Mit dem Segway (ohne Ziege) in den Abgrund der Satire
Nichts wird derzeit so impertinent zitiert wie Kurt Tucholsky und sein Poesiealbumspruch von der Satire, die angeblich „alles“darf. Das haben wir in der Schule gelernt, umgehend ausprobiert und erfahren, daß man lieber nicht alles, was man in der Schule lernt, in die Tat umsetzt, zumindest nicht wenn es um die Deutschlehrerin geht. Nun wissen wir alle, daß der alte Tucho nicht der Hellste war. Weil selbstverständlich die Satire ebensowenig „alles“darf wie, sagen wir mal, die Kunst (um ein unverfängliches Beispiel zu wählen; wie wir ebenfalls alle wissen, behaupten Regierungen und Leitmedien seit Jahrzehnten, „die Wirtschaft“dürfe sehr wohl „alles“). Wenn z. B. jemand dem bayerischen Ministerpräsidenten ein Küchenmesser in den Bauch rammte, um hinterher zu behaupten, es handle sich um Satire, wären wir uns einig: Das darf der nicht! Das Beispiel ist nicht so abwegig, wie es wirkt. Um das zu erklären, sollten wir uns klarmachen, was Satire eigentlich ist. Früher war das leicht: Da setzte man einer beliebigen öffentlichen Person eine lange Nase auf und ließ sie komisch durch die Gegend hampeln, oder man übertrieb die Blödheit gewisser Erscheinungen so sehr, daß selbst ihre ärgsten Verfechter um ein verschämtes Grinsen nicht herumkamen, – schon hatte man eine Satire, die sich notfalls darin erschöpfte, Filmtitel zu verblödeln oder Depperlversionen von aktuellen Pophits zu veröffentlichen. Heute kann man kaum noch was übertreiben, wie ein Blick auf die Mächtigen der Gegenwart zeigt: Kein Wunder, daß Urban Priol zwei Tage lang unter mentalem Muskelkater leidet, wenn er sich mal wieder verzweifelt müht, die Kanzlerin noch lächerlicher darzustellen, als sie ist, und selbst der geniale Helmut Schleich wirkt als Strauß bisweilen vernünftiger und irdischer als das Original, obwohl das noch Zeiten entstammt, in