Der Teufel möglicherweise
„Erlösung“von Hans Petter Moland
„Flaskenpost fra P“heißt „Erlösung“, die dritte Verfilmung nach einem Thriller-Bestseller von Jussi Adler-Olsen, im Original schlicht. Eine Flaschenpost, die auf dem Schreibtisch von Carl Mørck und Assad, Ermittler im Sonderdezernat Q, landet, setzt die Ereignisse in Gang. Nikolaj Lie Kaas und Fares Fares haben wieder die Hauptrollen übernommen, Hans Petter Moland („Einer nach dem anderen“) zeichnet als Regisseur verantwortlich, das Drehbuch stammt wie bei „Erbarmen“und „Schändung“von Nikolaj Arcel. Mit menschlichem Blut ist der Hilfeschrei geschrieben – das letzte Lebenszeichen zweier Jungen, die vor Jahren spurlos verschwunden sind, nie aber als vermisst gemeldet wurden. Als die aktuelle Entführung eines Geschwisterpaars starke Parallelen zu diesem ungelösten Verbrechen erkennen lässt, wird klar, dass es sich um denselben teuflischen Täter handeln muss. Für Mørck und Assad beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit. Autor Arcel macht sich von der Vorlage frei, eliminiert Handlungsstränge, konzentriert sich auf zwei Personengruppen: Die Beamten bzw. die Opferfamilie, die einer freikirchlichen Sekte angehört – Armin Rohde absolviert, wohl ob der deutschen Fördergelder, einen reichlich beliebigen Kurzauftritt als Prediger –, sowie den Täter, einen charismatischen Psychopathen. Rätsel um Rätsel wird gelöst, als Zuschauer ist man den Polizisten stets einen Schritt voraus, das Tempo steigert sich bis zum Finale hin kontinuierlich. Im Subtext wird über Moralund Gesellschaftsfragen reflektiert, körperliche Gewalt bleibt weitgehend außen vor, der existenzialistische Horror spielt sich primär im (eigenen) Kopf ab. Die Figuren sind psychologisch sorgfältig und stimmig gezeichnet – Mørck, facettenreich ausgearbeitet, ist der aufbrausende Typ, Assad der besonnene, ihre Kollegin Rose (sympathisch: Johanne Louise Schmidt) die Frau mit Herz, die via Computerrecherche immer wieder entscheidende Informationen liefert. Ins dänische Hinterland, ins verschlafene Jütland, führt die Spur. Die Fälle gleichen sich. Wie vor Jahren verweigern die Eltern der vermissten Kinder die Kooperation mit der Exekutive. Sie haben Angst, verschanzen sich hinter ihrer Konfession. Dies sorgt bei Mørck und Assad für Streit. Der eine ist überzeugter Atheist, physisch wie psychisch angeschlagen, sein syrischstämmiger Partner das glatte Gegenteil. Er glaubt an das Gute im Menschen – kluge, für die Gattung unübliche Gespräche über das Für und Wider von Religiosität, über den Unterschied zwischen Glauben und Religion, sind die Folge. Düster ist die Atmosphäre, von den sonnendurchfluteten Rapsfeldern und den idyllisch-pastoralen Landschaften darf man sich nicht täuschen lassen, sie stehen im harten Kontrast zum fahlen Licht der Innenräume. Vorzüglich diesbezüglich die unaufdringliche Kameraarbeit von John Andreas Andersen („Headhunters“), der die Stimmung perfekt einzufangen versteht. Immer wieder kommen – ganz entscheidend! – Windräder ins Bild. Aufatmen kann man erst, wenn „Satans Sohn“gestellt ist, wissend, dass damit das Böse nicht besiegt ist. Ein schleichender, schweißtreibender Krimi, der die Genreregeln befolgt, dabei jedoch nie zur Dutzendware verkommt.