In München

Mitten ins Herz

Die besten Komödien schreibt oft das Leben

- Rainer Germann

Irische Filme erfreuen sich seit Jahren großer Beliebthei­t beim Publikum „The Commitment­s“und „Lang lebe Ned Divine!“waren europäisch­e Blockbuste­r ohne Hollywood-Budget. Wie in dem zweiten Film geht es auch in Das Leben ist ein Kinderspie­l (Eurovideo) von Lance Daly um viel Geld: Um seiner Mutter Nan eine Freude zum Geburtstag machen, renoviert der etwas naive und mit Ende Vierzig immer noch bei ihr wohnende Sohn Colm mit seinen Geschwiste­rn das Haus der alten Dame. Was sie nicht wissen: in der entsorgten Matratze befinden sich Nans Ersparniss­e – mehrere hunderttau­send Euro, behauptet die resolute Lady. Nachdem Colm auch noch einen Finderlohn von 50 000 Euro auf das gute Stück ausgesetzt hat, macht sich praktisch ganz Dublin und das halbe Land auf die Suche... Sehr nette Familienko­mödie mit viel Herz und ausnahmswe­ise für das Genre recht wenig Alkohol.

Manchmal ist die Realität halt doch besser als das Kino: Der in Los Angeles aktive Hollywood-Playboy und Bankräuber Eddie Dodson überfiel im Sommer 1983 gleich mal 64 Banken, oft mehrere an einem Tag. Nach einer fast zehnjährig­en Gefängniss­trafe bekam Dodson einen Job als Haussitter bei keinem geringeren als Jack Nicholson. Aber nach mehreren Drogenexze­ssen und -entzügen verlor er seinen Job und wurde erneut zum Bankräuber... Die letzte Episode kommt leider nicht vor in Electric Slide (Eurovideo) von Tristan Patterson, der Film erzählt wie aus dem hedonistis­chen Antiquität­enhändler und Playboy wegen Geldman- gel und Androhung von Gewalt ein Bankräuber wurde. Jim Sturgess gibt Dodson ein markantes Gesicht, Christophe­r Lambert und Patricia Arquette lassen die 1980er auferstehe­n. Schöne Bilder, stilsicher in Szene gesetzt.

Auf humorvolle Art sich mit dem Thema Sterbehilf­e zu befassen, ist nicht einfach, trotzdem gelingt es dem israelisch/deutschen Film Am Ende ein Fest (good!movies) von Sharon Maymon und Tal Granit. Eine Gruppe noch rüstiger Rentner entwickeln eine Art Maschine um ihre unter unerträgli­chen Schmerzen leidenden Freunde und Bekannte den letzten Willen nach einem selbstbest­immten Ende zu ermögliche­n – was auch in Israel immer noch strafbar ist. Schon bald spricht sich das Ganze herum, was die Sache natürlich nicht einfacher macht. Klug, humorvoll und sensibel mit großartige­n Schauspiel­ern inszeniert, trifft der Film mitten ins Herz und räumte zahlreiche Filmpreise ab.

Und auch in Island gibt es Probleme mit dem Sterben, allerdings ganz anderer Art: nicht nur die berühmten und prämierten Schafe der Brüder Gummi und Kiddi erkranken an dem Scrapie-Erreger, im ganze Tal sollen die Schafe geschlacht­et werden. Eine Katastroph­e, die die seit 40 Jahren verfeindet­en Brüder wieder zusammenra­uft, sie schmieden eine Plan, der notfalls auch vor Gewalt nicht zurückschr­eckt, es geht schließlic­h um alles. Sture Böcke (good!movies) von Grímur Hákonarson ist eine Dramedy vor großer Naturkulis­se, die noch einmal die Tragik vergangene­r Tierkrankh­eiten-Skandale thematisie­rt, sie aber aus der Massentier­haltung nimmt und in einer eher artgerecht­en Haltung als Tragödie ansiedelt. Rustikaler Humor im Angesicht eines ernsten Themas – nirgendwo wird so etwas so gut und mit so wenig Worten erzählt wie im hohen Norden.

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