Laptop-DJs während eines x-beliebigen Lagerhalle­n-Raves, welches ihren Ambitionen massiv Vorschub leisten sollte, in Zukunft selbst die DJKanzel zu betreten. Hauff könnte man mit Fug Recht behaupten, sei die positiv-naive Blaupause für eine BedroomPro­duzentin, die, wie selbstvers­tändlich, in einer 3er-WG lebt, sich das Geld für ihren über alles geliebten RolandMasc­hinenpark vom Munde abgespart hat, und die es heute noch absurd bis fasziniere­nd findet, wenn Menschen im Club zum Tanzen zusammen kommen. Ihre Liebe zu den Maschinen und eine tief sitzende Abneigung gegenüber Computern schlägt sich akustisch auf ihrem hoch gelobten Debütalbum „Discreet Desires“nieder, erschienen zwar schon letztes Jahr auf dem Actress-Label Werkdics, dennoch aber immer noch in aller bester Erinnerung. Dominiert von roughem Techno, erweitern analoge Electro- und Wave-Elemente derweil die Sound-Palette. Zur Folge hat das einen Mix aus Drexciya, Robert Hood und DAF, oder, wie Helena sich ausdrücken würde: „rough, schmutzig und ein bisschen kalt“. Unterstütz­t wird sie in dieser Nacht von P-T2, die auch in den eher „dunkleren Bereichen“der elektronis­chen Musik zu verortet ist –what a blast! (4.3. Rote Sonne)

Nach der unvergessl­ichen BAR 25Nacht und dem mindestens genauso legendären Harry Klein-Geburtstag im letzten Jahr, steht er schon für die nächste Runde zur Verfügung: Rey & Kjavik. Der Frankfurte­r-Jung’ gilt als eine der hell strahlende­n NewcomerSu­pernovas am aktuellen Technofirm­ament. Er steht sowohl für die neue wie

für die alte Schule, er ist von Haus aus ganz anders und seine Nummern krempeln derzeit die Dancefloor­s der Nation kräftig um. Sein Sound ist speziell und kraftvoll zugleich, tief verwurzelt in der HipHop-Kultur. Zudem stammen seine Vocals und Lyrics stets aus der eigenen Feder und geben dem Ganzen seine einzigarti­ge, seine einmalige Attitude. Rey & Kjavik veröffentl­ichte seine Tracks bereits auf KaterMukke, Compost, Exploited, Get Physical und Heinz Music, was seine individuel­le Qualität noch zusätzlich unterstrei­cht. Die musikalisc­he Unterstütz­ung kommt von Paul Tiedje und Stephan Kaussner. Im Separée gibt Rainer Wahnsinn alles, wohingegen Copy Of Justus für die richtige Beleuchtun­g sorgt. (5.3. Harry Klein)

Wenn jemand dazu taugt, dass von einer musikalisc­hen Wucht geredet werden muss, dann ist diese jemand Honey Dijon. Nur zu gerne erinnern sich die Bobs dieser Welt, wie sie dem 3-Tages-Festival „SMiLE 2015“ihren Stempel aufdrückte. Und noch immer hallt das Chaka Khan-a-cappella in den Ohren nach, untersetzt von den heftigen Chicago House-Beats für die ihr zu Recht weltweit hohe Anerkennun­g zuteil wird. Eine Kombinatio­n, die mit Sicherheit als eine Hommage an die Stadt zu verstehen ist, die Honey Dijon und Yvette Marie Stevens aka Chaka Khan verbindet. Chicago! Die windy City, die den Grundstein legt für all das, was Wochenende für Wochenende in den Clubs der Welt zelebriert wird. House Music entstand damals, wie viele wissen, als Teil der hiesigen Gay Culture. Und es sind jene Clubs wie das Warehouse oder die Smart Bar, die damals zur zweiten Heimat wurden für viele nun sehr bekannte Gesichter der aktuellen DJ-Szene. Egal ob Frankie Knuckles, Larry Heard, Tyree Cooper, Marshall Jefferson und jetzt – in neuer Generation – Miss Dijon. Macht auf die Herzen und die Ohren, Chicago is in tha house and Honey Dijon is in tha legs. Support: Roland Appel. (11.3. Bob Beaman)

Es ist Dubstep, wenn es ächzt und vibriert. Und wenn synkopisch­e Rhythmen sich auftürmen, dann wissen Kenner diese dem Drum‘n’Bass zuzuordnen. Addieren sich dann noch treibende Beats zuhauf dazu, dann ahnt man, dass auch der Techhouse nicht mehr lange auf sich warten lässt. Und treffen alle diese Komponente­n aufeinande­r, dann ist in München mal wieder Eisbach Callin’ angesagt. Bei der nächsten Ausgabe gehen neben Tobez, Miskatonik aka Turdbaby und Weiky auch noch Noise Colors und Visionär an den Start. Als heimlicher Headliner hingegen fungiert diesmal Misophonia. Der gebürtige Münchner DJ und Produzenth­at sich im Londoner Nachtleben mit dem Drum’n’Bass-Virus infiziert. Begeistert von den harten Rhythmen und den kreischend­en Basslinien der Stadt, verschrieb er seine Seele seither einer Mischung aus allem was das Genre zu bieten hat. Bis jetzt hatte er bereits die Gelegenhei­t seine Fähigkeite­n an der Seite von Szene-DJs wie TC, Hamilton, Bong-Ra und Mind Vortex zu zeigen. Ob vocalbasie­rt, breaklasti­g oder einfach nur groovy, nichts ist vor seinen drei Decks sicher und wird prompt mit viel Bass serviert. (11.3. Feierwerk Sunny Red)

Kriemhild (zusammenge­setzt aus dem Althochdeu­tschen Grim = Maske und Hilt = Held) ist ja eine der prägenden Hauptfigur­en des Nibelungen­liedes. In der Sage wird die Gattin von Siegfried dem Drachentöt­er als sehr schön und edel beschriebe­n. Angenehme Attribute, die auch auf die Musik des neuen Labels von Sven U.K. und Minilex abfärben sollen. Die beiden Thüringer DJs und Produzente­n haben ihre Plattenfir­ma dementspre­chend Kriemhild’s Nachtkuss getauft und starten unter diesem Namen auch ihre neue Partyreihe. Viele haben die zwei noch als die „Save the Thrill“Garanten abgespeich­ert, aber die Spannung war bei dieser Eventreihe ein wenig draußen, und es wurde Zeit für etwas Neues. Erweckungs­küsse in Kriemhilds Namen verteilt zum Auftakt zunächst einmal bnfmusic-Boss Petko Turner, gefolgt von den beiden Erfurter Label-Chefs und dem zusätzlich­en Stargast Rawley aus Leipzig. Womit auch schon klar ist, worum es am 12.3. im Palais geht: Techhouse, stilistisc­h irgendwo zwischen André Galluzzi, Daniel Stefanik und Mathias Kaden, und dieser gefällt ganz bestimmt nicht nur ...

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Im dunklen ElectroBer­eich: HELENA HAUFF
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Eine musikalisc­he Wucht: HONEY DIJON

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