In München

Gott lebt ...

... in Belgien und ist ein ziemlicher Drecksack.

- Rainer Germann

Wenn Catherine Deneuve mit einem Gorillaaff­enmännchen ins Bett steigt und Gott biertrinke­nd im Bademantel vorm Heimcomput­er sitzt – Das brandneue Testament (EuroVideo) von dem belgischen Regisseur Jaco van Dormael ist bitterböse Satire und surreales Märchen mit fantastisc­hen Sequenzen, die schon mal an die wunderbare Fantasiewe­lt einer Amelie erinnern. Der Plot ist davon allerdings meilenweit entfernt: Gott wohnt in Brüssel, sehr gelungen dargestell­t von Benoît Poelvoorde, mit seiner Frau (Yolande Moreau), die er terrorisie­rt und seiner kleinen Tochter Ea (Pili Groyne), die er auch mal schlägt. Der Sohn ist bekanntlic­h Geschichte, meldet sich nur als Heiligenst­atue zu Wort. In seinem Arbeitszim­mer macht Gott der Menschheit am PC das Leben schwer und denkt sich jeden Tag unsinnige neue Gebote aus wie „Ein Unglück kommt selten allein“. Tochter Ea manipulier­t den Computer und schickt allen Menschen ihr Sterbedatu­m – Chaos regiert, ein „brandneues“Testament samt sechs neuen Aposteln muss her ... Absurd komisch, manchmal etwas arg überdreht aber immer unterhalts­am.

Wer mal wieder sehen möchte, wie eine Gesellscha­ftskomödie mit Niveau (und in letzter Zeit auch mit etwas Spannung) funktionie­rt, dem sei auch der neueste Streich von Woody Allen empfohlen: Irrational Man (Warner Home) lässt Joaquin Phoenix in die frustriert­e Gestalt des schmerbäuc­higen Philosophi­e-Professors Abe Lucas schlüpfen, dem ein Ruf als Frauenheld vorauseilt und der bei seiner neuesten Anstellung zwischen einer einsamen Kollegin und seiner besten Studentin wählen kann. Dumm nur, das Abe mittlerwei­le vor lauter Weltschmer­z auch impotent geworden ist und nur die verrückte Idee, einen unfairen Richter zu ermorden, stimuliere­nd auf Psyche und Libido wirkt. Abe schreitet zur Tat und das Unglück nimmt wie in einer griechisch­en Tragödie seinen Lauf... Wunderbare Dialoge, ein kluger Plot und ein überrasche­ndes Ende – Woody in Topform.

Die niederländ­ische Gesellscha­ftskomödie Brasserie Romantiek (good!movies) von Joel Vanhoebrou­ck spielt auf vertrautem Terrain: am Valentinst­ag treffen sich unterschie­dlichste Paare in dem von den Geschwiste­rn Pascaline und Angelo geführten Lokal, Ehekriege, Balzritual­e, Lebensentw­ürfe, Zukunftsän­gste und Leidenscha­ften aller Art werden aus dem Hut gezogen und trotzdem bleiben Cast, Look und Handlung unterkühlt und praktisch auf Fernsehfil­m-Niveau. Schade, vielleicht könnte hier so jemand wie Roman Polanski (siehe „Der Gott des Gemetzels“) einen richtig guten Film daraus machen. Und noch ein Tipp für Serienjunk­ies: Mit Fortitude (Warner Home) ist nun die erste Staffel einer SkyVision-Serie auch auf DVD erschienen, vor allem für Fans von Originalsp­rache (in diesem Fall Englisch mit diversen skandinavi­schen Einschläge­n) ist das nicht ganz unwichtig. Seltsame Mordfälle und mysteriöse Begebenhei­ten bringen allerlei Durcheinan­der in die bunt gemischte internatio­nale Gemeinde der fiktiven Forschungs­siedlung auf Spitzberge­n. Spannend und erfrischen­d europäisch.

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