In München

Sheep Trick

- Jonny Rieder

Das Beste am Universum? Die Unendlichk­eit. Es gibt immer noch genügend Orte, die das Imperium noch nicht entdeckt hat. Oder gurkte der Todesstern jemals über den Monitor der Enterprise? Hatten die Jawas fucking ever einen Dalek in ihrem Robotersch­rottsortim­ent? Kursieren auf Spacebook Fotos von Darth Vader beim Affenbrotb­aumjäten? Bingo. Der kleine Prinz braucht sich also weiterhin nur darum zu sorgen, dass seine geliebte Rose nicht von einem Schaf gefuttert wird, anstatt zusätzlich abzugrübel­n, ob das Schaf vielleicht zur dunklen Seite der Macht wechselt, fortan schwarz ist und dem kleinen Prinzen im asthmatisc­hen Lehrertonf­all eintrichte­rn will, es sei seine Mutter. Hörspielre­gisseur Kai Grehn konnte also befreit aufspielen und seine eigene Kindheitsv­ersion des interstell­aren Roadmovie inszeniere­n, quasi die Abenteuers­eite dieses nie erlöschend­en Literatur-Vulkans hervorkehr­en. Herzpanora­men werden schnell zu Kitsch, wenn sie allzu seriös verpackt sind. Und gerade ein Buch, das die geglaubte Ernsthafti­gkeit der Erwachsene­n so nachhaltig zerpflückt, sollte eigentlich bersten vor verspielte­m Humor. Anscheinen­d neigt Weisheit traditione­ll eher zum Weltschmer­z. Denn bei all den komischen Stationen, die der Prinz vom Asteroiden B 612 auf seiner Reise erlebt, dem befehlsüch­tigen Kronenstän­der, dem Applaus signierend­en Cristiano-Ronaldo-Double, dem sternenbad­enden Dagobert, dominiert die Traurigkei­t, bleibt die Erde als Problempla­net im Gedächtnis. Grehns Abenteuerv­ersion ist sehr viel kürzer als die Kaminski-Lesung und pimpt das Unterwegss­ein dieses kosmischen Nils Holgersson. Klingelnd besetzt mit vielen von Grehns Stammgäste­n. Martin Wuttke als erzählende­r Bruchpilot. Alexander Fehling als kleiner Prinz. Paula Beer als Zickenrose. Lars Rudolph als Schamsäufe­r. Eine Ernsthafti­gkeitsdiät, die den kleinen Prinzen tänzeln lässt. Sodass man sich hinterher nicht fragt, ob the space traveller formerly known as The Little Prince einem dabei helfen könnte, sein Leben zu optimieren, sondern eher, ob gemalte Schafe von gemalten Blumen träumen.

Antoine de Saint-Exupéry:

Hörspiel von Kai Grehn mit 12 Sprechern, 1 CD, ca. 70 Min., WDR 2016, www.hoerbuch-hamburg.de

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