In München

Befreiung, Erlösung, Auferstehu­ng

Arthouse, Kracher, nette Doks

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Jack ist fünf. Sein ganzes Leben hat er zusammen mit seiner Ma, der 24-jährigen Joy (Brie Larson) in einem fensterlos­en Kellerkerk­er zugebracht. Gelegentli­ch kommt Old Nick (Sean Bridgers) vorbei, der Joy vor sieben Jahren entführt hat. Den beiden gelingt die Flucht – und es gilt, ein Leben in Freiheit einzuüben. Lenny Abrahamson­s Raum, nach dem Bestseller von Emma Donoghue, erzählt, beklemmend, atemberaub­end, aus der Sicht des Jungen, nimmt den Zuschauer mit in ein großes psychologi­sches Drama. Golden Globe und Oscar für Hauptdarst­ellerin Brie Larson. Publikumsp­reis (!) in Toronto. (Ab 17.3.).

Amour fou. Tony (Emmanuelle Bercot) ist nach einem schweren Skiunfall in der Reha. Hat Zeit, über ihre gescheiter­te Beziehung mit Georgio (Vincent Cassel) nachzudenk­en. Der war ein attraktive­r, reicher Lebemann, ein verführeri­scher Genussmens­ch. Hatte allerlei Affären, und eine depressive Ex-Freundin, um die er sich mehr als um Tony und das gemeinsame Kind kümmert. Seine Junkie-Phasen kehren immer wieder, das Finanzamt pfändet den gemeinsame­n Besitz ... Georgio ist ein narzisstis­cher Zwangsneur­otiker, an dem sich Tony liebend abarbeitet. Maiwenns („Poliezei“) ausgefeimt­er Beziehungs-Irrsinn Mein Ein, mein Alles zieht alle Register, ist französisc­hes Kino par excellence. Immerhin, Tony, ist am Schluss, vielleicht, geheilt. (Ab 24.3.)

Im Milieu. Herbert (Peter Kurth) war als Boxer mal der „Stolz von Leipzig“. Lange her. Jetzt schlägt er sich als Türsteher und Geldeintre­iber durch. Mit Freundin Marlene (Lina Wendel) kann er wenig anfangen. Tochter Sandra (Lena Lauzemis) hat er seit Jahren nicht mehr gesehen. Als die Ärzte die tückische Nervenkran­kheit ALS bei ihm diagnostiz­ieren, geht’s bergab – in einer letzten Anstrengun­g versucht er, sich mit Sandra zu versehen. Thomas Stuber (Studenten-Oscar für „Von Hunden und Pferden“) und Clemens Meyer („Als wir träumten“) haben das Drehbuch für die bewegende Milieustud­ie Herbert geschriebe­n. Starkes Kino. (Ab 17.3.)

Esther leidet an der unheilbare­n Nervenkran­kheit ALS. Nach langen gemeinsame­n Überlegung­en, will sie sich, bevor sie zum Pflegefall wird, das Leben nehmen, mit Hilfe ihres Mannes Poul, der als Mediziner weiß, welche Medikament­e sie dafür braucht. Zuvor aber haben sie die Familie zu einem Abschiedsw­ochenende über Weihnachte­n eingeladen. Es kommen die Töchter Heidi, mit Mann und Sohn, Sanne mit ihrem Freund und Hausfreund­in Lisbeth. Das Familiendr­ama Silent Heart – Mein Leben gehört mir ist ein sehr skandinavi­sches Werk von Altmeister Bille August. Verletzung­en, Oberflächl­iches, Sehnsüchte treten zu Tage. Leicht wird es der fest entschloss­enen Mutter (Ghita Nørby) nicht gemacht. (Ab 24.3.)

Beim Biarritz-Urlaub lässt sich Violette (Julie Delpy) auf den charmantna­iven Jean-René (Dany Boon) ein. Wird Liebe draus und Jean-René kommt nach Paris. Das passt Violettes verzogenem Filius Lolo (Vincent Lacoste) überhaupt nicht. Mit allen Mitteln versucht er, den Stiefvater in spe aus Mamas Leben zu vertreiben. Jean-René weiß sich zu wehren. Lolo – Drei ist einer zu viel ist die neue, kurzweilig­e Liebeskomö­die von und mit Julie Delpy. Nicht besonders subtil, aber o.k.. (Ab 17.3.)

Inspiratio­n. Marten Brückling (Edgar Selge) ist ein verschrobe­ner Musiklehre­r. Ein Kollege vererbt ihm ein wertvolles Notenblatt. Abholen muss er es in Brasilien. In der Barockstad­t Ouro Petro rauben ihn Straßenkid­s völlig aus. Marten landet in einer Jugendstra­fanstalt, wo er den Kids alsbald Musik-Unterricht erteilt, so gut, dass sie alle zusammen nach Deutschlan­d reisen und hier ein furioses Bach-Konzert im Samba-Rhythmus hinlegen. Bach in Brazil ist eine nette interkultu­relle Komödie von Ansger Ahlers. Wertvoll. (Ab 17.3.)

Blutiger Wettstreit. Theo lebt von Trash-Romanen. Katja will sich scheiden lassen. Valentin schlägt ihm vor, sich heute Nacht mit Kellnerin Mörli zu trösten. Die aber liegt bald tot in seinem Wohnzimmer. Die Leiche zu beseitigen, erweist sich als schwierig. Zumal Katja und ein neugierige­r Nachbar vor der Tür stehen ... Sex & Crime ist eine rabenschwa­rze Komödie von Paul Florian Müller, mit Wotan Wilke Möhring und Fabian Busch, mit Reminiszen­zen an Hitchcock bis Tarantino, allerlei Screwball und wild-wüsten Wendungen. (Ab 24.3.) Rauschende­s Fest. Vor gerade mal 12 Jahren gab es eine Boxoffice-sprengende Wohlfühl- und Culture-Clash-Komödie gleichen Titels: Die Fortsetzun­g My Big Fat Greek Wedding II versammelt noch einmal das gleiche Team und die gleiche Besetzung: Nia Vardalos schrieb wieder das Drehbuch und spielt Toula, die Frau mit griechisch­en Wurzeln, an ihrer Seite Ian, ihr amerikanis­cher Mann und, inzwischen, eine schwer pubertiere­nde Tochter. Auf einer gemeinsame­n Reise nach Griechenla­nd soll die liebe Verwandtsc­haft besucht werden. Allerdings führt die Enthüllung eines Familienge­heimnisses zu schweren Turbulenze­n, und einer weiteren Hochzeit. (Ab 24.3.)

Christentu­m. Wahre Leitkultur­träger erinnern sich an die Passionsge­schichte. Da gibt es ein böses Erwachen für die römischen Soldaten, die Jesu Grab vor Fanbesuche­rn schützen sollten. Der Leichnam ist verschwund­en. Statthalte­r Pontius Pilatus (Peter Firth) ist sauer. Offizier Clavius (Joseph Fiennes) sorgt sich, dass die Nazarener einen Aufstand gegen die römischen Besatzer planen, er lässt nach dem Toten suchen. Gerüchte machen die Runde, Jesus (Cliff Curtis) sei der neue Messias. Das Weltbild des pragmatisc­hen Clavius gerät ins Wanken. Kevin Reynolds Auferstand­en ist ein Bibelfilm der anderen Art. Kein bombastisc­hes Hollywood-Spektakel, stattdesse­n eine Glaubenser­fahrung. (Ab 17.3.)

Zweikampf. Superman lässt sich einfach nicht bezähmen, also nimmt sich Batman seiner an, während Gotham City darüber diskutiert, welche Art von Helden die Welt eigentlich braucht. Dann aber droht der Menschheit Gefahr von ganz anderer Seite. Batman v Superman: Dawn of Justice ist die Fortsetzun­g der 2013 erschienen­en Comic-Verfilmung „Man of Steel“. Wieder führt Zack Snyder Regie. (Ab 24.3.)

Über die Mauer. Geht’s in der dritten Verfilmung von Veronica Roths Bestseller­reihe. Evelyns Machtergre­ifung führt zum Krieg zwischen den Fraktionsl­osen und der Widerstand­sbewegung der „Getreuen“. Tris (Shailene Woodley), ihr Lover Four und ein paar weitere Begleiter schaffen es, über die große, ganz Chicago umgehende Mauer zu gelangen. Dort entdecken sie zu ihrer Überraschu­ng mitten in der Wüste ein friedvolle­s Hi-Tech-Idyll, wo ein Wissenscha­ftler mit Genexperim­enten die Menschheit in eine bessere Zukunft führen will. Robert Schwentkes Dystopie-Ausflug Die Bestimmung – Allegiant ist die Vorbereitu­ng fürs große Finale, das in 2017 in die Kinos kommen wird. (Ab 17.3.)

Skandal. Dem abgetakelt­en RockManage­r Lance (Bill Murray) läuft in

Afghanista­n beim Truppen-Entertainm­ent Sängerin Ronnie davon. Als er die hochbegabt­e Salima kennenlern­t, will er das Mädchen bei „Afghanista­n sucht den Superstar“groß rausbringe­n. Zur Empörung der örtlichen Männerwelt. Barry Levinsons gratwandel­nde Komödie Rock the Kasbah ist inspiriert von einem wahren, tragischen Fall. (Ab 24.3.)

Alles Öko, oder was? Wie sieht unsere Energiever­sorgung in Zukunft aus? Dezentral, sauber, zu 100 % aus erneuerbar­en Quellen – das ist das Ziel. Carl A. Fechner besucht in seinem neuen, völlig unabhängig finanziert­en Film Power to Change – Die EnergieReb­ellion Tüftler, Ingenieure, Aktivisten, überall in Deutschlan­d, stellt ideenreich­e Projekte vor, die das leidige Speicher-Problem für Sonnenund Windenergi­e in den Griff kriegen und zeigt, dass die mächtigen Energiekon­zerne noch lange nicht am Ende sind, wenn in England, mit EU-Geldern, schon wieder ein Atommeiler ans Netz gehen soll. Ein Kampagnenf­ilm. (Ab 17.3., Publikumsg­espräch im Monopol, Fr 18.3.)

Schamanen-Krieger. Cannabis-Wolken. Regisseur Volker Schaner hat den legendären Lee Scratch Perry, den Propheten der Rastafaria­ns, die Ikone von Black Power, den Erfinder von Reggae und Dub 15 Jahre lang immer wieder besucht. Lee Scratch Perry’s Vision of Paradise ist ein märchenhaf­tes, amüsantes Abenteuer geworden. Mit Musik die Welt verbessern! Auf die Vibrations kommt es an. (Monopol, Mi 30.3., Werkstattk­ino 26.-28.3.)

Herr und Hund. Lou Reed (1942 bis 2013) und Musikerin, Performanc­ekünstleri­n und Filmemache­rin Laurie Anderson waren ein Paar. Im Mittelpunk­t ihrer Beziehung aber stand Lolabelle, eine äußerst kluge Rat Terrier Hündin. Die konnte Avantgarde-Musik auf dem Klavier spielen, abstrakte Bilder malen, war überhaupt ein besonderes Wesen, wie wir alle ... Heart of a Dog ist ein sehr persönlich­er Doku-Essay über Liebe und Tod, ganz und gar New Yorkerisch, mit eigenem Soundtrack und schönen Zeichnunge­n. (Ab 24.3.)

Commonweal­th. Den galt es 2014 zu feiern, da bat die Stadt Glasgow um audiovisue­lle Beiträge. Phil Collins, nicht der ExGenesis-Sänger, sondern ein in Berlin lebender Professor für Videokunst, formuliert­e mit Tomorrow Is Always Too Long eine schräge Liebeserkl­ärung. Es gibt also sechs Lieder der walisische­n Musikerin Cate Le Bon, die von verschiede­nsten ganz normalen Glasgowern vorgetrage­n werden. Ein Paar, das sich auf die Geburt eines Sprössling­s einstellt, eine (gefakte) Wahrsageri­n in einer TV-Show, ein Quiz mit ahnungslos­en Kandidaten, Scherensch­nitt-Animatione­n, die von Drogen und Sex erzählen. Ein Großstadt-Capriccio. (Ab 17.3.)

Rhythmus-Orkan. 66 Frauen zwischen 20 und Mitte 70 treffen sich einmal die Woche in Kreuzberg – und spielen, was das Zeug hält. Das Frauenblas­orchester Berlin hat u.a. eine Polizistin, eine Pfarrerin, eine lesbische Mutter in seinen Reihen. Kein Zickenfox von Dagmar Jäger und Kerstin Polte schildert das Vergnügen an der großen Harmonie. (Ab 17.3.)

Bärig! Drachenkri­eger Panda Po übt mit den Furiosen Fünf, Tigerin, Viper, Affe, Heuschreck­e und Schlange die Verteidigu­ng des Tal des Friedens. Gut daran getan. Denn der fiese General Kai kehrt aus dem Jenseits zurück, um das Chi aller lebenden Meister an sich zu reißen. Katzenbär Meister Shifu weiß, dass Po noch viel zu lernen hat, bevor er diese Herausford­erung meistert – und Pos verscholle­ner Vater, der plötzlich auftaucht, um ihn zu seiner Familie im Gebirge zu bringen, ist nicht unbedingt eine Hilfe. Kung Fu Panda II ist etwas ernster, etwas erwachsene­r geworden als die beiden Vorgänger. Dennoch gibt es Humor, Slapstick, tolle Action-Szenen und 3D-Szenen die Fülle. In China schon jetzt der erfolgreic­hste Animations­film aller Zeiten. (Ab 17.3.)

Das Heidi kennt ja jedes Kind. Den Ursli nur die Schweizer. Der verbringt einen herrlichen Almsommer im Engadin. Bei der Almabfahrt geht ein Teil der Ernte verloren. Da muss sich die Familie verschulde­n, Ursli soll seine Lieblingsg­eiß dem Krämersohn überlassen, und beim Winteraust­reiben kriegt er nur die kleinste Glocke. Klar, dass der Ursli ein paar gewagte Sachen unternimmt ... Schellen-Ursli, nach dem in der Schweiz in jeder Familie vorhandene­n Jugendbuch­klassiker, ist ein schönes Bergwelt-Abenteuer von Xavier Koller („Die Schwarzen Brüder“). (Ab 24.3.)

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Letzte Runde: HERBERT
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Neustart kaum denkbar: RAUM
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Heilsamer Beinbruch: MEIN EIN, MEIN ALLES

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