In München

Kleines Format, großer Geschmack

Das Noun steht für gehobene Küche ohne SchnickSch­nack mitten im Viertel

- Rainer Germann

Was passiert, wenn sich in einem Stadtviert­el aufgrund der exorbitant­en Mieten nur noch Restaurant­s, Bars und Boutiquen ansiedeln? Gastronomi­sch wird es zuerst einmal eher beliebig: Nach Sushi und Currywurst kommen Burger und Burrito – Futter für Menschen, die sich mit Bierflasch­en durch die Straßen wälzen, von der von Bryan Ferry einst besungenen „In Crowd“soweit entfernt wie der Mond. Auch rund um den Gärtnerpla­tz war bis vor einigen Jahren kulinarisc­h eher wenig geboten außer dem bereits erwähnten Fast Food und ein paar mehr (Burg Pappenheim, Mai) oder weniger (Monaco, Joe Penas) gelungenen Klassikern internatio­naler Küche. In letzter Zeit tut sich hier wie im benachbart­en Glockenbac­hviertel parallel zum Zuzug eines zahlungskr­äftigen und anspruchsv­ollen Publikums einiges mehr in Sachen gehobener und individuel­ler Gastronomi­e. Ein gutes Beispiel ist jetzt das Noun in der Buttermelc­herstraße, wahrschein­lich können sich nur noch wenige an die berühmte Carla erinnern, die hier bis in die Nullerjahr­e für ihre zahlreiche­n lesbischen Freundinne­n einen kultigen Stehaussch­ank betrieb, der über die (Bundes)Landesgren­zen hinaus berühmt und berüchtigt war. Zumindest an Fasching durften auch das „normale“Volk hier feucht-fröhlich feiern, tempi passati. Danach war eine Bar (Gamsei, überteuert­e Drinks) und ein Veganer (Name vergessen) angesiedel­t. Nun also das Noun.

Saisonal und internatio­nal

„Gutes Essen kann nur aus guten Zutaten bereitet werden“, das ist die Devise von den Betreibern Matthias Hermichen und Tobias Drasch, beide sind gelernte Köche und Gastroprof­is mit Stationen wie Königshof, Inselmühle, Schmock und Lenbach. Bewusst hätten sie sich für ein „kleines Format“mit einem persönlich­en Bezug zum Gast entschiede­n. „Wenn wir unsere wöchentlic­h wechselnde Speisekart­e zusammenst­ellen, achten wir nicht nur auf beste Qualität, sondern auch auf die Jahreszeit­en und lassen uns dabei als kreatives i-Tüpferl von den unterschie­dlichsten internatio­nalen Einflüssen inspiriere­n.“Das ist doch mal eine Ansage, nachzulese­n auf der Homepage. Zeit für einen Hausbesuch. Reserviere­n ist hier angebracht, zumindest am Wochenende, das kleine Restaurant hat nur rund 30 Plätze. Viel Holz und Kerzenlich­t, der Jazz-SoulLounge-Mix ein bisschen laut, zumindest am frühen Abend, wenn das Lokal noch leer ist, ab 20 Uhr sind dann alle Plätze besetzt. Matthias macht den Service, unterstütz­t von eine netten Dame, die fließend mit der Inhaberin der um

die Ecke angesiedel­ten Weinhandlu­ng Camino del Vino in Spanisch parliert. Man kennt sich, großes Hallo, alles sehr familiär, viele Stammgäste, trotz der Tatsache, dass das Noun erst im letzten Oktober eröffnet wurde. Ein gutes Zeichen, es kann losgehen.

Klassiker mit i-Tüpferl

Auf der wechselnde­n Wochenkart­e stehen sechs verschiede­ne saisonale Vorspeisen (großer Teller 25 Euro/vegetarisc­h 23), vier einzelne Vorspeisen (7,50 bis 16), drei Hauptgeric­hte (22 bis 29) und drei Nachspeise­n (7 bis 9). Empfehlens­wert ist es, das 3-Gänge-Menü für 34 Euro zu wählen, dieses kann man sich dann individuel­l aus dem Angebot zusammenst­ellen (jeder weitere Gang 9 Euro). Gesagt, getan: die Wahl fiel auf eine Fenchelsch­aumsuppe mit Chorizo und ein Tartar vom Rinderfile­t als Vorspeise, dazu ein Riesling von Van Volxem (0,1 zu 5,20) und ein Sauvignon Blanc Mount Nelson von Antinori aus Neuseeland (6,50). Der Riesling zur bestens abgeschmec­kten Suppe passte wie erwartet sehr gut, das

Tatar mit Koriander und Avocadocre­me, ein Genuss, der Sauvignon zwar üppige neue Welt, aber zum Glück kein Barique-Verbrechen. So kann es weitergehe­n: der perfekt gegrillte Oktopus war innen zart wie auf den Punkt gegarter Fisch und von bester Qualität, das Zuckerscho­ten-Risotto dazu schön cremig, trotzdem noch mit etwas Biss im Korn. Eine perfekte Kombinatio­n, bei beiden Komponente­n kann man eine Menge falsch machen (was nicht nur hierzuland­e, sondern auch rund ums Mittelmeer auch öfters passiert). Der Tobias kann‘s, das steht schon mal fest. Ebenfalls nichts zu wünschen übrig ließ auch das Lammkarree mit Portweinju­s, mediterran­em Ofengemüse und Kartoffelg­ratin, ein Klassiker, bestens zubereitet. Dazu gesellten sich ein Eco Rosado von Binigrau auf Mallorca (6,50) zum Oktopus und ein Poggio ai Ginepri von Argentiera aus der Toskana (6) zum Lamm, passte wieder bestens, den Rose muss man sich merken. Überhaupt kann sich die gute internatio­nale Weinauswah­l sehen lassen und ist auch handelsübl­ich für die Gastronomi­e kalkuliert. Zum Dessert gab es ebenfalls Klassiker, die auch für Applaus sorgten: einmal Schokolade­ntarte mit Erdbeer-Rhabarber-Sorbet und eine Crème brûlée mit Sauerkirsc­hen. Ein Espresso (1,90) und ein Williams (4,50) beschlosse­n einen sehr gelungenen Abend.

Fazit: Alle Speisen waren hervorrage­nd zubereitet, schön angerichte­t ohne Firlefanz und von bester Qualität bei gutem PreisLeist­ungsverhäl­tnis. Matthias und Tobias betreiben ihr kleines Lokal mit großer Leidenscha­ft, das merkt man an Küche, Weinauswah­l und Service. Bitte mehr davon, so kann Gentrifizi­erung auch Spaß machen.

Noun

Buttermelc­herstraße 9, 80469 München Tel.: 089/23 23 26 80 Montag bis Samstag 17 bis 24 Uhr www.noun-muenchen.de

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Leidenscha­ftliche Gastronome­n: Matthias und Tobias
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Kleines Lokal, großer Genuss

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