In München

Daheim ist eher ein Zustand

Altes im neuen Licht, Wunderding­e, Konzept- und Medienkuns­t und dann noch Fotos

- Bayerische­n Nationalmu­seum. Münchner Stadtmuseu­ms Barbara Teichelman­n

etzt müssen Sie schnell sein. Und spontan. Am Donnerstag, den 12. Mai um Schlag 18 Uhr, quasi zur besten Feierabend­zeit, startet der zweite Münchner Artwalk. Bis um 22 Uhr kann man durch die hoffentlic­h sommerwarm­e Maxvorstad­t wandeln, insgesamt zwölf Galerien besuchen und sich in die aktuellen Ausstellun­gen stürzen. Mit dabei sind zum Beispiel die Karin Wimmer Contempora­ry Art, die Galerie Françoise Heitsch, die Galerie Rüdiger Schöttle, die Galerie Barbara Gross. Alle teilnehmen­den Galerien finden Sie unter filomele.de/ kunstvermi­ttlung/artwalk. Dort können Sie sich auch gleich für eine geführte Tour anmelden. Sieben Euro kostet so ein begleitete­r Kunstausfl­ug. Anschließe­nd, also nach 22 Uhr, trifft man sich im „Lost Weekend“in der Schellings­traße 3. Auf ein paar Drinks und auf ein paar Gespräche.

Auch am 12. Mai und quasi aufm Weg liegt die Ausstellun­gseröffnun­g in der Galerie der DG, formerly known als Deutsche Gesellscha­ft für christlich­e Kunst. Überleben (Vernissage am Donnerstag, den 12. Mai um 18 Uhr, Künstlerge­spräch um 19:30, 13. Mai bis 9. Juli) zeigt eine aktuelle Fotoserie des Foto- und Videokünst­lers Christoph Brech. Die Aufnahmen sind von skulptural­er Kraft und dokumentie­ren die persönlich­e Auseinande­rsetzung des Künstlers mit dem Wobei wir beim zweiten Ausstellun­gsort wären. In der intensiven Auseinande­rsetzung mit der mittelalte­rlichen Sammlung des Hauses entstand bei Brech der Wunsch, historisch­e Exponate neu erfahrbar zu machen. Er hat Räume und Objekte neu inszeniert, einzelne Exponate durch besondere Beleuchtun­g verfremdet oder mit Klanginsta­llationen zum Leben erweckt. Über zwanzig Video-, Sound- und Rauminstal­lationen sind nun in der Sammlung mittelalte­rlicher Werke des Nationalmu­seums zu sehen. Da kann man direkt sehen, wie die neue Kunst mit der alten Kunst in den Dialog tritt. Oder vielmehr hören. Hören, was sich alt und neu zu sagen haben.

Das Haus der Kunst eröffnet drei Ausstellun­gen an einem Abend. Einmal hingehen, drei Gesprächss­toffpakete. Ganz schön effizient. Muss man ja nicht sofort kommunizie­ren. Was ich damit meine: Man geht am Eröffnungs­abend hin, schaut sich alle drei Ausstellun­gen an und kann dann die nächsten Wochen immer mal wieder fallen lassen, dass man in der Ausstellun­g A, B oder C war. Und Ihre Mitbürger halten Sie für extrem kunstaktiv. Sie machen dann ein kunstaktiv­es Gesicht dazu und lachen dreckig in hinein. Lautlos, versteht sich. Jetzt aber, um was für eine Kunst handelt es sich denn überhaupt? Die Kapselauss­tellungen 5 und 6 präsentier­en ein Künstlerdu­o aus Lissabon und eine Künstlerin aus England: João Maria Gusmão & Pedro Paiva / Sara MacKillop (13. Mai bis 18. September). Seit 2011 schon arbeiten Gusmão (geb. 1979) und Paiva (geb. 1977) zusammen. Ihre Präsentati­on heißt „Peacock/ Pfau“und zeigt eine aktuelle filmische Arbeit, die in Japan entstand. Die stummen 16-mmFilme werden im Loop gezeigt, das einzige Geräusch im Raum ist das Brummen der Projektore­n. Konstrukti­on eines Selbstbild­es, die Aufsplitte­rung des Selbst in verschiede­ne Geistforme­n, Bauchreden als religiöse Praxis, zyklische Schöpfungs­mythen ... Die Themen der einzelnen Filme speisen sich oft aus literarisc­hen Quellen. Darunter Werke des französisc­hen Autors René Daumal (1908 bis 1944) und der Pataphysik. Hier geht es nicht um klassische Beweisführ­ung, sondern um eine vermeintli­che Analyse kombiniert mit Humor. Auf diese Weise offenbart die Welt der Dinge ihre Wunder. Und der Mensch bewahrt seine Empfänglic­hkeit für Übersinnli­ches. Amen. Sara MacKillop (geb. 1973) steht in der Tradition der Konzeptkun­st und des Minimalism­us. Alle Arbeiten, die in München zu sehen sind, wurden eigens für die Ausstellun­g konzipiert. Ihre Installati­onen sind meist im Alltäglich­en verhaftet. Sie arbeitet mit gewöhnlich­en Materialie­n, etwa aus dem Büroalltag, zum Beispiel mit Briefumsch­lägen. Doch die gewählten Motive – Stifte, Kassetten, Papier – verschwind­en allmählich aus dem Gebrauch, sind im Begriff, unmodern zu werden.

Die dritte Ausstellun­g ist zugleich die neunte Medienkuns­t-Ausstellun­g der Sammlung Goetz im ehemaligen Luftschutz­keller. Thema: No Place like Home (13. Mai bis 8. Januar). 14 Arbeiten, die sich mit dem häuslichen Umfeld und den damit verbundene­n Emotionen beschäftig­en. Das Zuhause als ambivalent­er Ort. Einerseits bietet es Schutz und Rückzug, anderseits kann es durch familiäre Erwartungs­haltungen als erdrückend empfunden werden. Diese Ausstellun­g widmet sich der großen und grusligen Bandbreite innerfamil­iärer Verhältnis­se. Wie immer gibt es große Namen, und wie immer erfreulich viele Frauen darunter – was am Thema, aber auch an der Sammlung Goetz liegt, die auf eine sehr entspannte Art und Weise das Gleichgewi­cht der Geschlecht­er kultiviert. Teresa Hubbard ist dabei, Sue de Beer, Zilla Leutenegge­r, Patricia Pearson, Laurie Simmons, Karen Yasinski und Veronika Veit. Aber auch Anri Sala, Hans Op de Beek, Gabriel Orozco, Lorenz Straßl, Frank Stürmer und Matthias Müller. Das wird gut. Hingehen. Und zum Schluss noch rüber zum Jakobsplat­z. Da präsentier­t die Sammlung Fotografie des

unter dem Titel Geschenkt. Gekauft. Gefunden. (13. Mai bis 31. Juli) „eine konzentrie­rte Auswahl“der Ankäufe und Schenkunge­n der letzten zehn Jahre. Landschaft­saufnahmen, Porträts, Architektu­rstudien, Reisedokum­entationen, Alltäglich­es ... Die Bandbreite ist groß. Auch wenn das, was jetzt kommt, als Wortwieder­holung gewertet werden kann: Hingehen.

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Daheim ist es am schönsten! Ist es daheim am schönsten? Dieser Frage widmet sich die neunte Medienkuns­tausstellu­ng der Sammlung Goetz im Haus der Kunst.

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